kleintier konkret 2013; 16(1): 16-21
DOI: 10.1055/s-0032-1325213
heimtiere
reptilien
Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Notfallversorgung bei Reptilien – Was tun bei Verletzungen, Verbrennungen oder anderen Notfällen?

Petra Kölle
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Priv. Doz. Dr. Petra Kölle
Andreas-Wagner-Str. 1 A
85640 Solalinden

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. Februar 2013 (online)

 

Die häufigsten Notfälle stellen Traumata durch Unfälle im Freien oder in der Wohnung, Bisse anderer Tiere – auch Futtertiere – und falsche Vergesellschaftung dar. Im Folgenden soll über die Vorgehensweise bei diesen und allen anderen häufiger vorkommenden Notfällen berichtet werden.


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Verletzungen

Je nach Haltungsart kann es zu einer Fülle bekannter Traumata kommen. Nicht so bekannt bei Patientenbesitzern sind häufig Fehler, die bei der Vergesellschaftung gemacht werden können. Bei Echsen sieht man am häufigsten Verletzungen durch Artgenossen, wenn 2 männliche Tiere in einem Terrarium vergesellschaftet werden (▶ Abb. [ 1 ]). Auch bei der Vergesellschaftung verschiedener Reptilienarten kann es zu Aggressionsverhalten bis hin zum Kannibalismus kommen.

Abb. 1

Prachtskink.

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Bei Schlangen kommen Verletzungen durch Artgenossen kaum vor, auch wenn 2 oder mehrere männliche Tiere in einem Terrarium gehalten werden. Eine Ausnahme stellen Grüne Hundskopfboas (Corallus caninus) und Grüne Baumpythons (Morelia viridis) dar, bei denen die Männchen untereinander unverträglich sind. Allerdings kommt insbesondere bei verschieden großen Schlangen sowie bei bestimmten Arten (z. B. Königsnattern) häufig Kannibalismus vor.

Verletzungen können auch auftreten, wenn in einem Terrarium 2 oder mehr Schlangen gehalten werden und diese bei der Fütterung nicht getrennt werden.

Therapie

Generell sollten Tiere mit Traumata mit Antibiotika (▶ Tab. [ 3 ]) versorgt werden, auch Infusionen – v. a. bei starkem Blutverlust – sollten gegeben werden. Wunden sollten ggf. gereinigt und mit nicht resorbierbarem Material genäht werden. Eine Applikation von Salben ist weniger empfehlenswert. Gut bewährt haben sich zur Wunddesinfektion Jodlösungen (z. B. Betaisodona®).

Frakturen können je nach Art und Lokalisation konservativ oder operativ versorgt werden. Eine Gabe von Analgetika sollte ebenfalls erfolgen (▶ Tab. [ 1 ]). Panzerfrakturen können in Allgemeinnarkose mittels Cerclagen – je nach Lokalisation auch mit Epoxidkleber – versorgt werden (▶ Abb. [ 2 ]).

Tab. 1

Analgetika bei Reptilien.

Analgetikum

Dosierung

Carprofen

2–4 mg/kg i.m., i.v., p.o., gefolgt von 1–2 mg/kg KGW alle 24–72 h

Ketoprofen

2 mg/kg i.m. oder s.c. alle 24–48 h

Meloxicam

0,1–0,2 mg/kg p.o. tägl.

Flunixin-Meglumin

1 mg/kg i.v. oder i.m. alle 12–24 h

Butorphanol

25 mg/kg i.m alle 24 h.; Wirkung bei Reptilien wird uneinheitlich angegeben

Buprenorphin

0,01 mg/kg i.m alle 24 h.; Wirkung bei Reptilien wird uneinheitlich angegeben

Abb. 2

Landschildkröte, Cerclagen.

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Myiasis

An Wunden, aber auch wenn die Kloake von Kot verschmiert ist, kann es bei Landschildkröten in Freilandhaltung oder bei Haltung auf dem Balkon sehr schnell zu Fliegenmadenbefall kommen (▶ Abb. [ 3 ]).

Abb. 3

Landschildkröte, Myiasis.

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Therapie

Die Maden sollten soweit möglich abgesammelt und/oder durch Spülen der Wunden entfernt werden. Außerdem sollten Antibiotika, Analgetika und Infusionen gegeben werden.

.konkret

Die meisten Reptilien, die als Notfälle vorgestellt werden, sind in Wirklichkeit akute Manifestationen chronischer Krankheiten.


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Verbrennungen

Bei Reptilien können unsachgemäß installierte Heizlampen, Heizmatten, Heizkabel und UV-Strahler sowie andere Lichtquellen in kürzester Zeit zu Verbrennungen führen. Auch Heizmatten oder -kabel, die an sich keine hohen Temperaturen über 30 °C entwickeln, können bei schweren Tieren zu Verbrennungen führen, insbesondere bei Riesenschlangen, wenn die Tiere übereinander liegen und es dann zu einem Hitzestau kommt. Die Verbrennungen können lokal umschrieben sein oder größere Körperareale, wie. z. B. die gesamte Bauchpartie, betreffen (▶ Abb. [ 4 ]).

Abb. 4

Königspython, Verbrennung.

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Akute Verbrennungen äußern sich oft undramatisch in leichter Rötung der betroffenen Hautpartien und werden daher vom Besitzer erst gar nicht wahrgenommen. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu braunen Krusten, schmierigen Belägen, Blasenbildung und Apathie oder starker Unruhe der Tiere.

Verbrennungen haben – v. a. wenn sie großflächig sind – eine ungünstige Prognose, insbesondere wenn das Tier zu spät oder gar nicht behandelt wird. Sekundärinfektionen der betroffenen Stellen mit Bakterien oder Pilzen sind nicht selten.

Therapie

Betroffene Tiere sollten Antibiotika, Analgetika und Infusionen erhalten. Eine lokale Versorgung kann mit Jodlösung erfolgen.


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Überhitzung

Ein Hitzschlag kann auftreten, wenn ein Terrarium direkt an ein stark besonntes Fenster gestellt wird oder wenn ein Terrarium/Becken auf den Balkon oder im Garten in die Sonne gestellt wird, ohne dass es schattige und feuchte Rückzugsmöglichkeiten für das Tier gibt.

Die Tiere zeigen häufig eine hochgradige Apathie und haben Schaum vor dem Maul.

Therapie

Baden der Tiere in lauwarmem Wasser, Infusionen und Kreislaufmittel geben (▶ Tab. [ 2 ]).

Tab. 2

Kreislaufmedikamente bei Reptilien.

Medikamente zur Kreislaufanregung

Dosierung

Indikation

Epinephrin

0,1 ml/kg KGW i.v., auch i.m. möglich

Herzstillstand, (anaphylaktischer) Schock, Narkosezwischenfälle

Etilefrin

1 mg/kg KGW p.o./Ampullen als Injektionsware i.v.

Kreislaufschwäche

Doxapram

5–10 mg/kg KGW i.v. oder auf die Zunge

Atemstimulans

Tab. 3

Antibiotika bei Reptilien.

Antibiotikum

Dosierung

Beschreibung

Doxyzyklin

50 mg/kg KGW initial, dann 25 mg/kg KGW, i.m., alle 48 h

Breitspektrum-Antibiotikum, auch gegen Chlamydien und Mykoplasmen wirksam

Enrofloxacin

Initial 10 mg/kg KGW, dann 5 mg/kg KGW, i.m., alle 24 h

Breitspektrum-Antibiotikum, knochen- und gelenkgängig, nicht bei Schildkröten mit Hyperurikämie, da Harnsäurespiegel im Blut ansteigen kann; Geochelone spp. können „allergisch“ reagieren; z. T. appetithemmend; ob eine knorpelschädigende Wirkung bei wachsenden Schildkröten vorhanden ist, ist nicht bekannt

Florfenicol

30 mg/kg KGW, i.m., alle 24 h

Marbofloxacin

0,2 mg/kg KGW, i.m., alle 48 h


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Sepsis

Akute bakterielle Infektionen können auch bei Reptilien auftreten, obwohl häufig Patienten vorgestellt werden, die eine chronische Infektion haben und im fortgeschrittenen Stadium dann deutliche Symptome zeigen.

Bei Landschildkröten ist gerade gegen Ende der Hibernation oder nach Erwachen aus dem Winterschlaf eine Rotfärbung des Panzers infolge einer Sepsis nicht selten zu diagnostizieren (▶ Abb. [ 5 ]).

Abb. 5

Landschildkröte, Sepsis.

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Bei Echsen und Schlangen kommen vereinzelt perakute und akute Verläufe bakterieller Infektionen vor. In den meisten Fällen verenden betroffene Tiere infolge einer Sepsis.

Therapie

Bei Echsen und Schlangen ist die Prognose ungünstig, bei Schildkröten bei sofort einsetzender Therapie als günstig zu beurteilen. Es sollten Antibiotika und Infusionen verabreicht werden. Bei Schildkröten, bei denen sich blutiges Sekret unter den Hornplatten des Panzers ansammelt, sollte dieses über eine kleine Öffnung abgelassen werden.


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Legenot

Neben chronischen Formen der Legenot können auch akute Fälle auftreten, wenn z. B. deformierte oder zerbrochene Eier zu finden sind. Legenot kann alle Reptilienweibchen betreffen und hat verschiedenste Ursachen, wie z. B. fehlender/ungeeigneter Eiablageplatz, Stress (z. B. durch Artgenossen), Kalziummangel, zu große/deformierte Eier, zu große Gelege u. v. m.

Therapie

Falls eine Gabe von Calcium und Oxytocin (bis 4 I.E. pro kg KGW s. c. oder i. m.) nicht erfolgreich war oder kontraindiziert ist (z. B. bei zu großen oder stark deformierten Eiern), muss die Legenot operativ angegangen werden.


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Kloakenprolaps

Bei Reptilien kommt der Prolaps eines Organs aus der Kloake – meistens Kloakenschleimhaut, Darm, Eileiter bzw. Penis sowie die Harnblase – relativ häufig vor. Die Ursache eines Prolapses kann sehr vielfältig sein. Schmerzhafte Prozesse, die mit Pressbewegungen assoziiert sind, sind oft ein Auslöser für einen Prolaps.

Der Prolaps ist demzufolge nur ein Symptom einer Erkrankung. Es ist wichtig, die Ursache herauszufinden, da es ohne deren Beseitigung in den meisten Fällen sehr schnell zu einem Rezidiv kommt.

Als Ursache für einen Prolaps kommen infrage:

  • Obstipation

  • Fremdkörper im Darm

  • Fremdkörper in Harnblase

  • Legenot

  • Konkremente in Harnblase bzw. Blasensteine

  • Hypokalzämie/Metabolic Bone Disease (MBD)

  • Traumata im Bereich der Kloake oder Geschlechtsorgane

  • Neurologische Dysfunktion

  • Infektionen/Häutungsstörungen im Bereich der Hemipenes

  • Parasitäre Infektionen im Bereich des Darmes und/oder Urogenitaltraktes (v. a. Flagellaten)

In seltenen Fällen kann keine Ursache gefunden werden.

Therapie

Repositionsversuch nach Säubern und Behandlung mit Zucker(lösung), Kühlen; ggf. Tabaksbeutelnaht oder perkutane Colonfixation, ggf. Coeliotomie mit Reposition oder Amputation.


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Hypokalzämische Tetanie

Häufig werden Echsen, insbesondere Chamäleons, als Notfälle gebracht, die Zitterkrämpfe zeigen und sich teilweise in Seitenlage befinden. Dies ist als Endstadium der MBD (Metabolic Bone Disease) zu sehen, die durch Haltungsfehler, insbesondere Vitamin-D-, Kalzium- und UV-Licht-Mangel, verursacht wird. Neben den beschriebenen Symptomen findet man auch deformierte Gliedmaßen, einen gummiartigen Unterkiefer, eine deformierte Wirbelsäule oder auch bei Leguanen ein- oder beidseitig verdickte Unterkieferäste und/oder Femurknochen (▶ Abb. [ 6 ]).

Abb. 6

Zwergbartagame, Finalstadium MBD.

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Bei Schlangen kommt MBD aufgrund der Aufnahme ganzer Beutetiere und dementsprechend ausreichender Mengen an Vitamin D und Kalzium praktisch nicht vor.

Bei Schildkröten kommt es im Rahmen einer MBD zu Panzerdeformationen und Erweichung des Panzers sowie Deformationen und Erweichung im Bereich der Kiefer. In manchen Fällen werden auch Schildkröten mit MBD im Finalstadium als Notfälle in die Praxis gebracht, allerdings zeigen sie keine Zitterkrämpfe wie die Echsen, sondern nur noch hochgradige Apathie.

Therapie

Da die Prognose sehr ungünstig ist, ist eine Euthanasie anzuraten. Falls auf Besitzerwunsch ein Therapieversuch unternommen wird (sehr langwierig und mit schlechter Prognose): Ca-Lösung und Vitamin D i. m. Die Therapie kann dann mit Kalzium p. o., Wiederholung der Vitamin-D-Gabe und täglicher UV-Licht-Bestrahlung weitergeführt werden.


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Therapeutisches Vorgehen

Unterbringung

Wenn ein Reptiliennotfall stationär aufgenommen wird (was empfehlenswert ist), sollte ein entsprechendes Terrarium mit POTZ (Preferred Optimum Temperature Zone, jeweils artabhängig und meistens zwischen 24–28 °C), Spotstrahler etc. bereitstehen. Reptilien sind poikilotherm, und der Stoffwechsel kann nur arbeiten, wenn der Körper die optimale Temperatur erreicht hat. Das Tier sollte die Möglichkeit haben, sowohl kühlere Plätze als auch Sonnenplätze im Terrarium aufzusuchen.

Von einer Rotlichtlampe kann bei Reptilien nur abgeraten werden, da sie Helligkeit mit Wärme assoziieren und es bei Rotlicht daher zu einer Überhitzung und nachfolgend zu Kreislaufversagen kommen kann, da die Tiere das Umfeld der Rotlichtlampe nicht rechtzeitig verlassen.

Geschwächte Wasserschildkröten sollten in Becken mit nur wenigen Zentimetern Wasserstand untergebracht werden, sodass sich die Nasenlöcher oberhalb der Wasseroberfläche befinden; hochgradig apathische Tiere sollten auf nasse Handtücher gesetzt werden, um ein Ertrinken zu vermeiden.

Gerade bei stressempfindlichen Tieren wie Chamäleons, Anolis und nervösen Schlangen sollten auch die Frontscheiben des Terrariums zugehängt werden, falls im Außenbereich keine Ruhe herrscht. Auch sollte kein Sichtkontakt zu anderen Reptilien bestehen, da dies zusätzlich Stress bedeuten kann, wenn z. B. eine Echse neben einer Schlange (potenzieller Prädator) untergebracht ist.

Analgesie

Insbesondere nach Traumata ist eine Verabreichung von Analgetika (▶ Tab. [ 1 ]) erforderlich.

Flüssigkeitszufuhr

Die meisten erkrankten Reptilien weisen eine mittel- bis hochgradige Dehydratation auf. Daher ist eine Flüssigkeitszufuhr generell empfehlenswert. Infusionslösungen können im Bereich von 1–3 % des Körpergewichtes pro Tag bei dehydrierten Tieren gegeben werden. Es ist wichtig, dass die Tiere bezüglich der Urinausscheidung überwacht werden, um eine Hyperhydratation zu vermeiden.

  1. Infusionen

Gut bewährt hat sich Ringer-Lösung. Sie kann in einer Dosis von ca. 20 ml/kg KGW 1× tägl. verabreicht werden.

Bezüglich der Verwendung von Ringer-Laktatlösung gehen die Meinungen auseinander: Während einige Autoren von der Verwendung von Ringer-Laktatlösung abraten, da eine Laktatazidose ein häufiges Problem bei gestressten Schildkröten darstellt, sind andere Autoren der Meinung, dass bei Reptilien durch einen anderen Stoffwechselweg in vivo Laktat in einen physiologischen Puffer umgewandelt wird und sogar Probleme, die mit einer Azidose assoziiert sind, vermindert. Bei gelegentlicher Verwendung von Ringer-Laktatlösung wurden von der Autorin bisher keine nachteiligen Effekte festgestellt.

Ringer-Lösung mit Glukose oder auch Glukoselösung ist bei inappetenten Reptilienpatienten empfehlenswert, um Leberschäden, wie sie bei einer hepatischen Lipidose entstehen können, vorzubeugen und Energie zuzuführen.

  1. Subkutane Zufuhr

Eine subkutane Applikation ist bei allen Reptilien möglich und unkompliziert zu verabreichen. In der Regel können ca. 2 % des Körpergewichtes appliziert werden, bei Schlangen und manchen Echsen ggf. auf mehrere Stellen verteilt.

Größere Volumina können bei Schildkröten unter die Haut zwischen Vordergliedmaßen und Kopf gegeben werden. Falls dies nicht ausreicht, kann auch die Kniefalte verwendet werden. Bei Schlangen ist es meistens nötig, mehrmals einzustechen, um die Flüssigkeit im Flankenbereich unterbringen zu können. Bei Echsen eignet sich der seitliche Thoraxbereich.

  1. Intracoelomiale Zufuhr

Intacoelomiale Injektionen von Infusionslösungen in einer Menge von bis zu 3 % des Körpergewichts werden von zahlreichen Autoren beschrieben. Diese Methode hat den Vorteil, dass die Flüssigkeit auch in größeren Volumina sehr schnell resorbiert wird und ist daher gerade bei stark dehydrierten Tieren mit gutem Erfolg anzuwenden.

Cave: Gerade dehydrierte Schildkröten und Echsen speichern jedoch oft große Mengen Urin in der Harnblase, die leicht an- oder durchstochen werden kann, wodurch es zum Auslaufen von Harn in die Körperhöhle kommen kann.

Da der Harn nicht direkt über die Harnleiter von den Nieren in die Harnblase gelangt, sondern die Harnleiter in die Kloake münden und der Harn über die Kloake retrograd in die Blase gelangt, ist auch der Blasenurin stets mit Darminhalt kontaminiert.

Außerdem besteht die Gefahr bei adulten Reptilienweibchen (die während der Aktivitätsperiode praktisch permanent Eier anbilden), Eifollikel anzustechen bzw. zu durchstechen und eine Eidottercoelomitis zu verursachen.

Daher wird von der Autorin die subkutane oder orale Flüssigkeitszufuhr bevorzugt und die intracoelomiale Zufuhr nur in Ausnahmefällen und nur bei bestimmten Tieren, wie z. B. männlichen oder juvenilen Schlangen (weisen keine Harnblase oder Eifollikel auf), angewandt.

  1. Intraossäre Zufuhr

Eine intraossäre Infusion in den Femur wird v. a. in der amerikanischen Literatur bei Echsen und in die Brücke des Panzers bei Schildkröten empfohlen.

Diese Methode wird von der Autorin jedoch aufgrund des Aufwandes (Schmerzmittel und in den meisten Fällen Narkose oder zumindest Sedation sind beim Setzen auf jeden Fall erforderlich, ggf. v. a. bei mangelnder Erfahrung sollte auch eine Röntgenaufnahme erfolgen) nicht favorisiert. Zudem gibt es in der Praxis oft Probleme mit der Durchgängigkeit der Nadel. Die intraossäre Infusion stellt darüber hinaus eine weitere Quelle für Schmerzen und eine Eintrittspforte für Infektionen dar.

Abb. 7

Landschildkröte, Hundebiss.

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  1. Intravenöse Zufuhr

Eine intravenöse Zufuhr von Infusionslösungen ist bei größeren Reptilien ab ca. 1 kg KGW prinzipiell möglich. Bei Echsen eignet sich am besten die Vena cephalica im Bereich des Unterarmes und bei Schildkröten die (rechte) Jugularvene. Bei Schlangen kann der intravenöse Zugang in die Jugularvene oder intrakardial gelegt werden.

Jedoch müssen die Venen chirurgisch frei präpariert werden, um einen Katheter setzen zu können, sodass analog zur intraossären Infusion die Notwendigkeit einer Narkose bzw. mindestens einer Lokalanästhesie bei gleichzeitiger Sedation und somit ein erhöhter Aufwand und eine erhöhte Belastung des Patienten entsteht. Daher ist diese Methode eher auf den experimentellen Bereich oder auf Einzelfälle beschränkt, da in der Praxis die subkutane Verabreichung am praktikabelsten und am wenigsten belastend für den Patienten ist.

  1. Orale Zufuhr

Erkrankte Landschildkröten sollten täglich ca. 20 min in ca. 30–35 °C warmem Wasser gebadet werden, da sie dadurch zur Kot- und Urinabgabe stimuliert werden. Außerdem können die Tiere dabei Wasser nicht nur oral, sondern auch über die Kloake und zu einem geringen Anteil auch über die Haut aufnehmen. Auch dehydrierte Echsen können in ein Plastikbecken mit handwarmem Wasser gesetzt werden. Bei geschwächten Tieren ist das Baden permanent zu überwachen, damit die Tiere nicht ertrinken.

Schlangen reagieren beim Baden oft panisch, sodass gerade bei erkrankten Tieren verhältnismäßig starker Stress ausgelöst wird. Daher ist es besser, Schlangen im Terrarium eine Badeschale mit niedrigem Wasserstand anzubieten. Das von Terrarianern gerne verabreichte Bioserin® (Serumproteine vom Pferd) enthält zu 94 % Wasser und kann bei karnivoren und omnivoren Reptilien auch zur oralen Rehydratation eingesetzt werden. Die Energiezufuhr ist eher marginal.

Wasser – evtl. mit Glukosezusatz – kann auch oral bzw. per Magensonde zur Rehydratation in einer Menge von max. 1 % des Körpergewichtes verabreicht werden, insbesondere wenn sowieso Medikamente per Magensonde verabreicht werden müssen oder wenn bereits eine permanente Magensonde gelegt wurde.

  1. Kloakale Zufuhr

Insbesondere bei Landschildkröten, jedoch auch bei anderen Reptilien kann auch kloakal Wasser appliziert werden, da auch die Kloakenschleimhaut aufgrund des Fehlens der Henleschen Schleife in der Niere Wasser rückresorbiert. Das Wasser kann auch retrograd in die Harnblase (sofern vorhanden) gelangen und dort über die Harnblasenwand resorbiert werden.

Kreislaufstabilisation

Bei Tieren mit Kreislaufproblemen können verschiedene Medikamente eingesetzt werden (▶ Tab. [ 2 ]).

Antibiose

Bei Vorliegen von Infektionen oder der erhöhten Gefahr von Infektionen (Verbrennungen, Traumata) sollten über 7–12 Tage Antibiotika gegeben werden, am besten solche, die gegen gramnegative Keime (diese sind bei Reptilien hauptsächlich pathogen) und gegen ein breites Erregerspektrum der bei Reptilien vorkommenden Bakterien wirksam sind (▶ Tab. [ 3 ]).

Literatur

Literatur bei der Autorin.


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Priv. Doz. Dr. Petra Kölle
Andreas-Wagner-Str. 1 A
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