Einleitung
Die Anlage von abdominellen Stomata stellt einen häufigen Eingriff in der Allgemeinchirurgie
dar. In den USA wird die Anzahl von Patienten mit Stomata auf etwa 1,5 Mio. geschätzt
[1]
[2]. Peri- und postoperative Komplikationen sind dabei nicht selten. Zu nennen sind
hier z. B. parastomale Hernien, Prolaps oder Retraktion des Stomas, Stenosen und Fisteln
[3]. Die weitaus häufigste Komplikation ist jedoch eine peristomale Dermatitis (PD).
Bis zu zwei Drittel der Patienten leiden im Verlauf an Entzündungen der peristomalen
Haut [2]. Dabei verbirgt sich hinter dem oft unspezifischen klinischen Erscheinungsbild eine
Vielzahl an Differenzialdiagnosen. Derzeit werden bei peristomalen Hauterkrankungen
irritativ-toxische Kontaktdermatitiden, die die größte Gruppe ausmachen, von mechanisch/traumatisch
bedingten, infektiösen, immunologischen (allergischen) und vorbestehenden Dermatosen
abgegrenzt [2]. Hinzu kommen andere Ursachen wie kutane Manifestationen chronisch-entzündlicher
Darmerkrankungen [4]
[5] ([Tab. 1]). Dieses breite Spektrum der PD soll nachfolgend durch verschiedene Fallbeispiele
dargestellt werden.
Tab. 1
Synopsis der peristomalen Dermatitiden.
Diagnose
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Ätiologie und Klinik
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Diagnostik
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Therapie
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Toxisch-irritative Kontaktdermatitis
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Ätiologie:
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meist Schädigung durch Faeces oder Urin (Enzyme, pH, Überfeuchtung)
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physikalisch: Haltegurte, Scherkräfte bei Haftplattenentfernung
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chemisch: Irritantien in Beutel
Klinik:
Erythem, Mazeration, Erosionen/Ulzera, Faeces-Auflagerung, „Downhill-Muster“, direkte
Stomaumgebung
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Leckage von Faeces oder Urin? → Suche nach Ursache:
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Missverhältnis Größe Stoma – Größe Beutelöffnung?
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Narben, Hernien peristomal?
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Erosionen nach Haftplattenentfernung?
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Reizung im Bereich der Haltegurte?
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Ursachenbekämpfung:
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Anpassen der Beutelöffnung an Stomagröße
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operative Sanierung retrahierter Stomata, Narben, Hernien
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konvexe Haftplatten
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Ausgleich unebener Flächen mit z. B. Pasten
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Hautschutz durch Barrieresysteme, z. B. Hydrokolloide
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Steroidlösungen (alkoholisch) topisch
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kurzfristig Steroide systemisch
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Variante: Chronisch-papillomatöse Dermatitis
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Ätiologie:
chronische Faeces- oder Urinexposition
Klinik:
Papeln, teils hyperkeratotisch, erythematös bis grau-bräunlich
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s. o.
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typisch klinisches Bild
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Histologie: Granuloma-gluteale-infantum-ähnlich: Hyperkeratose, Akanthose, Papillomatose,
entzündliches dermales Infiltrat
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s. o.
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Mechanisch/Traumatisch
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Ätiologie:
häufiger Beutelwechsel
Klinik:
Erythem, Erosion
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Anamnese
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Allergische Kontaktdermatitis
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Ätiologie:
Typ-IV-Sensibilisierungen:
Klinik:
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akut: Erythem, Exsudativpapeln mit Streuung, Schuppung, Erosionen, Juckreiz
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chronisch: Rötung Schuppung, ggf. Lichenifikation
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Infektionen:
staphylogen: Follikulitis, Impetigo contagiosa
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Atiologie:
Staphylococcus aureus
Klinik:
Impetigo contagiosa:
Nässen, gelbe Krusten, Erythem
Follikulitis:
follikulär gebundene Papeln und Pusteln
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topisch antiseptisch/antibiotisch, ggf. systemisch antibiotisch
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Follikulitis: schonende Rasurtechnik, Reduktion Rasur
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Candidose
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Ätiologie:
meist Candida albicans
Klinik:
Erytheme, Mazeration, Papulopusteln, Satellitenherde, Brennen, Juckreiz
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mykologische Kultur
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okklusives, feuchtes Milieu unter Haftlatte, z. B. durch vermehrtes Schwitzen, ungenügendes
Abtrocknen?
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vorhergegangene Antibiotikatherapie?
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Stuhlbesiedlung mit Candida?
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vorbestehende Hauterkrankungen:
Psoriasis
Atopisches Ekzem
Seborrhoisches Ekzem
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Ätiologie:
Klinik:
entsprechend jeweiliger Erkrankung
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Pyoderma gangraenosum
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Ätiologie:
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unbekannt
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bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
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bei rheumatoider Arthritis, hämatologischen Grunderkrankungen
Klinik:
matschig belegte, cribriforme Ulzera mit unterminierten, düsterroten Rändern
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topisch: Steroide (auch intraläsional), Tacrolimus
-
systemisch: Steroide, Infliximab, Mycophenolatmofetil, Tacrolimus, Cyclosporin
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CED:
[1]
Fisteln
Ulzera der Stomamukosa
Entzündung und Ulzera peristomal
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Ätiologie:
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unbekannt
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meist Morbus Crohn
Klinik:
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maligne Tumoren
primäre Hauttumoren
sekundäre Infiltration/Metastasen von Darmtumoren
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Ätiologie:
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Plattenepithelkarzinom, Basaliom: straffe Narben, chronische Traumata
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Adenokarzinome: Ureterosigmoidostomien: Urin karzinogen für Darmmukosa? Karzinome
bei CED
Klinik:
Ulzera, Tumoren, chronische Entzündung peristomal und ggf. stomal
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Biopsie
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operativ
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1 CED = Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.
Fallberichte
Patientin 1
Bei der 79-jährigen Patientin bestand seit 2 Jahren ein doppelläufiges Ileostoma am
rechten Unterbauch nach Kolektomie aufgrund eines Ileus bei Sigmadivertikulitis mit
gedeckter Perforation. Außer einer Gonarthrose beidseits waren keine weiteren Erkrankungen
bekannt. Sie berichtete, dass seit der Anlage des Ileostomas eine Kontamination der
peristomalen Haut mit Faeces nie ganz zu vermeiden gewesen war. Im Verlauf traten
rezidivierende Entzündungen der peristomalen Haut auf. Seit wenigen Wochen hatte die
entzündliche Aktivität stark zugenommen, sodass sich nässende Erosionen der peristomalen
Haut bildeten und das Beutelsystem nicht mehr haftete, was zu einer weiteren Kontamination
der Haut mit Faeces führte. Subjektiv bestand ein Brennen. Bei der klinischen Erstuntersuchung
zeigte sich ein nicht prominentes Stoma mit einem umgebenden, mit flüssigem Faeces
belegten, scharf begrenzten Erythem mit ausgeprägten Erosionen und einer einzelnen,
0,5 × 1 cm messenden, unregelmäßig, aber scharf begrenzten, schmierig belegten Ulzeration
([Abb. 1]). Abstriche der peristomalen Haut zur mikrobiologischen Diagnostik wurden entnommen
(Bakterien, Sprosspilze, HSV-1- und 2-Antigen). Nachgewiesen wurden Keime der Darmflora
(Proteus mirabilis et vulgaris, Klebsiella pneumoniae, Enterococcus faecalis, Escherichia
coli) sowie in geringem Maße Staphylococcus aureus. Die Sonografie des Oberbauches
sowie das Routinelabor zeigten keine relevanten Auffälligkeiten. Aufgrund der Anamnese
und des klinischen Bildes werteten wir den Befund als toxisch-irritative Kontaktdermatitis.
Die Ursache bestand in der Fehlanlage des Stomas ohne Prominenz desselben. Ein Circulus
vitiosus mit Austritt von Faeces auf die umgebende Haut, Entzündung, schlechtem Haften
des Beutels und weiterem Austritt von Faeces war die Folge. Die Therapie wurde zunächst
konservativ durchgeführt und bestand aus der Anwendung lokaler und systemischer Steroide
und der Gabe von Loperamid zur Stuhlregulierung. Sämtliche Maßnahmen erbrachten jedoch
nur eine Linderung. Erst die kausale Therapie mit operativer Verlegung und Evertierung
des Stomas führte zur Abheilung.
Abb. 1 Peristomale irritative Kontaktdermatitis infolge einer fehlenden Stomaprominenz.
Patientin 2
Aufgrund einer Sigmadivertikulitis mit Perforation erfolgte bei der 63-jährigen Frau
ein Jahr zuvor eine Sigmaresektion mit Anlage eines endständigen Ileostomas am unteren
Abdomen. Eine Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention sowie eine
arterielle Hypertonie waren bekannt. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationsreich
mit Mulitorganversagen und mehrwöchiger intensivmedizinischer Versorgung. Im Bereich
des Stomas traten zunächst keine Komplikationen auf. Ein Jahr nach der Stomaanlage
entwickelten sich schmerzhafte Ulzera um das Ileostoma. Die stationäre Einweisung
erfolgte unter dem Verdacht eines Pyoderma gangraenosums. Bei Aufnahme zeigte sich
lateral des Ileostomas ein ca. 1 cm im Durchmesser betragendes, fibrinös belegtes,
scharf begrenztes, flaches Ulkus. Kaudal des Stomas war ein 3 × 5 cm durchmessendes,
bis 1 cm tiefes, mit Stuhl belegtes, scharf begrenztes Ulkus mit relativ reizlosen
Rändern sichtbar. Am Grund dieses Ulkus fand sich eine schlitzförmige Öffnung mit
Austritt von Faeces ([Abb. 2 a]). Die mikrobiologischen Untersuchungen der Ulzera erbrachten den Nachweis von Keimen
der Darmflora (Proteus mirabilis, Klebsiella pneumoniae, Enterococcus faecalis und
Escherichia coli sowie mäßig viel Candida albicans), HSV-1- und 2-Antigen wurden
nicht nachgewiesen. Aufgrund des klinischen Verdachts auf eine enterokutane Fistel
am Grund des kaudalen Ulkus wurde eine Kontrastmittel-gestützte Fisteldarstellung
durchgeführt, welche den Verdacht bestätigte ([Abb. 2 b]). Zusätzlich wurde das kraniale Ulkus bioptiert. Histologisch fanden sich hier Hinweise
auf eine zugrunde liegende arterio-venöse Fistel als Ursache des Ulkus. Eine Abheilung
war bei beiden Ulzera nur durch eine operative Sanierung zu erwarten, sodass eine
Rückverlegung des Stomas mit Kontinuitätswiederherstellung erfolgte. Die Ulzera wurden
dabei ebenfalls exzidiert. Nach Abheilung einer postoperativen Wunddehiszenz im ehemaligen
Stomagebiet war das Gebiet saniert.
Abb. 2 Enterokutane Fistel als Ursache einer peristomalen Dermatitis. a Klinischer Aspekt. b Radiografie der Fistel (Bild von Prof. Spielmann, Klinik für Diagnostische Radiologie,
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg).
Patientin 3
Die 37-jährige Frau hatte seit 2 Jahren ein terminales Ileostoma am linken Unterbauch
nach Kolektomie bei einem seit 12 Jahren bestehenden Morbus Crohn. Der Morbus Crohn
wurde seit Jahren systemisch mit Prednisolon therapiert. Zusätzlich war bei der Patientin
eine Psoriasis vulgaris bekannt. Zwei Monate vor Aufnahme entwickelten sich eine peristomale
Rötung sowie zwei Ulzera. Die Prednisolontherapie wurde abgesetzt, topisch erfolgte
eine Behandlung der Ulzera mit Hydrokolloidverbänden, jedoch ohne Erfolg.
Bei Aufnahme sahen wir ein peristomales Erythem sowie ein ca. 2,5 × 4 cm messendes,
unregelmäßig begrenztes Ulkus mit teils aufgeworfenem Randwall und sauberem Grund
kranial des Stomas. Ein kleineres, flaches Ulkus mit sauberem Grund befand sich medial
([Abb. 3]). Die mikrobiologischen Untersuchungen ergaben einen Nachweis von vereinzelt Staphylococcus
aureus sowie nur in Anreicherung Streptococcus agalactiae. In der Sonografie des Oberbauches
zeigte sich ein unkomplizierter Gallenblasenstein, das Routinelabor war bis auf eine
leichte Transaminasenerhöhung und Leukozytose unauffällig. In der aus dem Ulkusrand
des größeren Ulkus entnommenen Histologie zeigten sich epitheloidzellige Granulome
ohne nachweisbare Fremdkörper. Für eine Psoriasis bestand histologisch kein Anhalt.
Wir stellten daher die Diagnose einer kutanen Manifestation des Morbus Crohn. Die
histologisch auch infrage kommende Differenzialdiagnose von Fremdkörper-induzierten
Granulomen hielten wir aufgrund der Entfernung der Ulzera vom Stoma (hier kein Nahtmaterial
zu vermuten) für unwahrscheinlich. Wir leiteten eine Therapie mit Cyclosporin A (2 mg/kg
KG) ein. Lokal wurde mit Hydrokolloid-Wundauflagen behandelt. Unter dieser Therapie
heilten die Ulzera innerhalb von 5 Monaten ab.
Abb. 3 Extraintestinaler Morbus Crohn.
Diskussion
Seit den ersten Versuchen in der Mitte des 18. Jahrhunderts hat sich die Stomachirurgie
stetig weiterentwickelt [1]. Nachdem anfangs das reine Überleben der Patienten im Vordergrund stand, wurde später
die Versorgung der Stomata mit entsprechenden Beutelsystemen ein immer größeres Thema.
Heute existiert eine große Auswahl an Materialien zur Stomaversorgung. Trotz dieses
Fortschritts sind Komplikationen, insbesondere peristomale Dermatitiden, weiterhin
häufig zu beobachten.
Bei den meisten abdominellen Stomata handelt es sich um Kolostomata. Diese werden
meist aufgrund kolorektaler Karzinome angelegt, aber auch Kolon-Divertikulose, kongenitale
anorektale Anomalien oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen können zugrunde
liegen [1]. Bei einem Kolostoma, v. a. bei den distalen Typen wie den sigmoiden Kolostomien
als häufigste Art, bleibt der überwiegende Anteil des Darmes und damit die Flüssigkeitsresorption
und Reservoirfunktion erhalten und es entleert sich ein relativ fester Stuhl mit einer
geringen Ausscheidungsfrequenz [4].
Die Anlage von Ileostomata erfolgt meist aufgrund chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen
oder einer familiären Polyposis coli. Im Gegensatz zu Kolostomien ist der Stuhl hier
flüssiger und die Aussscheidungsfrequenz und -menge größer. Außerdem sind mehr Verdauungsenzyme
enthalten [4].
Bei Urostomien findet die Ausscheidung kontinuierlich statt. Wie bei Ileostomien ist
die Gefahr einer Leck-Bildung und Kontamination der peristomalen Haut durch die flüssige
Konsistenz und Kontinuität der Exkretion relativ groß [4].
Die größte Gruppe der PD stellen nach dem Stand der Literatur mit einem Anteil von
über 40 % die toxisch-irritativen Kontaktdermatitiden dar [4]. Am häufigsten werden diese, wie auch im Fall unserer ersten und zweiten Patientin,
durch Kontamination der Haut mit Faeces und Urin verursacht. Die Haut wird dabei u. a.
durch die im Stuhl enthaltenen proteolytischen Enzyme, den pH-Wert und die chronische
Überfeuchtung geschädigt [2]. Bei Ileostomata sind peristomale Komplikationen aufgrund des flüssigeren Stuhls,
des höheren Gehaltes an Verdauungsenzymen und der höheren Ausscheidungsfrequenz häufiger
als bei Kolostomata (über 80 % versus ca. 40 %) [4]. Die Ursachen des Austritts von Faeces auf die peristomale Haut sind vielfältig.
Die häufigste Ursache ist ein Übergewicht mit einem Body Mass Index > 30 [6]. Eine weitere häufige Ursache stellt das postoperative Remodelling dar. Dabei werden
die Stomata in den ersten Monaten nach der Operation meist kleiner. Wird die Beutelöffnung
nicht angepasst, bleibt ein freies Hautareal zwischen Stoma und Beutel, welches mit
Stuhl kontaminiert und dadurch geschädigt wird. Die essenzielle Rolle einer konsequenten
und engmaschigen Nachsorge wird hier deutlich. Durch regelmäßige postoperative Kontrollen
und gutes Anlernen der Patienten mit regelmäßigem Messen der Stomagröße und dementsprechendem
Anpassen der Beutelöffnung kann diese Form der toxisch-irritativen Dermatitiden vermieden
oder zumindest frühzeitig erkannt werden [7].
Auch eine unregelmäßige peristomale Hautoberfläche (z. B. durch Narben oder Hernien),
peristomale Fisteln (Patientin 2) oder die fehlende Prominenz des Stomas durch Fehlanlage
und/oder postoperative Retraktion (Patientin 1) können zu einer Leck-Bildung und Faeces-Kontamination
der peristomalen Haut führen [8]. Häufig entsteht, wie auch bei unseren Patientinnen, ein Circulus vitiosus: Die
Haut wird mit Faeces kontaminiert, dies führt zu einer Entzündung, dadurch haftet
der Stomabeutel schlechter, was wiederum zu einer vermehrten Faeces-Kontamination
der Haut führt. Therapeutisch kann bei den toxisch-irritativen Kontakdermatitiden
zunächst versucht werden, konservativ mit Hautschutzbarrieren wie Hydrokolloiden zu
behandeln. Bei retrahierten Stomata können Beutelsysteme mit konvexer Auflagefläche
verwendet werden. Topisch ist die Anwendung von alkoholischen Steroidlösungen (rasche
Verdunstung nach Auftragen) oder Lotionen möglich [9]. In manchen Fällen, wie bei unseren Patientinnen, wird jedoch eine operative Revision
nötig.
Weiterhin existieren besondere klinische Reaktionsmuster durch chronische irritativ-toxische
Schädigung der Haut. Als Folge dauerhafter Urinexposition findet man die chronisch
papillomatöse Dermatitis (Synonym auch Pseudoephitheliomatöse Hyperplasie (PEH), Pseudoverruköse
Papeln) [10]; bei chronischer Faeces-Kontamination findet man ähnliche Läsionen [7]. Beide zeigen histologisch Ähnlichkeit zum Granuloma gluteale infantum, einem bei
stuhlinkontinenten Patienten im Windelbereich vorkommenden Krankheitsbild, bei dem
ebenfalls eine irritativ-toxische Genese (Faeces, Urin, Okklusion) vermutet wird [4]
[11].
Von den verschiedenen Varianten der irritativ-toxischen Kontaktdermatitiden werden
mechanisch/traumatisch bedingte Hautschädigungen durch z. B. Haltegurte oder Entfernung
der selbstklebenden Beutel abgegrenzt, obwohl beide Schädigungsmuster parallel auftreten
können und sich gegenseitig verstärken [2]
[4]. In solchen Fällen sollte versucht werden, über eine längere Applikationsdauer der
Stomabeutel und intensive Schulung der Patienten eine Besserung zu erreichen.
Bei Entzündungen der peristomalen Haut wird häufig eine Allergie gegen Beutelmaterialien
oder andere zur Stomapflege verwendete Stoffe vermutet [2]. Tatsächlich spielen allergische Kontaktdermatitiden jedoch mit einem Anteil von
weniger als 1 % aller PD entgegen der vorherrschenden Meinung nur eine untergeordnete
Rolle [12]. In der Literatur existieren Berichte über nur etwa zwei Dutzend Fälle [12]. Bei den Allergenen handelt es sich zumeist um Inhaltsstoffe der Stomabeutel oder
Haftplatten. Häufig wurde hier Epoxydharz als Plastik- oder Polyvinylchlorid-Inhaltsstoff
als Allergen identifiziert [12]
[13], Einzelfallberichte über Diaminodiphenylmethan als Gummi-Antioxidanz oder Polyisobutylen
als Hydrokolloid- oder Gummibestandteil existieren [14]
[15]. Auch Inhaltsstoffe von Hilfsmitteln wie Haftpasten (z. B. Polymethyl-Vinyl/Malat-Ester)
oder Deodorants (Perubalsam, Duftstoffe) sind als Ursache möglich [12]
[16]. Die klinische Unterscheidung zwischen allergischen und irritativ-toxischen Kontaktdermatitiden
ist schwierig. Allerdings kann das Verteilungsmuster der Ekzeme wertvolle Hinweise
geben. Bei einem allergischen Kontaktekzem gegen Beutelinhaltsstoffe findet sich dieses
im Bereich der gesamten Auflagefläche der Haftplatte oder des Beutels, während bei
toxisch-irritativen Dermatosen häufig die direkte Umgebung des Stomas durch den Austritt
von Faeces geschädigt ist und teils ein „Down-hill-Muster“ entlang der Abrinnspur
des Faeces oder Urins zu sehen ist. Bemerkenswert ist, dass die peristomale Haut mit
irritativer Schädigung, Kontakt zu verschiedenen Stoffen und okklusivem Milieu eigentlich
ein Terrain darstellt, das die Entwicklung einer Kontaktallergie begünstigt. Dass
diese dennoch so selten sind, legt die Vermutung nahe, dass die zur Stomapflege verwendeten
Materialien inklusive Beutel relativ hypoallergener Natur sind [12].
Infektionen machen etwa 6 % aller PD aus [4]. Häufig handelt es sich um Staphylokokken-Infektionen, wobei hier unterschieden
werden kann zwischen oberflächlichen Follikulitiden (Rasur der peristomalen Haut zur
besseren Haftung des Beutels) und einer Impetiginisierung vorbestehender peristomaler
Dermatitiden. Die Diagnose wird klinisch und anhand mikrobiologischer Abstriche gestellt.
Die Therapie erfolgt systemisch antibiotisch sowie lokal antiseptisch. Bei Follikulitiden
durch Rasur sollte das Rasieren auf einmal wöchentlich beschränkt werden [7]. Auch andere bakterielle Infektionen durch Darmkeime wie z. B. Proteus species sind
möglich. Schwierig ist hier sicherlich zwischen Kontamination und Infektion zu unterscheiden.
Die Menge der nachgewiesenen Keime sowie der Erfolg einer antibiotischen Therapie
sprechen für eine Infektion.
Auch an der peristomalen Haut können sich vorbestehende Hauterkrankungen wie Psoriasis,
atopisches oder seborrhoisches Ekzem manifestieren [1]
[2]. Ihr Anteil an allen PD liegt bei 20 % [2]. Zur Diagnosesicherung sind eine aufmerksame klinische Untersuchung des restlichen
Integuments und ggf. eine Biopsie hilfreich. Die peristomale Psoriasis kann z. B.
durch mechanische Reizung beim Beutelwechsel im Sinne eines Köbner-Phänomens getriggert
werden. Auffällig ist jedoch, dass oft gerade die Haut unter der Adhäsionsplatte des
Stomabeutels frei ist. Dies kann durch einen postulierten therapeutischen Effekt eines
okklusiven Milieus bei der Psoriasis erklärt werden [17]. Auch die hohe Prävalenz der Psoriasis bei Stoma-Patienten ist bemerkenswert. Dies
hängt möglicherweise mit der Assoziation von Morbus Crohn und Psoriasis zusammen [18].
Eine seltene, aber dennoch wichtige Differenzialdiagnose peristomaler Erkrankungen
stellt das Pyoderma gangraenosum dar. Zugrunde liegen meist chronisch-entzündliche
Darmerkrankungen [19]. Während das Pyoderma gangraenosum insgesamt häufiger bei der Colitis ulcerosa als
beim Morbus Crohn zu finden ist, scheint das peristomal lokalisierte Pyoderma gangraenosum
häufiger mit Morbus Crohn als mit Colitis ulcerosa assoziiert zu sein [20]
[21]. Seltener findet sich das peristomale Pyoderma gangraenosum auch ohne zugrundeliegende
chronisch-entzündliche Darmerkrankung, z. B. bei rheumatoider Arthritis oder idiopathisch
[19]. Möglicherweise wird das Pyoderma gangraenosum durch eine Art Pathergie-Phänomen
infolge rezidivierender Traumata durch Beutelwechsel oder schlecht sitzende Beutel
hervorgerufen [1]
[20].
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen können verschiedenartig die peristomale Haut
mit einbeziehen. Beim Morbus Crohn können sie sich wie bei unserer Patientin als peristomales
Erythem mit Ulzeration äußern, wobei von einer kontinuierlichen Ausbreitung der Entzündung
der Darmwand auf die Haut auszugehen ist [22]. Auch peristomale Fisteln und Ulzerationen der Stomamukosa kommen vor. Insgesamt
stellen die kutanen Morbus-Crohn-Manifestationen etwa 2 – 3 % der Stomadermatitiden
dar [4]. Die Histologie mit Vorliegen von Granulomen hat hier großen diagnostischen Wert.
Eine differenzierte Therapie von lokalen Steroiden über interne Immunsuppressiva bis
hin zu operativen Eingriffen ist angezeigt [4]. Kutane Manifestationen der Colitis ulcerosa scheinen, vermutlich aufgrund der der
Krankheit eigenen Beschränkung auf die Schleimhaut und fehlender Neigung zu Fisteln
und Ulzera, deutlich seltener zu sein [1].
Auch maligne Tumoren sollten immer in die differenzialdiagnostischen Erwägungen mit
einbezogen werden. Selten handelt es sich hier um primäre Hauttumoren wie Plattenepithelkarzinome
oder, noch seltener, Basaliome. Straffe Narben oder chronische Schädigung der Haut
durch rezidivierende Traumata stellen hier mögliche Prädispositionsfaktoren dar [1]. Häufiger sind Adenokarzinome der Stomamukosa mit eventueller Infiltration der peristomalen
Haut [23]. Bei Ureterosigmoidostomien nimmt man einen karzinogenen Effekt des Urins auf die
Darmschleimhaut an. Für die beobachteten Fälle von Adenokarzinomen nach Ileostomien
bei Colitis ulcerosa wird eine sekundäre Colon-Metaplasie bei chronischer Entzündung
der Ileostomien angenommen [1]. Insgesamt scheint das Karzinom-Risiko eher mit dem Alter des Stomas als mit dem
Patientenalter zu korrelieren. Die Indikation zur Biopsie sollte bei chronisch entzündeten
und ulzerösen Stomata großzügig gestellt werden.
Eine weitere seltene Ursache für peristomale Ulzera und Dermatitiden stellt die Behandlung
mit Nicorandil-haltigen Präparaten dar. Der zur Ulzeration führende Mechanismus ist
unklar und basiert möglicherweise auf einem Steal-Phänomen [24]. Allerdings ist dieser Vasodilatator zur Behandlung der akuten Angina pectoris in
Deutschland nicht zugelassen.
Fazit für die Praxis
In der Umgebung von Stomata können sich verschiedene Dermatosen manifestieren. Vergegenwärtigt
man sich jedoch, dass hier ein besonderes Terrain mit einer durch Stuhl- und Urinkontamination,
okklusives Milieu und/oder mechanische Reizung belasteten Haut besteht, wird die große
Rolle der toxisch-irritativen Kontaktdermatitiden verständlich. Der Prävention kommt
hier eine große Bedeutung zu. Diese sollte bereits präoperativ mit der sorgfältigen
Auswahl der richtigen Stomalokalisation beginnen und postoperativ mit einer engmaschigen
Nachsorge zur Früherkennung von nicht angepassten Beutelöffnungen, Fisteln, Narben,
Stomaretraktionen etc. weitergeführt werden. Insbesondere in den ersten Wochen nach
der Operation ändert sich die Größe des Stomas, sodass die Patienten zu sorgfältiger
Beobachtung desselben mit regelmäßigem Ausmessen des Stomadurchmessers und nachfolgender
Anpassung der Beutelöffnung angehalten werden müssen.
Weiterhin sollte die Wichtigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit bei der Behandlung
von Stomadermatitiden betont werden. Eine erfolgreiche Behandlung gelingt bei diesem
komplexen Krankheitsbild am besten durch eine enge Kooperation zwischen Chirurgen,
Internisten, Dermatologen und Stomaschwestern.