Einleitung
Revisionseingriffe in der Schulterendoprothetik zählen zu den komplexesten Eingriffen
und sind selbst für sehr erfahrene Schulterchirurgen eine Herausforderung [9], [11], [18]. Deren Durchführung stellt hohe Anforderungen an das gesamte
Operationsteam, und die Erfahrungen im Umgang mit Revisionseingriffen sind in der
Literatur entsprechend limitiert [10], [11].
Die Ursachen, die zu einem Revisionseingriff führen, lassen sich der Häufigkeit
nach in 3 hauptsächliche Kategorien einteilen: 1. fehlgeschlagene anatomische
(Fraktur-)Prothesen (Insuffizienz der Rotatorenmanschette, Einsteifung),
2. Infektionen (Früh- oder Spätinfekte), 3. mechanische Komplikationen
(Lockerung, Instabilität, Fehlpositionierung, Materialbruch, Fraktur,
Komponentenversagen).
Der präoperativen Planung fällt dabei eine besondere Rolle zu ([Tab. 1]). Sonderimplantate müssen teilweise anhand patientenspezifischer
Merkmale und Bilddaten (CT, 3-D-Rekonstruktionen, Röntgenprojektionen mit Vergleich
zur Gegenseite) bestellt werden. Bei einem Wechsel der Schaftkomponenten sind zudem
spezielle Instrumentarien notwendig ([Abb. 1]) [11].
Abb. 1 a bis f Spezialinstrumentarien zum Prothesenwechsel und zur
schonenden Entfernung der verbleibenden Knochenzementreste: a feine
Meißel, Klingenmeißel, Bohrer; b Räumhaken; c Zementmeißel;
d Handbohrer; e Ausschlaginstrumentarium;
f Druckluftsäge/-fräse.
Tab. 1 Die Tabelle zeigt eine Übersicht zur Art des
Wechseleingriffs in der linken Spalte. Die jeweiligen planungsrelevanten
Punkte sind unter „Planung“ in der mittleren Spalte aufgeführt. Rechts
stehen unter „Ausführung“ technische Aspekte, die den reibungslosen
Ablauf im OP unterstützen sollen.
Wechseleingriff
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Planung
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Ausführung
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Glenoidwechsel
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Ausmessen Defektgröße & Glenoid (CT)
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Bestellung Revisionsglenoid („metal-backed“) +
Instrumentarium
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Beckenkammentnahme (Lagerung)
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feine Meißel zur Entfernung von Zement/Lösung der
Kopfkalotte
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mehrere „Fukuda-Hebel“ (Exposition Glenoid)
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mikrobiologische (Thio-Glykolat-Lösung) und histologische
Proben
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Hemiprothese
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Oberflächenersatz – oft mit Osteolysen der Metaphyse
vergesellschaftet
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schaftlose Prothesen – mehrere Sägeblätter vorhalten,
wenn knöchern zu fest verankert
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Achtung bei der Glenoidexposition – Hebel können
Metaphyse brechen
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Schaftprothese
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Ausmessen Schaftlänge (bis Ende des Zementköchers, [Abb. 5])
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Länge Revisionsschaft bestimmen – sollte mindestens um
5 cm länger als die Ausdehnung des Zementköchers nach
unten sein (Hersteller mit langen Schäften bis 210 mm
aussuchen)
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mehrere Sägeblätter vorhalten, da Schaft der Länge nach
eröffnet werden muss
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Kabelcerclagen vorhalten zur Readaptation/Fixierung
Tubercula
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2 Blutkonserven parat halten
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Autotransfusion verwenden
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alle Größen von Meißeln und Hochfrequenzfräse zur
Zemententfernung parat halten
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mikrobiologische und histologische Proben entnehmen
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inverse Prothese
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Ursachenfahndung (Ausrisse, Frakturen, Schulterdach!)
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Deltamuskel & N. axillaris (intakt?)
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Verankerung für Schrauben suchen
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Glenoidausbrüche: Revision unter Einsatz von
Beckenkammspan
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Zementspacer einplanen
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Basisplatte mit extralangem Zapfen (20–30 mm)
bereitstellen
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Schrauben, Platten und Fraktursiebe bereit halten
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Beckenkammentnahme vorbereiten (Lagerung)
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mikrobiologische und histologische Proben entnehmen
-
Material für Zementspacer parat halten, wenn zweizeitiges
Vorgehen
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Abb. 2 Vorgehen beim Schaftwechsel: Es wird im deltoideopektoralen
Intervall der Schaft dargestellt. Unter Erhalt des Ansatzes des M. pectoralis
major am vorderen Humerusschaft wird mit einer oszillierenden Säge der Schaft
entlang der roten Linie aufgesägt. Mit verschiedenen Meißeln kann der Schaft
samt Zementköcher entfernt werden.
Abb. 3 Platzhalter aus Knochenzement (PMMA) versetzt mit Gentamycin- und
Vancomycinantibiotikum. Der Humeruskopf wird mit einer Schablone handgeformt
nachempfunden, um möglichst anatomische Verhältnisse herzustellen. Dadurch soll
auch der Abrieb am Glenoid verringert werden. Daneben das Röntgenbild; als
zentrale Stütze im Platzhalter wirkt ein vorgebogener Gewindestab zu
Verbesserung der Stabilität.
Abb. 4 Intraoperative Aufnahme einer Schaftrevision mit zementiertem
Schaft einer anatomischen Prothese. Das Knochenfenster ist bereits aufgesägt,
der Schaft in ganzer Länge dargestellt. Als nächster Schritt erfolgt die
schonende Entfernung des Schaftes unter Einsatz von Meißeln, Säge und Fräse.
Abb. 5 Ausmessen der einliegenden Prothese. Es muss ein Röntgenbild
vorliegen, das den gesamten Humerus zeigt, da Zementanteile bis weit nach distal
vordringen können. Ein zementierter Revisionsschaft sollte um 5 cm länger sein
als das distale Ende des Zementköchers.
Für jeden Revisionseingriff gilt es, je nach zugrunde liegender Pathologie besondere
Faktoren zu berücksichtigen, damit die Funktionsverbesserung durch den Wechsel
gelingt. Die 3 Hauptkategorien sollen nachfolgend hinsichtlich ihrer Diagnostik und
Planung sowie der handwerklichen Durchführung behandelt werden.
Hauptteil
Mechanische Komplikationen
In der Schulterendoprothetik kommen im Wesentlichen 3 Implantattypen zum Einsatz:
1. die anatomische Prothese, 2. der Oberflächenersatz, 3. die inverse Prothese.
Die klassische anatomische Prothese besteht einerseits aus einem Schaft, der
entweder zementiert oder unzementiert im Humerus verankert ist. Andererseits aus
einem Glenoidersatz (Pfannenersatz), der aus hochvernetztem, abriebfestem
Polyethylen (PE) hergestellt ist und in der Regel in die Pfanne zementiert wird
[14]. Schaftlose Prothesen kommen mit einer
zementfreien Verankerung in der proximalen Humerusmetaphyse aus [3]. Als Metaphyse bezeichnet man den dichten und aus
schwammartiger Knochensubstanz (Spongiosa) aufgebauten Knochenabschnitt zwischen
Diaphyse (Knochenschaft) und Epiphyse (Kopf). Die häufigste Indikation für den
Wechsel einer anatomischen auf eine inverse Prothese stellt eine fehlgeschlagene
Frakturendoprothese mit schmerzhafter Pseudoparalyse dar [7].
Die Prothesentypen können gemäß ihrer biomechanischen Eigenschaften und
Implantationstechniken unterschiedlich versagen. Nicht zuletzt können auch
herstellerspezifische Versagensmuster auftreten, die bei neueren Implantaten
ohne Langzeiterfahrung noch gar nicht bekannt sein müssen.
Bei anatomischen Prothesen wird die mittlere Komplikationsrate zwischen 10 % und
16 % angegeben [5], [8]. Das
kumulative Risiko wird in der Literatur bei 12 % nach 5 Jahren angegeben [8]. Anteilig an der Gesamtzahl der Komplikationen wird
die Lockerung der Glenoidkomponente (32 %) als der häufigste Versagensgrund
angeführt, gefolgt von Instabilität (30 %) und periprothetischer Fraktur (11 %)
[5]. Der Schaft bleibt in der Regel über einen
sehr langen Zeitraum fest verankert und verursacht selten (6,5 %) mechanische
Komplikationen [5]. Bei der Glenoidlockerung berichten
die Patienten über zunehmende, belastungsabhängige Schmerzen nach einem teils
jahrzehntelangen beschwerdefreien Intervall [23].
Eine konventionelle Röntgenkontrolle oder Computertomografie (CT) zeigt dann
Osteolysezonen um die Glenoidkomponente. Falls Unsicherheit hinsichtlich einer
Lockerung besteht, so lässt sich mittels einer Schulterarthroskopie leicht die
mechanische Stabilität des Glenoids beurteilen. Gleichzeitig können
mikrobiologische und histologische Proben entnommen werden, um nach einer
Keimbesiedelung der Prothese zu fahnden. Wenn eine Glenoidlockerung bestätigt
wurde, so besteht bei Infektfreiheit prinzipiell die Indikation zu deren
einzeitigem Wechsel. Als Revisionsglenoide werden entweder PE-Modelle oder
solche mit einer Basis aus Metall („metal-backed“) verwendet, die im knöchernen
Anteil verschraubt werden können [6]. Der Zugang zum
gelockerten Glenoid kann jedoch erschwert sein, da die Kopfkomponente (Kalotte)
nicht immer einwandfrei zu entfernen ist. Es sollten daher verschiedene Meißel
(schmale Klingenmeißel, Zemententfernungsmeißel) vorhanden sein, da knöcherne
Anteile der Metaphyse und Zementverbindungen vorsichtig entfernt werden müssen,
um die Integrität des Schaftes (sofern er belassen werden kann) nicht zu
gefährden. Besondere Bedeutung kommt der Füllung des knöchernen Defekts zu, der
durch Osteolysen und Entfernung von PE und Zement am knöchernen Glenoid
entstanden ist. Der knöcherne Aufbau kann aus einem kortikospongiösen Span
(Beckenkamm) erfolgen. Vor der Entnahme kann die benötigte Größe anhand von
CT-Bilddaten grob kalkuliert werden. Falls ein Revisionsglenoid mit metallischer
Basis zur Schraubfixation benutzt wird, kann der Span darunter unter
Schraubenkompression eingefügt werden. Falls eine stabile Verankerung nicht
möglich ist, muss zweizeitig vorgegangen und die ossäre Integration des
kortikospongiösen Spans im Glenoid abgewartet werden. In einer Folgeoperation
kann dann bei gesicherter knöcherner Konsolidierung ein neues Glenoid zementiert
werden. Diese Methodik ist allerdings noch nicht hinreichend etabliert, und es
existieren nur wenige Fallberichte [6], [21]. Dennoch gilt es, bei komplexen Wechseln auch für
diese Option gerüstet zu sein. Es sollten daher alle notwendigen Instrumente und
Schrauben zur Verfügung stehen. Falls auf eine inverse Prothese gewechselt
werden soll, so lässt sich der knöcherne Block direkt zwischen die Glenosphäre
der inversen Prothese einsetzen, da diese im Gegensatz zu einem herkömmlichen
PE-Glenoid winkelstabil unter Kompression verschraubt werden kann [15].
Hemiprothesen (Teilprothese) ohne Glenoidkomponente kommen als Schaftprothese,
Kalottenersatz oder Oberflächenersatz vor. Meist kommen diese Modelle bei
Folgezuständen nach Unfällen zum Einsatz. Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen
aufgrund posttraumatischer Nekrosen und frühzeitiger Arthrose am Humeruskopf
sind die hauptsächlichen Indikationen [19]. Nach
Implantation einer Hemiprothese kann es jedoch zur zunehmenden Erosion am
Glenoid kommen, die eine 2. Operation zur Implantation einer
PE-Glenoidkomponente zu einem späteren Zeitpunkt notwendig macht [13]. Falls ein Oberflächenersatz verwendet wurde, ist
bei einer Wechsel-OP v. a. auf Osteolysen (Knochenauflösung) unter dem Implantat
in der Humerusmetaphyse zu achten. Diese entstehen durch die veränderte
Belastungseinleitung, die durch einen Oberflächenersatz hervorgerufen wird. Am
Rand ist sie höher, dort bleibt der Knochen hart, im Zentrum ist sie geringer,
dort löst er sich auf. Da bei ausgedehnten Osteolysen keine metaphysäre
Verankerung mehr möglich ist, muss zum Wechsel eine zementierte Schaftprothese
gewählt werden. Daher sollte bei der geplanten Implantation einer
Glenoidkomponente bei Patienten mit Oberflächenersatz auch an die Möglichkeit
zum Wechsel auf eine Schaftprothese gedacht werden.
Die Versagensmechanismen der inversen Prothese unterscheiden sich durch ihre
biomechanischen Eigenschaften von denen der anatomischen Modelle [1], [2]. Bei der inversen
Prothese versagt v. a. die Basisplatte, oder es kann zum Anschlagen der
metallischen Prothesenmetaphyse an die Skapula („scapular notching“) kommen, zum
Komponentenbruch sowie zu Stressfrakturen von Akromion (Schulterdach) und Spina
scapulae [1]. Dies trifft insbesondere auf ältere
Patienten zu, die aufgrund von rheumatischen Erkrankungen und Osteoporose eine
geringe Knochendichte aufweisen.
Bei unzureichender Implantationstechnik kann es zudem zu knöchernen Ausrissen
und Frakturen des Skapulahalses oder zu Schraubenbrüchen im Bereich der
Basisplatte kommen. Falls keine stabile Verankerung mehr möglich ist:
Einbringen autogenen Knochens und artikulierender Spacer. Brüche von
Akromion und Spina: Osteosynthese des Schulterdachs mittels winkelstabiler
Platte oder Zuggurtung.
Wenn gar die Glenosphäre herausgebrochen ist, muss zunächst die knöcherne Heilung
des Skapulahalses herbeigeführt werden. Dies gelingt in der Regel nur durch eine
Implantatentfernung und den knöchernen Aufbau des Glenoids oder Osteosynthese
des Skapulahalses. Nur wenn ein ausreichender knöcherner Grundstock vorhanden
ist, kann die erneute Implantation der Glenosphäre erfolgen.
Infektionen
Es werden in der Endoprothetik grundsätzlich nach ihrer Entstehung hämotogene,
lokal fortgeleitete oder exogene Infekte (z. B. nach Injektionen) unterschieden.
Von einer Frühinfektion spricht man, wenn sich im Zeitraum bis 3 Monate nach dem
Ersteingriff eine Infektion bestätigt. Häufig erfolgt die Bestätigung durch
einen positiven Keimnachweis im Rahmen einer arthroskopischen Probenentnahme. In
diesen Fällen reicht häufig ein partieller Wechsel der unzementierten
Komponenten (Kalotte, PE-Inlay, Glenosphäre) aus. Bei Frühinfekten haben
Bakterien kaum Gelegenheit, sich tief im effektiven Gelenkraum zu verteilen und
erreichen selten zementierte Schaftanteile [4].
Während des Komponentenwechsels müssen mehrere mikrobiologische Proben
entnommen werden. Die Transportröhrchen sollten Thio-Glykolat-Lösung
beinhalten, da schwer anzüchtbare anaerobe Keime wie z. B. Propionibacterium
acnes sonst nicht nachweisbar sind [17].
Die Thio-Glykolat-Probenröhrchen werden vor der Entnahme gekühlt gelagert und
sollten nach Beimpfung unmittelbar ins mikrobiologische Labor transportiert
werden. Es sollten zudem histologische Proben der umliegenden Weichteile
entnommen werden. Erst nach abgeschlossener Entnahme kann eine kalkulierte
Verabreichung eines Breitspektrumantibiotikums erfolgen. Es ist darauf zu
achten, dass auch anaerobe Keime wie Propionibacterium acnes durch das
Wirkspektrum abgedeckt sind (z. B. Amoxicillin + Clavulansäure/Sulbactam). Bei
Spätinfekten ist meist von einer hämatogenen Streuung auszugehen. Sie treten
erst nach über 2 Jahren auf. Zusätzlich liegen häufig begünstigende Faktoren wie
Immundefekte, ein Diabetes mellitus oder eine immunsuppressive Therapie (z. B.
Kortison) bei rheumatischen Erkrankungen vor. Erreger eines Keimherds im
Nasen-/Rachenraum, an oberflächlichen Hautdefekten oder an Verdauungsorganen und
Herzklappen können sich bei entsprechend schlechter Abwehrlage an der Prothese
ansiedeln. Manche Keime bilden dort einen sog. „Biofilm“. Das ist ein
„strukturierter Zusammenschluss bakterieller Zellen, die sich eingeschlossen in
einer selbstproduzierten Matrix und adhärent zu inerten oder lebenden
Oberflächen befinden“ [20]. Darunter können sich die
Erreger sehr effektiv vor der Wirkung von Antibiotika verbergen [20]. Bei mehrjähriger Tragezeit einer Prothese
entwickelt sich durch stetigen Abrieb ein wesentlich größerer effektiver
Gelenkraum [22]. Abriebpartikel aus Polyethylen und
Metall können im Verlauf mehrerer Jahre tief zwischen metallische Teile und
Zementköcher vordringen. Bei einem Spätinfekt ist meist der Wechsel sämtlicher
Prothesenteile notwendig. Beim Schaftwechsel muss es dann gelingen, das
vorbestehende Implantat samt Zementköcher zu entfernen, ohne die knöcherne
Substanz des Humerusschafts oder dessen Durchblutung zu erodieren. Der Schaft
wird der Länge nach unter Erhalt des Ansatzes des M. pectoralis major aufgesägt
([Abb. 2] und [4])
[11]. Der Erhalt dieses Ansatzes im vorderen
Anteil des Humerusschafts sichert die Durchblutung des entstandenen knöchernen
Fensters. Nach der gründlichen Spülung sämtlicher Gelenkräume per Jet-Lavage mit
desinfizierender Lösung (z. B. Lavanid®) und anschließender Spülung mit
Ringer-Lösung erfolgt die Implantation eines Platzhalters aus Knochenzement
([Abb. 3]). Dieser wird in unserer Abteilung per
Hand geformt und mit Gentamycin-/Vancomycinantibiotika angereichert. Diese
entfalten ihre Wirkung unmittelbar in der Markraumhöhle und augmentieren die
nachfolgende mehrwöchige Antibiotikatherapie (ca. 8 Wochen) [20]. Erst wenn klinisch und laborchemisch die
Infektfreiheit angenommen werden kann, kann der Wechsel auf ein Revisionsmodell
erfolgen. In der Regel wird dann auf eine inverse Prothese zurückgegriffen, da
nach ausgedehnten Infekten die Rotatorenmanschette häufig zerstört ist.
Fehlgeschlagene anatomische Prothesen
Die anatomische Totalprothese ist im Gegensatz zur inversen Prothese dem
menschlichen Schultergelenk nachempfunden. Sie besteht aus Schaft mit
Kopfkalotte und Glenoidkomponente. Eine intakte Rotatorenmanschette, eine Gruppe
von 4 Muskeln und Sehnen, ist zur Funktion dieser Konstruktion unabdingbar [14]. Die Manschette zentriert den Humeruskopf in der
Pfanne und leitet die Bewegungen der Schulter ein. Wenn ein oder mehrere Anteile
dieser Sehnen rupturieren oder degenerieren, kann die Schulterfunktion nicht
mehr hinreichend aufrechterhalten werden. Anatomische Prothesen sollten daher
nur bei Patienten mit intakter Rotatorenmanschette implantiert werden [14]. Nach einer Prothesenimplantation kann es
degenerativ oder traumatisch zu einem Verlust der Sehnensubstanz kommen [5]. Insgesamt ist die anterosuperiore Dezentrierung die
häufigste Manifestation einer postoperativen Instabilität [5] und in der Regel auf Defekte des vorderen Anteils der
Rotatorenmanschette, den M. subscapularis, zurückzuführen. Dieser versperrt den
Zugang zum Gelenk und muss bei der Implantation zunächst abgetrennt und nach
Implantation wieder angenäht werden.
Falls eine traumatische Ursache für einen Sehnenriss vorliegt, kann eine zeitnahe
Rekonstruktion der Sehne versucht werden. Das Ergebnis ist allerdings ungewiss,
eine zügige Revision nach dem Trauma führt tendenziell zu besseren Ergebnissen
[12], [16]. Falls sich
der Sehnenverlust schleichend vollzogen hat und eine Rekonstruktion nicht mehr
möglich ist, so bleibt nur der Wechsel auf ein inverses Modell. Hier kann
aufgrund der invertierten Konstruktion und besonderer biomechanischer
Eigenschaften auf die Funktion der Rotatorenmanschette verzichtet werden. Falls
das implantierte anatomische Modell herstellerseitig auf ein inverses Modell
konvertiert werden kann, so lässt sich der Prothesenschaft im Humerus belassen.
Eine Umwandlung ist daher wesentlich einfacher durchzuführen, da die metaphysäre
Komponente umgesteckt werden kann. Wenn keine Konversion möglich ist, so bleibt
nur der Schaftwechsel unter Aufsägen eines knöchernen Fensters ([Abb. 2]). Für das OP-Team ist es von entscheidender
Bedeutung, dass die Wechselkomponenten und Instrumentarien sicher bedient werden
können. Falls die implantierte Prothese nicht zu dem hauseigenen gängigen
Sortiment zählen sollte, empfiehlt es sich, einen versierten Mitarbeiter des
Herstellers zur Operation einzubestellen, um allfällige Bedienungsfragen prompt
beantworten zu können.
Schlussfolgerung
Revisionseingriffe in der Schulterendoprothetik stellen hohe Ansprüche an das gesamte
OP-Team. Die präoperative Planung und die Möglichkeit zum raschen Verfahrenswechsel
beim Ausschöpfen von Rückzugsoptionen sind wichtige Elemente. Die Versagensgründe
unterscheiden sich je nach Prothesentyp und machen einen partiellen oder gesamten
Wechsel notwendig. Fehlgeschlagene anatomische Implantate lassen sich bei Defekten
der Rotatorenmanschette auf eine inverse Prothese wechseln, Protheseninfekte lassen
sich durch einen partiellen oder totalen Komponentenwechsel beherrschen, die
Behandlungsdauer kann jedoch mehrere Monate in Anspruch nehmen. Je nach Ausmaß muss
temporär eine antibiotikabeladene Interimsprothese eingesetzt werden.