physiopraxis 2012; 10(11/12): 64
DOI: 10.1055/s-0032-1331606
physiospektrum
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Mehrarbeit ohne Ausgleich?

Karsten Bossow

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Publication Date:
03 December 2012 (online)

 

Karsten Bossow

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Karsten Bossow ist seit 1999 Rechtsanwalt mit den Tätigkeitsschwerpunkten Arbeits-, Medizin- und Sozialrecht. Seit 2003 ist er Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit 2010 Fachanwalt für Medizinrecht.

Die Rechtsfrage

» Ich arbeite 40 Stunden pro Woche in einer Rehaklinik und bekomme 1.400 Euro brutto. Samstags habe ich bislang von 7.30-12 Uhr gearbeitet und einen Tag freibekommen. Jetzt sollen wir samstags immer bis 15 Uhr arbeiten, ohne zusätzlichen Ausgleich. Ist das rechtens und kann das die Verwaltungschefin ohne einen schriftlichen Hinweis anordnen? «

Physiotherapeutin per Fax

Die Antwort unseres Experten

Grundsätzlich spricht nichts gegen das bisherige Verfahren des Arbeitgebers, Mitarbeiter samstags einzusetzen und dafür an einem anderen Tag freizugeben. Voraussetzung ist allerdings, dass die vereinbarte Wochenarbeitszeit nicht überschritten wird. Offenbar sind hier lediglich 40 Stunden je Woche ausgemacht, ohne dass die Lage der Arbeitszeit (zum Beispiel montags bis freitags) vereinbart wurde. Der Umfang der Samstagsarbeit richtet sich nach dem Vertrag. Werden die vereinbarten 40 Wochenstunden überschritten und ist die Möglichkeit von Mehrarbeit im Arbeitsvertrag nicht vorgesehen, wäre es unzulässig, die Physioherapeuten darüber hinaus arbeiten zu lassen. Anderenfalls hätten sie Anspruch auf entsprechende Vergütung der Mehrarbeit, sofern nicht mit dem Gehalt eine konkret vereinbarte Anzahl von Überstunden abgegolten ist. Erfolgt ein Freizeitausgleich, besteht daneben kein zusätzlicher Vergütungsanspruch. Mehrarbeitszuschlag oder Samstagszuschlag kann man ebenfalls nur verlangen, wenn dies im Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag vereinbart ist. Gibt es einen Betriebs- bzw. Personalrat, muss der Arbeitgeber diesen beteiligen, bevor er die Arbeitszeit neu festlegt.

Aufgrund des Weisungs- oder Direktionsrechts kann der Arbeitgeber bestimmen, wann, wo und was der Arbeitnehmer tun soll. Dabei muss er nach „billigem Ermessen“ handeln, also selbst ein berechtigtes Interesse für die Weisung haben, aber auch die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen, zum Beispiel familiäre Belastungen. So wäre es unbillig, wenn Eltern kleiner Kinder ständig Wochenendarbeit leisten müssten, obwohl auch andere Mitarbeiter einsetzbar wären.

Bei der Ausübung des Direktionsrechts ist der Arbeitgeber nicht an eine bestimmte Form gebunden. Das heißt, er kann die Anweisung mündlich erteilen. Zu Nachweiszwecken empfiehlt sich jedoch ein schriftlicher Dienstplan durch den zuständigen Vertreter des Arbeitgebers. Dies ist in der Regel die Personalabteilung. Das Direktionsrecht kann jedoch - ebenfalls formlos -auf jeden anderen Mitarbeiter oder auch die Verwaltungschefin übertragen werden. So ist es durchaus üblich, dass ein Abteilungsleiter für die jeweiligen Mitarbeiter den Dienstplan erstellt. Das heißt, die Verwaltungsleiterin wird die neue Arbeitszeit anweisen können. 

Wirft auch Ihr Berufsalltag rechtliche Fragen auf? Dann schreiben Sie an Simone.Gritsch@thieme.de.


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