Hintergrund: Die Behandlung der latenten tuberkulösen Infektion ist eine wesentliche Maßnahme
zur Bekämpfung der Tuberkulose (TB). Die aktuelle Standardtherapie mit Isoniazid (INH)
über 9 Monate ist prinzipiell wirksam, ihre Effektivität aber durch die geringe Compliance
eingeschränkt [1]. Eine Verkürzung der Therapiedauer kann die Akzeptanz verbessern
und zu höheren Behandlungsraten führen. Rifapentin ist ein Rifamycin-Derivat mit einer
stärkeren bakteriziden Wirkung gegen Mycobacterium tuberculosis und einer längeren
Halbwertszeit als Rifampicin, das seit 2010 als Orphan Drug zur TB-Therapie zugelassen
ist.
Methodik: In der vorliegenden prospektiven, offenen, randomisierten Studie wurde eine direkt
überwachte 3-monatige Kombinationstherapie von 1-mal wöchentlich Rifapentin 900 mg
plus INH 900 mg mit der 9-monatigen INH-Standard-Therapie (300 mg täglich) verglichen.
In den USA, Kanada, Brasilien und Spanien wurden zwischen 2001 und 2008 insgesamt
7731 Patienten aufgenommen, die einen positiven Tuberkulinhauttest (THT) und Risikofaktoren
für die Entwicklung einer Tuberkulose hatten. Ab 2005 wurden auch Kinder ab 2 Jahren
in die Studie aufgenommen.
Ergebnisse: In der INH-Monotherapie-Gruppe wurden 3745 Personen behandelt, in der Rifapentin/INH-Gruppe
3986 Personen. Die Hauptindikationen zur Präventionstherapie waren ein enger Kontakt
zu einem TB-Patienten innerhalb der letzten 2 Jahre und ein positiver THT (71 %) oder
eine nachgewiesene Tuberkulinkonversion (25 %). Einen vollständigen Therapieabschluss
erreichten 3376 (82 %) Patienten unter der Kombinationstherapie und 2792 (69 %) Patienten
unter INH-Monotherapie. Von diesen Patienten entwickelten 5 unter der Kombinationstherapie
(0,1 %) und 6 unter der INH-Monotherapie (0,2 %) eine TB.
Von den 384 Personen, die keine oder kaum eine Therapie eingenommen hatten, entwickelten
4 (1,64 %) eine TB. In der INH-Monotherapie-Gruppe brachen 3,7 % die Behandlung wegen
Nebenwirkungen ab, in der Kombinationsgruppe 4,9 %. Die Hepatotoxizität war unter
der Kombinationstherapie geringer als unter INH-Monotherapie (0,4 vs. 2,7 %). Eine
mögliche Hypersensitivität trat bei der Kombinationstherapie häufiger auf als bei
INH-Monotherapie (2,9 vs. 0,4 %).
Schlussfolgerung: Die Autoren konnten in der Nichtunterlegenheitsstudie an 7731 Personen mit latenter
tuberkulöser Infektion zeigen, dass eine 3-monatige Therapie mit 1-mal wöchentlicher
Gabe von Rifapentin 900 mg und INH 900 mg mindestens ebenso gut wirksam ist wie die
9-monatige tägliche Gabe von INH 300 mg. Unter abgeschlossener Kombinationstherapie
kam es bei 0,1 % der Patienten zu einer TB, unter abgeschlossener INH-Monotherapie
bei 0,2 %. Die Verträglichkeit der Kombinationstherapie war ebenso gut wie die der
9-monatigen INH-Monotherapie, die Hepatotoxizität war sogar geringer. Die Kombinationstherapie
hatte eine bessere Akzeptanz als die INH-Monotherapie (vollständige Therapie in 82
vs. 69 %).
Sterling TR, Villario ME, Borisov AS et al. Three months of rifapentine and isoniazid
for latent tuberculosis infection. N Engl J Med 2011; 365: 2155-2166