Einleitung
Rekonstruktionsplatten spielen eine wichtige Rolle bei der Versorgung ausgedehnter
Defekte des Unterkiefers. Die erste Generation dieser groß dimensionierten Plattensysteme
wurde Mitte der 1970er-Jahre eingeführt und ersetzte alte Verfahren wie beispielsweise
Drahttechniken [18]. Während die ersten Rekonstruktionsplatten noch aus Edelstahl bestanden, wurde Titan
bald zum Material der Wahl. Rekonstruktionsplatten gewährleisten eine lasttragende
Osteosynthese im Unterkieferbereich und stabilisieren sowohl verbleibende Knochenstrukturen
als auch indirekt das umgebende Weichgewebe [6]. Anwendungsgebiete für die Platten reichen von Unterkieferresektionen im Rahmen
onkochirurgischer Eingriffe über die Versorgung von Trümmerfrakturen bis zur Überbrückung
defektähnlicher Bereiche, wie sie bei Bisphosphonat- oder Osteoradionekrosen anzutreffen
sind [4], [6], [22].
Unterkieferrekonstruktionsplatten wurden mit den technischen Neuerungen im Laufe der
Jahre immer wieder modifiziert. Der bedeutendste Fortschritt ist dabei der Einführung
rigider winkelstabiler Verankerungssysteme zu verdanken, welche zu einer Verbesserung
der Biomechanik und der Handhabung führten. Als erstes System winkelstabiler Rekonstruktionsplatten
war in den 1980er-Jahren das sog. „Titanium-coated hollow screw and reconstruction
plating system“ (THORP; Synthes Maxillofacial, Paoli, PA, USA) verfügbar [17]. Dieses System beruht darauf, dass die enossalen Schraubenimplantate im Kopfbereich
durch eine Expansionsschraube in den Plattenlöchern verbolzt werden und somit die
gewünschte Winkelstabilität entsteht. Ende der 1990er-Jahre etablierten sich schließlich
sog. Locking-Rekonstruktionsplatten-Systeme [5], [7]. Locking-Schrauben können durch ein zusätzliches Gewinde im Kopfbereich in den korrespondierend
gefrästen Gewinden der Plattenlöcher verankert werden. Durch die Schraubenverriegelung
wird eine lasttragende Osteosynthese im Sinne des Fixateur-interne-Prinzips erreicht.
Dabei werden die einwirkenden Kräfte direkt vom Knochen auf die verriegelten Schrauben
und folglich auf die Platte übertragen, ohne auf den Defektbereich einzuwirken. Die
Platte übernimmt alle einwirkenden Kaukräfte und überbrückt somit den Defektbereich
biomechanisch. Im Gegensatz zu Adaptationsplatten ist es nicht zwingend erforderlich,
die Platte absolut präzise an die Unterkiefergeometrie anzupassen. Aufgrund der biomechanischen
Vorteile und der universellen Verwendung haben sich diese winkelstabilen Platten etabliert
[5], [7], [20].
Typische Probleme
Die Verwendung von Rekonstruktionsplatten ist häufig mit Komplikationen wie Ermüdungsbrüchen,
Platten- oder Schraubenlockerungen, Plattenexpositionen durch die Schleimhaut in die
Mundhöhle oder durch die äußere Haut sowie Fistelbildungen verbunden.
Als Risikofaktoren sind neben einer Radiotherapie als wesentlicher Faktor auch Tumorrezidive
sowie Unterernährung relevant [5], [9], [13]. Mit Blick auf die Literatur ist interessanterweise feststellbar, dass die Fortschritte
im Plattendesign nicht zu einer Reduktion dieser typischen Probleme geführt haben
[9]. Darüber hinaus bleibt die umständliche und zeitintensive Handhabung mit umfangreichen
intraoperativen Biegemanövern ein immer wieder vorgebrachter Kritikpunkt bei der Verwendung
von Unterkiefermakroplatten. Nicht zuletzt trägt mehrmaliges Biegen zu einer erhöhten
Wahrscheinlichkeit für Ermüdungsbrüche bei.
Warum vorgeformte Platten?
Warum vorgeformte Platten?
Die genannten Nachteile brachten die Idee zu einem neuartigen Plattendesign, bei dem
die Grundform der Platte mit einem besonders stabilen Zentralabschnitt bereits vorgebogen
ist und nur noch in geringem Umfang an die Kontur des Unterkiefers angepasst werden
muss. Auf der Basis dieses Konzepts wurden die sog. MatrixMANDIBLE Preformed Reconstruction
Plates (MMPRPs) von der Firma Synthes® (Paoli, USA) entwickelt. Diese anatomisch vorgeformten,
lasttragenden Osteosyntheseplatten ahmen die durchschnittliche Kontur der Lateralfläche
der anterolateralen Mandibula nach. Die Plattenform basiert auf einer dreidimensionalen
morphometrischen Analyse von über 2000 CT-basierten Datensätzen. Anhand multivariater
statistischer Methoden hat sich eine Gruppierung in 3 Größen und die jeweilige Errechnung
von Durchschnittsformen als sinnvoll erwiesen. Damit ist es möglich, eine große Mehrheit
der natürlich auftretenden Formgegebenheiten des Unterkiefers zu repräsentieren [14].
Indikationen/Defekttyp
Die Größe und der lasttragende Charakter der MMPRP prädestinieren die Platte für die
Überbrückung unterschiedlichster Defekttypen bzw. defektähnlicher Situationen und
erlauben einen Einsatz in der ganzen Bandbreite der rekonstruktiven kraniomaxillofazialen
Chirurgie ([Tab. 1]).
Tab. 1 Indikationen sowie typische korrespondierende Defektsituationen und Zugangsmöglichkeiten
für die lasttragende Osteosynthese mit MatrixMANDIBLE Preformed Reconstruction Plates
(MMPRP).
Indikation
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Defekttyp
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Zugang
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PLE-Ca = Plattenepithelkarzinom, OS = Osteosarkom, Mx = Metastasierung, ORN = Osteoradionekrose,
BRONJ = bisphosphonatassoziierte Osteonekrose des Kiefers
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Malignom (PLE-Ca, OS, Mx)
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segmental/marginal
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extraoral
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benigner Tumor
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segmental/marginal
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extraoral/transoral
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Trümmerfrakur
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defektähnlich
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extraoral/transoral
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Pseudarthrose
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defektähnlich
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extraoral/transoral
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Osteonekrose (ORN, BRONJ)
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segmental/marginal/defektähnlich
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extraoral/transoral
|
Dies betrifft klassischerweise Segmentdefekte nach Unterkieferkontinuitätsresektion
aus onkologischen Gründen. Aber auch weniger ausgedehnte Defekte (marginaler Defekt
bzw. defektähnliche Situation), wie sie nach Unterkieferkastenresektionen, nach Entfernung
benigner Tumoren oder nach Abtragung osteonekrotischen Knochens vorzufinden sind,
können durch MMPRP überbrückt werden. Ebenso bieten sie eine wertvolle Option bei
Trümmerfrakturen, Frakturen des atrophen Unterkiefers und zur Stabilisierung von Pseudarthrosen.
Gerade bei kleinerer Defektausdehnung und defektähnlichen Zonen erleichtert das vorgeformte
Plattendesign die Möglichkeit zur transoralen Plattenapplikation.
Operationstechnik
MatrixMANDIBLE Preformed Reconstruction Plates (MMPRP) stehen in 3 Größen („small“,
„medium“, „large“) zur Verfügung. Sie bestehen aus einem mittleren, nicht biegbaren
Zentralabschnitt ohne Plattenkerben, welcher der Form der Lateralfläche des Unterkiefers
entspricht, und aus zwei für Biegemanöver vorgesehenen Anteilen proximal und distal
([Abb. 1]).
Abb. 1 MatrixMANDIBLE Preformed Reconstruction Plate (MMPRP) an die laterale Fläche eines
Unterkiefers angelegt. Mitte: korrespondierender Sizer. Unten: Biegeschablone. Nicht
biegbarer Mittelteil jeweils rot dargestellt. Biegbarer proximaler und distaler Anteil
jeweils blau dargestellt.
Die bestgeeignete Plattengröße wird durch Anlegen von Metall-Sizern an die anterolaterale
Oberfläche der Mandibula bestimmt. Eine geringfügige Modifizierung der gewählten Plattenlänge
kann später noch durch Erweiterung oder Verringerung der Krümmung über die Fläche
im Kinnbereich erreicht werden. Als nächster Schritt wird mithilfe von dünnen Biegeschablonen
die Kontur der Platte im proximalen und distalen Anteil bestimmt. Zunächst wird der
zentrale Abschnitt der Schablone an der Innenseite der Rekonstruktionsplatte oder
des Sizers angelegt und in die übereinstimmende Krümmung gebracht. Anschließend wird
die Schablone am Unterkiefer angelegt und im Kinn- und Ramusbereich manuell auf der
Knochenoberfäche adaptiert, um sie abzuformen. Falls notwendig, wird die Schablone
gekürzt. Dabei ist zu beachten, dass im proximalen und distalen Abschnitt mindestens
3–4 Schraubenlöcher zur Verfügung stehen. Dementsprechend wird nun die Rekonstruktionsplatte
mit den Schneideinstrumenten eingekürzt und die am Unterkiefer abgegriffene Schablonenform
mit Biegezangen und Schränkeisen auf die Platte übertragen. Die Biegung erfolgt inner-
und außerhalb der Plattenebene. Dazu ist die Biegezange mit je einem speziellen Schloss
zum „In-Plane“- und zum „Out-of-Plane“-Bending ausgestattet. Begonnen wird proximal
oder distal jeweils mit dem Schraubenloch, das sich direkt am nicht formbaren Plattenabschnitt
befindet. Mit den Schränkeisen kann die Platte in eine Drehstellung um die Längsachse
(Torquierung) gebracht werden. Nach Abschluss der Konturierung wird die Platte auf
der Lateralfläche des Unterkiefers positioniert und mit Haltezangen temporär fixiert.
In die Platte können Locking–Schrauben mit 2,4 mm oder 2,9 mm Durchmesser inseriert
werden. Zum Anbringen der Bohrlöcher stehen 3 Arten an Bohrhülsen (Gewindebohrbüchse,
Doppelbohrbüchse oder transbukkales Instrumentarium) zur Verfügung. Das 1. Bohrloch
wird unmittelbar proximal der Defektregion im posterioren Segment angelegt. Bohrlöcher
sollten generell möglichst senkrecht zur Plattenebene angelegt werden, um später Winkelstabilität
zu erreichen. Nach dem Abmessen der Schraubenlänge mit der Tiefenlehre erfolgt die
Insertion einer Verriegelungs-(Locking-)Schraube. Das 2. Bohrloch wird unmittelbar
distal der Defektregion im anterioren Segment angelegt und mit einer Schraube belegt.
Die restlichen Schrauben werden wechselseitig im proximalen und distalen Unterkiefersegment
eingebracht.
Resektionsmodus
Im Falle einer segmentalen oder kastenförmigen Resektion hat sich folgendes Vorgehen
als praktikabel erwiesen ([Abb. 2]). Nach Festlegung und gegebenenfalls Anzeichnen der Resektionsränder erfolgt zunächst
die bereits beschriebene Applikation (inkl. Fixierung) der Platte. Nun werden die
Schrauben wieder entfernt und entsprechend ihrer Position in einem dafür bestimmten
Schrauben-Caddy verwahrt. Das vorgesehene Unterkiefersegment wird reseziert und die
Platte anschließend in der ursprünglichen Position erneut fixiert. In den Defekt kann
entweder ein temporärer alloplastischer Knochenersatz (z. B. Medpor) oder ein avaskuläres
bzw. mikrovaskulär reanastomosiertes Knochentransplantat eingebracht werden ([Abb. 3]). Alternativ bleibt es bei der alleinigen Defektüberbrückung mit der Platte als
sog. „Stand-alone“-Rekonstruktion.
Abb. 2 a bis h Schilderung des Resektionsmodus bei einem Patienten mit ameloblastischem Karzinom
im Bereich des Unterkiefers rechts. a Bestimmung der Plattengröße mit dem Sizer. b Ankonturieren der Biegeschablone. c Fixierung der Platte mit Locking-Schrauben. d Einzeichnen der Resektionsgrenzen. e Unterkiefersegmentresektion mit oszillierender Stichsäge. f Entnommenes Segment im Bereich des Korpus rechts. g Segmentaler Defekt. h Definitive Applikation der Platte.
Abb. 3 3-D-Rekonstruktionen von CTs des Patienten aus [Abb. 2] nach zweizeitigem Vorgehen zur autologen Unterkieferrekonstruktion. Oben segmentale
Unterkieferresektion rechts bei ameloblastischem Karzinom und Stand-alone-MMPRP. Unten:
sekundäre Rekonstruktion mittels mikrovaskulär reanastomosiertem Beckenkammtransplantat.
Transorale Applikation
Während Unterkieferrekonstruktions-platten in aller Regel nur über einen externen
submandibulären Zugang eingebracht werden, lassen sich MMPRP aufgrund ihrer vorgeformten
Geometrie auf vergleichsweise einfache Weise auch transoral applizieren ([Abb. 4]). Nach vestibulärer Eröffnung der Mukoperiosts entlang des Alveolarfortsatzes zwischen
der Vorderkante des aufsteigenden Astes und der Kinnregion, auf einem Level oberhalb
des N. mentalis werden die Lateralfläche des ipsilateralen Ramus, Kieferwinkels, Korpus
und die Symphysenregion subperiostal dargestellt. Um sicher oberhalb des N. mentalis
zu bleiben, wird die Schnittführung in der Prämolarenregion direkt an der mukogingivalen
Grenzlinie oder bei Zahnlosigkeit krestal vorgenommen. Das Nervenbündel wird behutsam
subperiostal abgelöst und von der Unterlage mobilisiert, womit ein Pfad für die Platte
geschaffen wird, welcher unterhalb des Nervens basal am Unterkieferrand entlanggeht.
Im Anschluss an die Frakturreposition oder vor einer Knochenresektion wird die geeignete
Plattengröße bestimmt, indem der bestpassende Sizer in den tunnelierten Gewebebereich
unterhalb des N. mentalis eingeschoben wird. Insbesondere bei Trümmerfrakturen ist
es hilfreich, die kleineren Fragmente nach anatomischer Reposition zunächst mit Miniplatten
zu verbinden, bevor zur lasttragenden Stabilisierung eine MMPRP eingesetzt wird. Genau
wie der Sizer wird die Biegeschablone unterhalb des Nervenbündels inseriert, um die
Form und Krümmung der Unterkieferlateralfläche im Ramus und Kinnbereich abzugreifen.
Auch eine transorale Applikation der Platte bis in den Unterkieferkorpus der Gegenseite
ist möglich. Dazu muss die vestibuläre/krestale Schnittführung hufeisenförmig nach
kontralateral erweitert und die Nervenaustrittregion beider Nn. mentales vorbereitet
werden. Die Schablone bzw. später die Platte werden unterhalb des ipsilateralen Nervens
nach posterior eingefädelt und mit dem hinteren Ende soweit nach kranial rotiert,
bis sich das vordere Ende etwa in der Mittellinie befindet. Dann wird die Schablone/Platte
auf die Gegenseite vorgeschoben und das vordere Ende unter dem kontralateralen N.
mentalis durchgeführt, um die Platte in ihre beidseitige Endposition zu bringen. Im
Ramusbereich erweist sich die Fixierung der Platte mit einem Winkelbohrer/-schraubendrehersystem
anstelle der transbukkalen Applikation als sinnvoll.
Abb. 4 a bis d Defektregion im Bereich des Korpus sowie paramedian rechts (markierter Bereich).
Transorale Applikation der Platte bis in den Unterkieferkorpus der Gegenseite. a Initiales Einfädeln der Platte unterhalb des ipsilateralen Nervenbündels nach posterior.
b Weiterführen der Platte nach posterior, unter Rotation des hinteren Plattenendes
nach kranial, bis sich das vordere Ende etwa in der Mittellinie befindet. c Vorschieben der Platte auf die Gegenseite. d Durchführen des vorderen Plattenendes unter dem kontralateralen Nervenbündel, um
die Platte in ihre Endposition zu bringen.
Eigene Erfahrungen und Diskussion
Eigene Erfahrungen und Diskussion
Komplikationen
Plattenfrakturen gehören bisher zu den typischen Komplikationen bei Verwendung von
Unterkieferrekonstruktionsplatten und werden mit einer Frequenz von ca. 3–10 % beobachtet
[8], [10], [12], [19], [20], [21]. Als wesentliche Einflussgröße gelten dabei aufwändige Biegeprozeduren, welche residualen
Stress im Bereich der Platte induzieren und letztlich Ermüdungsbrüche begünstigen
[13].
Infolge der anatomischen Präformierung der MMPRP können exzessive Biegeprozeduren
verhindert werden, womit das Risiko für Ermüdungsbrüchen sinkt.
Als Vorteil ist ebenso das durchgängig glatte, nicht biegbare Mittelstück aufzuführen,
welches keine Kanten oder Ecken aufweist. Denn gerade im Bereich von Einkerbungen
der Plattenstruktur kommt es zur Stresskonzentration. Während es in unserem eigenen
Krankengut bei 70 Patienten mit inserierter MMPRP bisher zu keinem Plattenbruch kam,
traten andere typische, mit Rekonstruktionsplatten assoziierte Komplikationen mit
der gleichen Frequenz auf, die im Schrifttum angegeben wird [16]. Dies betrifft sowohl Plattenexpositionen durch Haut oder Schleimhaut und Platten-/Schraubenlockerungen
als auch die Ausbildung von Fisteln [1], [2], [3], [5], [9], [12], [15]. Der Hauptrisikofaktor für Plattenexpositionen und Fistelbildung ist nach Literatur
und eigener Erfahrung die Radiotherapie [3], [5], [12], [15], [16]. Veränderungen im Plattendesign scheinen hinsichtlich Expositionsrate und orokutanen
Fistelbildungen keinen wesentlichen Fortschritt erbringen zu können, was sich ebenfalls
in unserem Krankengut widerspiegelt.
Passgenauigkeit
In einer eigenen Fallserie war bei 71 Patienten nur in einem Fall die Passung des
nicht biegbaren Mittelteils der Platte derart ungenügend, dass die präformierte Platte
nicht verwendet werden konnte. In den meisten Fällen war die Passgenauigkeit sehr
zufriedenstellend. Für das stets notwendige Anbiegen des proximalen und distalen Anteils
der Platte wurde beachtlich weniger Zeit beansprucht als beim Anbiegen konventioneller
Rekonstruktionsplatten [16]. Allerdings bleibt zu erwähnen, dass die statistische Analyse, die dem Plattendesign
zugrunde liegt, eigentlich einer Kurve und nicht einer Fläche entspricht. Somit sind
Torsionen der Unterkiefergeometrie nicht berücksichtigt. Dies mag einer der Gründe
dafür sein, dass die Passgenauigkeit zwar als zufriedenstellend, jedoch nicht immer
als sehr gut einzuschätzen ist.
Letztlich verzeihen MMPRP, wenn sie als winkelstabile Platten zum Tragen kommen, in
einem gewissen Maße Ungenauigkeiten, da sie im Sinne eines Fixateur interne fungieren
und nicht wie Adaptationsplatten exakt anzupassen sind.
Als Alternative zu MMPRP soll noch die Möglichkeit aufgeführt werden, konventionelle
Rekonstruktionsplatten präoperativ an einem Stereolithografiemodell anzubiegen [11]. Diese indirekte Methode zur Präformierung hat das Potenzial, intraoperative Anpassungsprozeduren
noch weiter zu minimieren oder sogar unnötig zu machen. Jedoch sind hierfür hohe Kosten
bspw. durch Modellherstellung aufzurechnen.
Transorale Applikation
Aufgrund ihrer Präformierung vereinfachen MMPRP die transorale Applikation erheblich.
Als Option kann diese Variante insbesondere beim Vorliegen von Trümmerfrakturen, Frakturen
beim atrophen Unterkiefer sowie bei Pseudarthrosen oder Osteonekrosen in Erwägung
gezogen werden. Beim Vorliegen von Osteonekrosen mit intraoral exponiertem Knochen
kann vermutet werden, dass durch die Vermeidung eines extraoralen Zugangs das Risiko
für Wundheilungsstörungen mit Ausbildung einer intra-/extraoralen Fistel sinkt. Weitere
Vorteile einer transoralen Vorgehensweise liegen in der Vermeidung störender äußerer
Narben, in der Umgehung des Läsionsrisikos für den R. marginalis mandibulae des N.
facialis sowie einer verminderten Operationszeit. Das Einfädeln unter den N. mentalis
bringt sicherlich ebenfalls ein Schädigungspotenzial mit sich, das aber dank der Präformierung,
des glatt durchgängigen Plattenmittelstücks ohne Einkerbungen und bei behutsamem Vorgehen
als gering eingeschätzt werden darf. Insgesamt steht nun eine praktikable Möglichkeit
zur Verfügung, groß dimensionierte, lasttragende Unterkieferosteosyntheseplatten transoral
zu applizieren.
Fazit
Anhand der bisherigen Erfahrungen mit der MatrixMANDIBLE Preformed Reconstruction
Plate (MMPRP) können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden. MMPRP minimieren
das Risiko für Ermüdungsbrüche. Bezüglich anderer typischer Komplikationen wie Plattenexposition
oder Fistelbildung ergeben sich jedoch keine Vorteile. Die Handhabung der Platten
ist komfortabel und geht mit einer verkürzten Operationszeit einher. Zudem vereinfacht
die Präformierung eine transorale Applikation in erheblicher Weise. Alles in allem
steht unserer Meinung nach mit der MMPRP ein winkelstabiles Osteosynthesesystem zur
Verfügung, das sich vom bisherigen Niveau lasttragender Plattensysteme zur Versorgung
von Defektsituationen im Unterkiefer qualitativ abhebt.