Ätiologie
Als ursächlich für Ellenbogensteifen (Ankylosen) werden degenerative und verletzungsbedingte
Auslöser unterschieden. Degenerative Veränderungen können hierbei durch rezidivierende
Einblutungen, z. B. bei Gerinnungsstörungen (Hämophilie, freie Gelenkkörper oder Arthrosen
und Arthritiden), auftreten. Als Verletzungen können Frakturen, Luxationen, aber auch
isolierte Weichteilverletzungen zur Steife führen. Seltener bedingen angeborene Varianten
und Fehlbildungen, Infektionen, Chondromatosen, Verbrennungen oder heterotope Ossifikationen,
z. B. nach SHT oder Langzeitbeatmung, eine Ellenbogensteife. Mischbilder sind hierbei
häufig ([Tab. 1]).
Tab. 1 Ursachen für Ellenbogensteifen.
Traumatisch:
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Degenerativ:
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Andere:
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Das Ellenbogengelenk neigt angesichts der o. g. Auslöser auffallend häufig zur Einsteifung.
Als Triebkräfte für diese Tendenz zur Steife werden die enge Vernetzung der Gelenkkapsel
sowohl zu den intrakapsulären Bändern als auch zu den extrakapsulären Muskeln in 3
Kompartimenten sowie die Kongruenz des Humeroulnargelenks vermutet [3].
Klassifikation
Neben der oben bereits angeführten Einteilung in Bezug auf die Ursache der Ellenbogensteife
sind Klassifikationen nach Lokalisation der Pathologie und der resultierenden funktionellen
Einschränkung gebräuchlich.
Je nach betroffenen anatomischen Strukturen können extraartikuläre (extrinsische)
und intraartikuläre (intrinsische) Ankylosen unterschieden werden.
Im Rahmen der extrinsischen Kontraktur sind v. a. die extraartikulären Weichteile
und die Gelenkkapsel betroffen. Häufig sind hier die Kollateralbänder, die ventrale
Kapsel, aber auch die Mm. brachioradialis et radialis beteiligt. Bei intrinsischen
Kontrakturen führen intraartikuläre Pathologien der Synovialis, des Knochens und des
Gelenkknorpels in Form von Adhäsion, Inkongruenz und Destruktion zur Steife. In der
Mehrheit der Fälle treten extra- und intraartikuläre Mischformen auf. So sind z. B.
infolge von Frakturen nicht nur intrinsische Gelenkinkongruenzen, sondern auch extrinsische,
periartikuläre Vernarbungen und Verkalkungen regelmäßig zu beobachten.
Wenn beide Komponenten zur Bewegungseinschränkung beitragen, ist die Behandlung komplexer
und die Prognose insgesamt schlechter zu sehen [13].
Kay hat in diesem Zusammenhang eine praktisch, chirurgisch orientierte Klassifikation
vorgeschlagen, die zudem prognostische Kriterien berücksichtigt ([Tab. 2]) [11].
Tab. 2 Klassifikation der Ellenbogensteifen nach Kay [11].
Grad I
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reine Weichteilkontraktur
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Grad II
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Weichteilkontraktur mit Ossifikationen
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Grad III
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nicht dislozierte intraartikuläre Fraktur mit Weichteilkontraktur
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Grad IV
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dislozierte intraartikuläre Fraktur mit Weichteilkontraktur
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Grad V
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posttraumatische Knochenbrücken
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Eine Einteilung nach dem Ausmaß der funktionellen Störung berücksichtigt den Umfang
der Bewegungseinschränkung. Hierbei gilt bei einem Bewegungsumfang (Range of Motion,
ROM) in Extension/Flexion von über 90° die Kontraktur als minimal, bei einem ROM von
61–90° als moderat, bei 31–60° als schwer und bei weniger als 30° Beweglichkeit als
sehr schwer [12].
Entscheidend ist dabei die Hauptrichtung der Bewegungslimitierung.
So spricht man bei einer Streckfähigkeit über 30° und Beugefähigkeit unter 130° von
einer Extensionskontraktur. Als Flexionskontraktur wird eine Beweglichkeit von Extension
unter 30° und Flexion über 130° bezeichnet. Die kombinierte Kontraktur zeichnet sich
durch eine Streckbarkeit unter 30° und Beugefähigkeit unter 130° aus [12] ([Abb. 1]).
Abb. 1 Klassifikation nach Bewegungsumfang. Mögliche Bewegungsausmaße sind grün eingefärbt
dargestellt [20]. (Mit freundlicher Genehmigung von Springer Science + Business Media. Aus: Stehle
J, Gohlke F. [Classification of elbow stiffness and indications for surgical treatment].Der
Orthopäde 2011; 40: 282–290.)
Indikation und Durchführung der Behandlung
Indikation und Durchführung der Behandlung
Ziel der Behandlung der Ankylose ist die Wiedererlangung einer funktionellen und schmerzfreien
Beweglichkeit des Ellenbogens. Der normale Bewegungsumfang des Ellenbogens beträgt
0–0–145° Extension/Flexion (Ext/Flex). Funktionell relevant ist hierbei für die meisten
Aktivitäten des täglichen Lebens ein funktioneller Bewegungsumfang („functional arc“)
von Extension/Flexion mit 0–30–130° und eine Umwendbewegung in Pro-/Supination von
50–0–50° [15]. Im Einzelfall kann durchaus ein unterschiedliches Anforderungsmuster vorliegen.
Insbesondere können begleitende Bewegungseinschränkungen von Schulter oder Handgelenk
die Gebrauchsfähigkeit erheblich limitieren [9].
Für die Therapieplanung ist deshalb eine exakte Anamneseerhebung und Eruierung des
Anforderungsprofils unerlässlich.
Als weitere Basis zur Wahl der adäquaten Behandlungsmethode dient die exakte klinische
Untersuchung der oberen Extremität. Hierbei sind neben der Ermittlung der passiven
Gelenkfunktion und Stabilität eine ausreichende neurologische und muskuläre Funktion
zu verifizieren. Ohne diese ist eine dauerhafte adäquate Ansteuerung und Gebrauchsfähigkeit
des erzielten Bewegungsumfangs unwahrscheinlich.
Für die definitive Behandlungsfestlegung ist die radiologische Diagnostik essenziell.
Konventionelle Röntgenaufnahmen im anterior–posterioren und seitlichen Strahlengang
bilden die meisten knöchernen Veränderungen wie Arthrosen, Osteophyten, ektope Ossifikationen
oder Fehlstellungen ab. Sie können durch Schnittbildgebung (Computertomografie und
Magnetresonanztomografie) ergänzt werden ([Abb. 2]). Diese liefern zusätzliche wichtige Informationen über die Lokalisation und Beschaffenheit
der zugrunde liegenden Pathologie. Während die Computertomografie Vorteile in der
detaillierten Abbildung knöcherner Strukturen bietet, hat die Kernspintomografie Vorzüge
in der Darstellung von Weichteilprozessen und in der Abbildung von knorpeligen Gelenkkörpern.
Sollte eine operative Intervention geplant werden, sehen wir die CT mit 3-D-Rekonstruktionen
v. a. zur exakten Visualisierung der ulnaren Veränderungen als unerlässlich an.
Abb. 2 a und b Röntgenaufnahme (a) und 3-D-CT (b) eines Patienten mit Beugehemmung. Erkennbar sind v. a. Osteophyten, Implantatreste
und freie Gelenkkörper.
Prinzipiell erfordert jede funktionsverbessernde Maßnahme einen erheblichen Aufwand
für den Patienten und eine entsprechende Bereitschaft der aktiven Mitarbeit (Compliance).
Zumal die Erfolgsaussichten sowohl der konservativen als auch der operativen Behandlung
der Ellenbogensteife durchaus differenziert zu betrachten sind.
Es stehen operative und konservative Behandlungsoptionen zur Verfügung, wobei zwar
ein rein konservativer Ansatz möglich ist. Eine operative Intervention bedarf jedoch
immer auch einer begleitenden konservativen Therapie.
Die nicht operativen Ansätze beinhalten vor allem physiotherapeutisch unterstützte
Übungsbehandlungen und Mobilisierungen [1] sowie statische und dynamische Orthesen und Schienenbehandlungen [6], [19], [24]. Diese Maßnahmen können bereits als alleinige Therapie eine deutliche Funktionsverbesserung
erreichen und sollten demzufolge in der Regel einer operativen Intervention vorausgehen.
Bei Kontraindikationen für eine operative Intervention bleiben sie ohne dies die alleinige
Therapiemodalität ([Tab. 3]). Die Ergebnisse der rein konservativen Ansätze sind schlechter bei Patienten mit
intraartikulärer Ursache der Steife.
Tab. 3 Kontraindikationen für eine operative Arthrolyse.
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Bei bleibenden, ausgeprägten funktionellen Defiziten und dringendem Wunsch des Patienten
zur Verbesserung der Situation ist ein operativer Eingriff zur Gelenklösung angezeigt.
Prognostisch günstige Faktoren für ein operatives Vorgehen sind dabei behandelbare
intrinsische/intraartikuläre Pathologien und knöchern bedingte Bewegungseinschränkungen.
Zur Operationsplanung muss eine exakte Analyse der zugrunde liegenden Ursache, der
betroffenen Strukturen und der individuellen Bedürfnisse vorliegen.
Oft sind mehrere Pathologien an der Entstehung einer Ellenbogensteife beteiligt. Jede
für sich muss adäquat adressiert werden.
Auch der Zeitpunkt für eine operative Therapie muss sorgfältig überlegt werden. Beim
Vorliegen einer posttraumatischen Ellenbogensteife sollte 6–12 Monate nach dem initialen
Trauma (chronische Phase) eine Operation geplant werden. Verletzungen müssen konsolidiert,
Frakturen verheilt und die osteoinduktive Potenz kontrakter Strukturen bereits wieder
reduziert sein. Ein längeres zeitliches Intervall reduziert die Erfolgsaussichten
wieder [2], [8], [13]. In der Zwischenzeit (subakute Phase) sollte die konservative Therapie optimiert
werden, um eine bestmögliche funktionelle Ausgangssituation zu schaffen bzw. eine
Intervention gegebenenfalls sogar ganz zu vermeiden [20].
Die Planung des Zugangs orientiert sich an der Lokalisation der Pathologie und den
beteiligten Kompartimenten. Die häufig betroffenen ventralen und dorsalen Strukturen
sind in der Regel gut über einen dorsoradialen Zugang („lateral column procedure“)
erreichbar. Isolierte ventrale Pathologien können auch über einen vorderen Zugang
entfernt werden [7], [21]. Aufgrund der im Zugangsbereich befindlichen neurovaskulären Strukturen und des
M. brachialis, der ohnehin zu Ossifikationen neigt, ist dieser Zugang jedoch komplikationsträchtig.
Isolierte ulnare Ursachen der Steife, z. B. die Verkürzung des Kollateralbands oder
Erkrankungen des N. ulnaris, können über einen medialen Zugang sinnvoll gelöst werden.
Der N. ulnaris sollte insbesondere bei Streckkontrakturen bereits in der Planung Beachtung
finden. Es besteht die Gefahr, dass es nach Wiedererlangen der Beugefähigkeit des
Ellenbogens durch Verwachsungen und Verklebung zu Zugschäden des Nervs kommt. Es sollte
deshalb bei Lösung von ausgeprägten Streckkontrakturen immer eine Ventralverlagerung
des N. ulnaris in Betracht gezogen werden.
Eine weitere Methode, die auch arthroskopisch angewandt werden kann, beinhaltet die
Fensterung der Fossa olecrani von dorsal (Outerbridge-Kasiwagi-OP) [10]. Dadurch können sowohl anteriore als auch posteriore Gelenkkörper erreicht und ein
Impingement der Processi olecrani und coronoidei verhindert werden.
Eine tetrafokale Arthrolyse unter temporärer Ablösung der Seitenbänder und Verlagerung
des Nervs über einen längeren streckseitigen Zugang ist bei ausgedehnten heterotopen
Ossifikationen, die ventral und dorsal liegen und sowohl das ulnare als auch radiale
Kompartiment und den Sulcus ulnaris betreffen, empfehlenswert, da hierdurch das Trauma
für den Weichteilmantel reduziert werden kann [20].
Einfluss auf die Zugangswahl nehmen in nicht unerheblichem Ausmaß auch Narben vorangegangener
Eingriffe.
Die Lagerung ist prinzipell auf dem Rücken, der Seite und dem Bauch möglich. Wir bevorzugen
für Ellenbogeneingriffe die standardisierte Seitenlagerung ([Abb. 3]).
Abb. 3 a bis c Seitlagerung zur arthroskopischen und offenen Ellenbogenarthrolyse. Der Patient wird
auf der kontralateralen Seite gut unterpolstert und mit Stützen am Becken und Oberkörper
gelagert, sodass intraoperatives Kippen des Tisches möglich ist (a, b). Der Arm wird nach Desinfektion frei beweglich abgedeckt und eine sterile Blutsperremanschette
angelegt (c).
Offene Arthrolyse
Je nach in der Planung gewähltem Zugangsweg erfolgt die Präparation unter sorgfältiger
Schonung der neurovaskulären Strukturen. Besondere Beachtung findet hierbei der N.
ulnaris, der gegebenenfalls auch über eine zusätzliche mediale Inzision dargestellt
wird. Meist ist im Verlauf der Operation dessen Neurolyse und ggf. subkutane Verlagerung
indiziert, vor allem, um Dehnungsschäden nach Erweiterung des Bewegungsumfangs des
Ellenbogens zu vermeiden. Je nach Befund erfolgen dann eine möglichst vollständige
Entfernung von Ossifikationen, Briden und Narben unter Darstellung des ulnaren oder
radialen Kapsel-Band-Apparats, bis das Gelenk frei einsehbar ist. Blockierende Exophyten
werden ebenso, wie evtl. vorhandene Implantate, entfernt ([Abb. 4]). Sollte noch kein ausreichender Bewegungsumfang erreicht sein, wird die Kapsel
in- bzw. exzidiert. Nach jedem Schritt wird das Gelenk vorsichtig zunehmend gebeugt
und gestreckt sowie umgewendet.
Abb. 4 a bis c Offene Arthrolyse. Osteophyten, Narben und interponierendes Gewebe werden mit scharfem
Löffel (a), Meißel und Raspatorium (b) oder einer Hochfrequenzfräse (c) vorsichtig gelöst und abgetragen.
Falls die Seitenbänder ossifiziert sind, sollten diese in gleicher Sitzung mittels
einer lokalen Bandplastik ersetzt werden. Bei persistierender intraoperativ bestehender
Instabilität, die durch Bandrekonstruktionen alleine nicht beherrschbar ist, kann
ein Bewegungsfixateur verwendet werden [17]. Dabei wird für 6–8 Wochen eine konstante Distraktion über den gesamten Bewegungsumfang
gehalten, bei gleichzeitiger Einhaltung des anatomisch korrekten Rotationszentrums
[23].
Arthroskopische Arthrolyse
Arthroskopische Arthrolyse
Indikationen für arthroskopische Arthrolysen sind gering bis mäßig ausgeprägte Gelenksteifen
mit einem ROM von über 60° bei rein intrinsischen Kontrakturen, die z. B. durch intraartikuläre
Briden, Osteophyten, Osteochondrosis dissecans (OD) oder freie bzw. adhärente Gelenkkörper
verursacht werden.
Relevante extraartikuläre Ossifikationen oder Gelenkdeformierungen gelten als Kontraindikation
für ein rein arthroskopisches Vorgehen. Ebenso gilt ein schweres Flexionsdefizit (< 100°)
als Indikation für einen offenen Zugangsweg, da hier meist der N. ulnaris dekomprimiert
oder verlagert werden muss.
Durch die Entwicklung der endoskopischen Techniken unter Verwendung spezieller Kurzschaft-Spülsysteme
besteht im Moment ein Trend zur Indikationserweiterung für die arthroskopische Arthrolyse.
Patienten ohne äußere Weichteil- oder Gelenkveränderungen nach ausgereizter konservativer
Therapie, bei denen eine Einschränkung der Alltagsaktivitäten besteht, stellen hierbei
die beste Indikation für ein arthroskopisches Kapselrelease dar [4]. Dennoch bleibt sie ein technisch anspruchsvoller Eingriff mit dem Risiko von schweren
Verletzungen von peripheren Nerven, Gefäßen und Knorpel [22].
Um eine Vergrößerung der Distanz zwischen Humerus und neurovaskulären Strukturen zu
erreichen, wird das Ellenbogengelenk zunächst im Soft Spot über eine Nadel mit 20–30 ml
Ringer- oder Kochsalzlösung aufgefüllt. Unterbleibt die Aufweitung des Gelenks nach
Instillation der Flüssigkeit um 20–30 ml, z. B. bei kapsulärer Steife, erhöht sich
die Gefahr von Komplikationen wie Nerven- und Gefäßverletzung. Nach Auffüllung des
Gelenks wird in der Regel das proximale anteromediale Portal gesetzt. Dies befindet
sich typischerweise 2 cm proximal des medialen Epikondylus und 1–2 cm anterior des
Septum intermusculare mediale. Beachtung muss hierbei die Lage des N. ulnaris finden.
Transposition oder ventrale Subluxation des Nervs stellen Kontraindikationen für dieses
Portal dar. Nach der Hautinzision wird stumpf über einen Wechselstab oder Trokar vorgegangen,
um den N. cutaneus antebrachii medialis, der sich nahe am Portal befindet, zu schonen.
Eine Kanüle für die Optik wird 2–3 cm anterior des Septum intermusculare mit dem Ziel,
das Gelenk am medialsten Punkt zu eröffnen, positioniert. Nach Etablierung des anteromedialen
proximalen Portals ergibt sich ein Blick auf den anterioren radiohumeralen Gelenkabschnitt.
Zusätzlich wird 2 cm proximal des lateralen Epikondylus, anterior des suprakondylären
Raumes, das proximale anterolaterale Portal angelegt. Es wird, um Läsionen des N.
radialis zu vermeiden, über einen Wechselstab in der „Inside-Out-Technik“ installiert.
Das Portal wird mit einer Kanüle gesichert. Intraartikuläre Verklebungen werden gelöst.
Dann wird die vordere Kapsel vom Humerus gelöst. Mit dem Shaver werden Synovia, Adhäsionen,
freie Gelenkkörper und anteriore Osteophyten abgetragen.
Die anteriore Kapsulotomie sollte mit dem Punch unter Sicht erfolgen, um neurovaskuläre
Verletzungen durch ein zu ausgeprägtes und unkontrolliertes Débridement der Kapsel
mit dem oszillierenden Shaver zu vermeiden. Das Abschieben der Gelenkkapsel vom Humerus
kann mit dem scharfen Raspatorium erfolgen. Die Kapsel wird von lateral nach medial
hin inzidiert. Zur Vervollständigung der Kapsulotomie wird ein Wechsel der Instrumente
auf das anteromediale Arbeitsportal empfohlen, sodass die Oberfläche des M. brachialis
zur Darstellung kommt.
Über ein posterolaterales Portal, 2 cm proximal des Olekranons, lateral der Trizepsinsertion,
wird die posteriore Kapsel vom Humerus abgelöst und so ein Release der Kapsel bis
zum medialen Rand der Fossa olecrani vorgenommen. Dorsale Osteophyten werden mit dem
scharfen Löffel, der Kugel- oder Walzenfräse abgetragen.
Durch vorsichtige Bewegung des Ellenbogengelenks werden verbleibende Verklebungen
nach Entfernen der Instrumente mobilisiert. Die Inzisionen werden vernäht und steril
abgedeckt. Die Blutsperre wird nach Anlage eines Druckverbands entfernt ([Abb. 5] und [6]).
Abb. 5 a und b Arthroskopische Arthrolyse. Mit dem Shaver werden Adhäsionen gelöst (a). Freie Gelenkkörper und Ossifikationen werden entfernt (b).
Abb. 6 a und b Instrumententisch zur arthroskopischen Arthrolyse. Von links: a oben: Shaver, bipolares Koagulationssystem, Optik, Lichtkabel mit Tuchklemme und
Schale; unten: Bauchtuch, Klemme, Schleusen, Trokar, Skalpell, Kanüle, Tasthaken,
Disektor, Nadelhalter, Schere, Pinzette, Faden, mind. 2 Wechselstäbe. b Fräsen- und Shaveraufsätze sowie Schlauchmodul für druck- und volumenkontrolliertes
Pumpensystem. Nicht abgebildet: kleiner Punch und Fasszange.
Andere Verfahren
Endoprothese
Der prothetische Ersatz ist eine sinnvolle Behandlungsmethode bei Bewegungseinschränkungen
aufgrund einer Arthrose oder postraumatischen Gelenkzerstörung. Bei knöchern durchbauter
Ankylose ist der endoprothetische Ersatz jedoch mit einer hohen Komplikationsrate
verbunden [16].
Insbesondere bei jüngeren und aktiven Patienten unter 60 Jahren ist mit einer frühzeitigen
Lockerung zu rechnen. So ist die Ellenbogenprothetik in der Regel dem älteren Patienten,
der voraussichtlich den Ellenbogen nicht mehr stark beanspruchen wird, vorbehalten.
Resektions-Interpositions-Arthroplastik
Bei jüngeren Patienten ist eher eine Interpositionsarthroplastik mit Fascia lata [14] oder Dermis [5] indiziert. Dabei werden die o. g. Gewebe zwischen die Gelenkpartner eingeschlagen
und fixiert. Als Indikation gilt ein junger Patient mit kongruentem Gelenk. Kontraindikationen
sind deutlicher Knochenverlust, Infektionen oder Instabilitäten. Verbleibt nach dem
Release eine signifikante Instabilität, ist eine Kombination mit Bewegungsfixateuren
sinnvoll [18]. Eine reine Resektionsarthroplastik liefert demgegenüber aufgrund der erzeugten
Instabilität und fortschreitender Knochenresorption langfristig oft unbefriedigende
Ergebnisse.
Arthrodese
Eine Arthrodese ist gelegentlich eine letzte Rückzugsmöglichkeit v. a. bei chronischen
Infektionen und persistierenden Schmerzen sowie nach fehlgeschlagener TEP-Versorgung.
Voraussetzung ist das Vorliegen von ausreichend knöcherner Substanz. Die Stabilität
und Schmerzfreiheit wird hierbei mit einer erheblichen Funktionseinschränkung erreicht.
Nachbehandlung
Unsere Nachbehandlung nach Arthrolysen des Ellenbogens wird individuell abgestimmt.
In der Regel wird direkt nach dem Eingriff der Arm in einer dorsalen Oberarmgipsschiene
mit sorgfältiger Polsterung abhängig vom intraoperativ erzielten Bewegungsumfang in
mittlerer Streckung von 20–45° gelagert.
Nach Entfernung der Drainagen wird frühzeitig funktionell mobilisiert.
Im Rahmen der perioperativen Narkose können bei sehr ausgeprägten Gelenksteifen 2
Gips- oder Kunststoffschalen in der individuellen, maximal erreichbaren Streckung
und Beugung bei mittlerer Pro-/Supination angefertigt werden. Hierin wird der Arm
ab dem 1. postoperativen Tag in 2-stündiger Frequenz umgelagert.
Ebenfalls ab dem 1. postoperativen Tag wird zur Prophylaxe von heterotopen Ossifikationen
ein nicht steroidales Antiphlogistikum (z. B. Indometacin) verabreicht. Alternativ
ist auch eine Bestrahlung des Ellenbogengelenks innerhalb der ersten 3 postoperativen
Tage zu erwägen.
In der 1. postoperativen Phase werden Plexuskatheter zur Schmerzausschaltung verwendet.
Besondere Vorsicht ist hierbei geboten, um neben einschnürenden bzw. drückenden Verbänden
progressive Dehnungsparesen v. a. des N. ulnaris nicht zu übersehen. Es sollten Unterbrechungen
der Medikation zur Kontrolle eingelegt werden [20].
Zusammenfassend können vielfältige intrinsische und extrinsische Faktoren ursächlich
für Ellenbogensteifen sein. Entsprechend ist die Therapie individuell abgestimmt.
Sie beinhaltet neben den konservativen Verfahren unterschiedliche Varianten der arthroskopischen
und offenen Arthrolyse, den Bewegungsfixateur oder endoprothetischen Ersatz. Orientiert
sich das gewählte Verfahren an der Ätiologie, den betroffenen Kompartimenten und Strukturen
sowie den individuellen Bedürfnissen des Patienten, kann die Funktionalität des Ellenbogens
wiederhergestellt werden.