physiopraxis 2012; 10(01): 41-43
DOI: 10.1055/s-0031-1301091
physiotherapie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Hands-on: Fibula-Mobilisation nach Supinationstrauma – Zurechtgerückt

Claus Beyerlein

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Publikationsdatum:
09. Januar 2012 (online)

 

Wenn eine Sprunggelenkverletzung einfach nicht ausheilen will, kann es sein, dass die Fibula in der falschen Position steht. Dr. Claus Beyerlein beschreibt, wie man sie wieder richtig positioniert und anschließend unterstützend tapt.


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Claus Beyerlein

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Dr. Claus Beyerlein ist Physiotherapeut, Manualtherapeut (OMT-DVMT) und Diplom-Sportwissenschaftler. Er hat an der Curtin University of Technology in Perth, Australien, den Master of Manipulative Therapy gemacht. Seit 2002 ist er Mitglied der Mulligan Concept Teachers Association (MCTA). Seine Hauptanliegen sind mehr Autonomie für Physiotherapeuten in Deutschland sowie der Direct Access.

Verletzungen des oberen Sprunggelenks und insbesondere Inversionstraumen sind im Freizeit- und Breitensport sehr häufig. Der Fuß knickt typischerweise in Richtung Plantarflexion, Adduktion und Supination um. Entwickelt ein Patient nach diesem Trauma chronische Schmerzen oder knickt immer wieder um, kann das an einer Fehlposition der distalen Fibula liegen: Durch Röntgenkontrolle konnten Tricia Hubbard und ihre Mitarbeiter zeigen, dass diese bei Patienten, die rezidivierend umgeknickt sind, im subakuten Zustand signifikant weiter nach anterior steht als bei den Probanden der Kontrollgruppe [1, 2]. Man nimmt an, dass die starken lateralen Bänder - insbesondere das Lig. fibulotalare anterius - die distale Fibula beim Umknicken in die anteriore Fehlposition zieht.

Innerhalb der ersten 48 Stunden nach dem Trauma versorgt der Therapeut den Patienten gemäß dem PECH-Schema. Anschließend kann er ihn mit der Behandlungsmethode „Mobilisation with Movement“ („Mobilisation mit Bewegung“, MWM), die der neuseeländische Physiotherapeut Brian Mulligan entwickelt hat, behandeln [3]. Hierbei führt der Therapeut eine gehaltene Mobilisation durch, die mit einer aktiven Bewegung des Patienten kombiniert wird. Beides darf für den Patienten nicht schmerzhaft sein. Im weiteren Verlauf der Behandlung bietet es sich an, die Technik in einer funktionellen Ausgangsstellung, beispielsweise im Stand unter Belastung, durchzuführen. Wenn die Behandlung erfolgreich ist, kann der Therapeut die distale Fibula anschließend nach posterior-kranial tapen. Die Tapeanlage kann die Häufigkeit des Umknickens reduzieren, für eine erhöhte Gangsicherheit sorgen und die Schmerzen unter Belastung reduzieren. Das konnte eine Studie von Kym Moiler und Kollegen zeigen [4].

Fibula-Mobilisation nach Supinationstrauma

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(Fotos: Thieme Verlagsgruppe)
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  • > ASTE: Der Patient liegt in Rückenlage. Der betroffene (in diesem Fall linke) Fuß ragt über die Behandlungsbank heraus. Das Kniegelenk kann der Therapeut gegebenenfalls unterlagern.

  • > Griff: Der Therapeut legt seine (rechte) Hand so, dass der laterale Malleolus zwischen Thenar und Hypothenar liegt. Die andere (linke) Hand widerlagert die Tibia von dorsal und medial. Die Finger beider Hände sind locker um den Unterschenkel gelegt.

  • > Mobilisation: Hat der Therapeut knöchernen Kontakt mit dem lateralen Malleolus aufgenommen, schiebt er die distale Fibula in posterior-kraniale Richtung und hält sie dort. Der Schub muss in jedem Fall schmerzfrei sein.

    Entscheidend für den Erfolg der Technik ist die Schubrichtung: Bei korrekter Ausführung bewegt sich der Fuß des Patienten passiv in Eversion (der Fußaußenrand geht also nach oben).

  • > Bewegung (durch Patienten): Der Patient bewegt seinen Fuß wiederholt in die Richtung, die ihm eigentlich Schmerzen bereitet -in der Regel ist das die Bewegung in Richtung Inversion oder Plantarflexion im oberen Sprunggelenk. Währenddessen hält der Therapeut permanent den Mobilisationsschub. Die Technik ist dann indiziert, wenn der Patient die Bewegung unter der gehaltenen Mobilisation aktiv und vor allem schmerzfrei durchführen kann.

  • > Dosierung: Bei der Erstbehandlung führt der Patient maximal drei Mal zehn Wiederholungen unter der gehaltenen Mobilisation durch. Ist die Technik erfolgreich, kann der Therapeut zur Verbesserung der endgradigen Beweglichkeit (vor allem bei Patienten im subakuten und chronischen Zustand) am Ende der aktiven Bewegung einen Überdruck bis ans Ende der schmerzhaften und eingeschränkten Bewegungsrichtung geben. Auch dies sollte für den Patienten schmerzfrei sein.

  • > Tipp: Falls die Druckschmerzhaftigkeit an der lateralen Fibula zu hoch ist, kann der Therapeut zur Polsterung einen Schwamm zwischen seine Hand und die Fibula legen. Um ein Rutschen auf der Haut zu vermeiden, eignet sich ein Stück Theraband oder ein Handschuh.


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Tapeanlage an der distalen Fibula

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  • > Allgemein: Für die Tapeanlage benötigt der Therapeut zwei Rollen unelastischen Tapes (5 cm und 3,75 cm breit) sowie einen Sprühkleber. Vor der Anlage sollte geklärt sein, ob der Patient eine Pflasterallergie hat. Ist dies der Fall, kann der Therapeut zum Beispiel Fixomull Stretch als Unterzug verwenden. Die Haut sollte trocken, haarfrei und nicht eingecremt sein. Das Tape kann der Patient ein bis zwei Tage tragen.

  • > ASTE: Der Patient liegt in Rückenlage. Das betroffene Bein ragt bis zur Mitte des Unterschenkels über die Behandlungsbank heraus, das Kniegelenk kann der Therapeut gegebenenfalls unterlagern. Den Fuß hält der Therapeuten mit seinem Oberschenkel passiv in der Neutral-Null-Stellung.

  • > Tapeanlage: Je nach Patient benötigt der Therapeut einen etwa 20 cm langen Tapestreifen. Er legt das Tape leicht schräg, also in posterior-kranialer Verlaufsrichtung, sodass der Ansatz anterior des Malleolus lateralis liegt. Die Spitze der distalen Fibula bleibt frei.

  • > Mobilisation: Während der Therapeut mit der rechten Hand die distale Fibula wie bei der Mobilisation in posterior-kraniale Richtung schiebt, zieht er mit der linken Hand das Tapeende faltenfrei in Richtung Boden. Anschließend modelliert er es spiralförmig um den Unterschenkel. Für eine bessere Stabilität verwendet er einen zweiten Tapestreifen. Dieser verläuft identisch zum ersten Tape, ist aber schmaler. Das Tape sollte nicht zirkulär laufen, da sonst der Blutrückfluss beeinträchtigt sein kann.


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(Fotos: Thieme Verlagsgruppe)
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