Ein unbestrittenes Highlight jedes Röntgenkongresses ist die „Röntgenvorlesung“. In
diesem Jahr freuen wir uns sehr mit Herrn Prof. (h. c.) MD U. Joseph Schoepf einen
ausgewiesenen Spezialisten für kardiovaskuläre Bildgebung dafür gewonnen zu haben.
Lesen Sie hier den Abstract seines Vortrags „Trends in der Bildgebung – Herz-CT als
Beispielfall“:
Die Zukunft der medizinischen Bildgebung wird zunehmend durch Umstände beeinflusst
und diktiert, die außerhalb unserer Disziplin zu finden sind und die Medizin in ihrer
Gesamtheit betreffen. Aufgrund knapperer Ressourcen im Gesundheitswesen wird der Ruf
nach „Evidenz-basierter“ Medizin immer lauter. Unabhängig davon, ob dieses Bestreben
in allen Fällen gerechtfertigt ist, werden unsere Leistungen in der Bildgebung zunehmend
nach den Kriterien der Kosteneffektivität und des Patienten-Outcomes bemessen werden.
Diese Entwicklungen werden derzeit in den USA deutlich vehementer diskutiert als in
den meisten Europäischen Ländern. Es ist aber abzusehen, dass diese Trends in Kürze
auch die Gesundheitsversorgung in den deutschsprachigen Gebieten sehr viel stärker
betreffen werden.
Seit ihrer Einführung im größeren Stil in der Mitte des letzten Jahrzehnts ist die
Herz-CT zu einem öffentlichkeitswirksamen Spielball solcher allgemeinen Kontroversen
in der Medizin geworden. Gründe hierfür sind wohl in der Attraktivität und dem großen
öffentlichen Potenzial dieses Bildgebungsverfahrens zu suchen sowie in seiner fächerübergreifenden
Bedeutung. Proponenten der „Weniger-ist-Mehr“-Bewegung porträtieren diese Untersuchungsmethode
gerne als Musterbeispiel für Fehlentwicklungen in der Medizin, insbesondere für die
angebliche Kostensteigerung durch „unnötige“ Bildgebung. Die Strahlenexposition der
Bevölkerung durch dieses und andere Untersuchungsverfahren wird ebenfalls gerne als
Argument missbraucht, um eine stärkere Beschneidung der bildgebenden Verfahren zu
erwirken.
Aufgrund dieser Exponiertheit und des öffentlichen Drucks, der die Herz-CT seit ihrer
Einführung deutlich stärker betroffen hat als andere radiologische Verfahren, sind
jedoch gerade auf diesem Gebiet deutlich stärkere Bestrebungen im Gange, die Kritiker
zu widerlegen. Die dramatische Reduktion in der Strahlenexposition von diesem Test
ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Jedoch viel wichtiger ist die Vielfalt von teilweise
groß angelegten Studien, die die Vorteile dieses Verfahrens belegen und deutlich besser
den Anforderungen einer „Evidenz-basierten“ Medizin genügen als die üblichen Forschungsprojekte
in der Bildgebung. Die Herz-CT kann daher als eines der ersten „Opfer“ der derzeitigen
Trends in der Medizin gesehen werden, aber dient auch als Leitbild um den zunehmenden
Bedrohungen für unsere Disziplin erfolgreich zu begegnen.
Die Röntgenvorlesung auf dem 94. Deutschen Röntgenkongress: