Das Chikungunyafieber hat – begünstigt durch den internationalen Reiseverkehr – in
den vergangenen 15 Jahren eine enorme Ausweitung seines ursprünglichen Endemiegebiets
erfahren. Entdeckt worden war das Chikungunya-Virus Mitte des letzten Jahrhunderts
in Ostafrika. In den folgenden Jahren erfolgten auch Nachweise in Westafrika, Indien
und Südostasien, wobei die Bevölkerung in den betroffenen Regionen bereits eine erhebliche
Immunität gegen das Virus aufwies, was darauf hindeutet, dass die Krankheit hier schon
länger zirkulierte.
Ausbreitung in den letzten Jahren
(Bild: CDC; James Gathany)
Es folgte eine allmähliche Ausweitung des Endemiegebiets nach Zentral- und Südafrika.
Die gemeldeten Infektionszahlen waren jahrelang recht niedrig, bis es in der Demokratischen
Republik Kongo in den Jahren 1999/2000 plötzlich einen Ausbruch mit etwa 50 000 Erkrankten
gab. Von nun an nahm die Frequenz der bedeutenden, registrierten Ausbrüche zu: Direkt
nach der Jahrtausendwende folgte ein Ausbruch auf der indonesischen Insel Java, nachdem
das Virus dort 20 Jahre lang nicht mehr nachgewiesen worden war. Im Jahr 2005 wurde
dann erstmals aus dem französischen Überseedépartement La Réunion ein Ausbruch gemeldet
– mangels vorhandener Immunität erkrankte dort etwa ein Drittel der Bevölkerung; der
Ausbruch griff auch auf andere Inseln im indischen Ozean über. In den Jahren 2006/2007
erkrankten dann in Indien weit mehr als eine Million Menschen. Darüber hinaus kam
es 2007 erstmals zu einem – lokal begrenzten – Chikungunyaausbruch in Europa. Dabei
infizierten sich in Norditalien knapp 200 Personen.
Ende des Jahres 2013 gab es dann einen ersten labordiagnostisch bestätigten Fall in
der Karibik: Im Dezember war in dem französischen Überseegebiet St. Martin ein Mann
am Chikungunyafieber erkrankt. Damit begann ein Ausbruch, der innerhalb kürzester
Zeit fast die gesamte Karibik und das amerikanische Festland erfassen sollte. Nur
ein Jahr später waren dort insgesamt mehr als 1,1 Mio. Verdachtsfälle gemeldet worden,
178 Todesfälle wurden mit dem Ausbruch in Verbindung gebracht. Und seit Beginn des
Jahres 2015 wurden bereits erneut mehr als 460 000 Verdachtsfälle und 61 Todesopfer
gemeldet, wobei die tatsächlichen Fallzahlen wahrscheinlich deutlich höher liegen,
da viele Länder und Inselstaaten nur sporadisch ihre Statistiken an die amerikanische
Gesundheitsorganisation PAHO melden.
Am stärksten betroffen war im ersten Jahr des Ausbruchs die Dominikanische Republik
mit mehr als 539 000 Verdachtsfällen. Ab dem September nahm die Zahl der Neuinfektionen
dort dann aber deutlich ab und seit Beginn dieses Jahres wurden sogar nur noch 63
Verdachtsfälle gemeldet, sodass der Ausbruch hier fast überstanden zu sein scheint.
In Kolumbien dagegen hat der Ausbruch erst dieses Jahr richtig Fahrt auf genommen.
So erkrankten hier zwischen Januar und Mitte Juni 2015 wahrscheinlich mehr als 300
000 Menschen, 37 von ihnen überlebten die Infektion nicht. Auf dem amerikanischen
Festland gibt es momentan nur 4 Länder, die noch keine autochthonen Infektionen gemeldet
haben. Dies sind Kanada, Argentinien, Uruguay sowie Chile.
Chikungunya in Europa
Durch die Ausweitung des Endemiegebiets und die steigenden Fallzahlen weltweit kommt
es auch in Europa zunehmend zu importierten Fällen. Und da ein Überträger des Chikungunyafiebers,
die Asiatische Tigermücke, in den vergangenen Jahren ihr Verbreitungsgebiet ebenfalls
drastisch ausweiten konnte und bereits in vielen Regionen Europas nachgewiesen wurde,
wären auch hier autochthone Infektionen möglich. Ausbrüche in Mitteleuropa sind jedoch
unter den herrschenden klimatischen Bedingungen höchstens während extrem langer Hitzewellen
zu erwarten. Im Mittelmeerraum dagegen könnte sich das Chikungunya-Virus leichter
verbreiten. Dass dies nicht nur theoretische Gedankenspiele sind, zeigen erste Fälle
aus den vergangenen Jahren – der bereits erwähnte Ausbruch in Norditalien mit fast
200 Erkrankten, sowie 2 kleinere Ausbrüche in Südfrankreich aus den Jahren 2010 und
2014 mit 2 beziehungsweise 4 autochthonen Infektionen.
(Bild: PhotoDisc)
Dr. Raymund Lösch und Dipl. Biol. Unn Klare, Bad Doberan
Quellen: paho, promed, WHO