Ich hoffe, Sie haben sich bei der Betrachtung unseres Titelbildes nicht zu sehr erschreckt
… Wobei: Ein gewisser Grusel ist schon angebracht. Die Abbildung zeigt nämlich das
Antlitz von Anopheles gambiae, einem der effizientesten Überträger der Malaria. Wie
keine andere Anopheles-Art sticht sie – angelockt vom typischen Käsegeruch ungewaschener
Zweibeinerfüße – mit Vorliebe Menschen. Laut aktuellen Berechnungen von US-Forschern
verursachen die Plasmodien, die durch die Stechrüssel solcher Mücken in den Körper
von Menschen injiziert werden, pro Jahr 1,24 Millionen Todesfälle [1] – fast doppelt so viele, wie die WHO bislang vermutet hat. Diese Hiobsbotschaft
sollte ein starker Impuls sein, sofort den Kampf gegen diese Krankheit zu intensivieren.
Doch Fehlanzeige: Forscher, die nach neuen Therapien gegen Malaria oder ähnlichen
Geißeln aus ärmeren Teilen der Welt suchen, haben derzeit wegen der Finanzkrise sogar
weniger Gelder zur Verfügung. Das spürt auch der „Globale Fonds“, das wichtigste internationale
Programm zur Bekämpfung der schweren Infektionskrankheiten Malaria, AIDS und Tuberkulose.
Er tut sich immer schwerer, Mittel für neue Förderprogramme aufzutreiben [2].
Einen Weg, wie Sie ganz persönlich gegen diesen Missstand ankämpfen können, beschreiben
wir in unserem Artikel „Heilkunst für die heißen Breiten“ (S. 24). Als Tropenmediziner können Sie aktiv an der Entwicklung neuer Konzepte arbeiten,
die die Plasmodien, Trypanosomen und Ankylostomen dieser Welt zurückdrängen. Und nicht
nur das! Seit einigen Jahren suchen Tropenärzte auch nach Lösungen für die wachsenden
nichtinfektiösen Gesundheitsprobleme der Tropen – zum Beispiel Adipositas oder Diabetes
mellitus Typ II aufgrund kalorienreicher Fehlernährung. Die prinzipiellen Methoden,
die man bei solchen sozialmedizinischen Fragestellungen anwendet, sind von denen der
Infektiologie eigentlich gar nicht so weit entfernt: Auch hier geht es darum, „Krankmacher“,
die eine Gesellschaft befallen haben, aufzuspüren – und zu beseitigen. In diesem Heft
berichtet eine Studentin zum Beispiel von ihrer Promotion über die gesundheitliche
Situation der Frauen in Nicaragua (S. 12). Diese ist miserabel, ausgelöst durch eine „Mischinfektion“ aus religiöser Verblendung,
mangelnder Bildung und einer tief verankerten Macho-Kultur.
Was lernen wir daraus? Der Stich von Anopheles gambiae gehört sicher zu den größten
Gesundheitsrisiken. Ich denke aber, mindestens genauso gefährlich ist die weltweit
grassierende „Pandemie“ aus fehlendem Gesundheitswissen. Wer dagegen ankämpfen möchte,
muss kein neues Antibiotikum erfinden – es reicht schon, Menschen zu erklären, wie
sie gesund bleiben können!
Ein gutes Sommersemester wünscht
Dieter Schmid
„Keine Bange ... Die Kollegen haben alles im Griff! Aber bei Ihrem nächsten Tropenurlaub
sollten Sie vielleicht auf das Barfußlaufen verzichten!“