Um die Verletzungsinzidenz im Fußball zu senken, hatten Sportmediziner unter Federführung
der FIFA das Aufwärm- und Präventionsprogramm "Die 11+" entwickelt. Anna M. C. van
Beijsterveldt et al. gingen aktuell in der vorliegenden Studie der Frage nach, ob
das Programm die Häufigkeit oder Schwere der Verletzungen im Fußball beeinflusst.
Leider fanden sie keinen Nutzen für die Amateurmannschaften, die an der Studie teilnahmen.
Br J Sports 2012; epub: doi:10.1136/bjsports-2012–091277
An der vorliegenden Niederländischen Studie beteiligten sich Fußballmannschaften zweier
hochrangiger Amateurturniere. Diese wurden in 2 Gruppen randomisiert. Bei der ersten
Gruppe handelte es sich um die Interventionsgruppe (11 Teams, 223 Spieler). Diese
wurde angewiesen, während der Saison 2009/2010 bei jeder Trainingseinheit das Präventionsprogramm
"Die 11+" durchzuführen. Das Programm beinhaltet insgesamt 10 Übungen aus den Bereichen
-
Förderung der Grundstabilität,
-
exzentrisches Training der Oberschenkelmuskulatur,
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propriozeptorisches Training,
-
dynamische Stabilisierung und
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plyometrische Übungen mit gestrecktem Bein
Das Aufwärmrogramm "Die 11+" wurde vom FIFA Zentrum für medizinische Auswertung und
Forschung (F-MARC) zur Verletzungsprävention im Fußball entwickelt. Laut FIFA hat
eine wissenschaftliche Studie mit fast 2 000 Nachwuchsspielerinnen ergeben, dass Teams,
die "11+" mindestens 2 Mal die Woche ausführten, 30–50 % weniger Verletzte zu verzeichnen
hatten als Mannschaften, die sich wie gewohnt aufwärmten. Je korrekter die einzelnen
Übungen ausgeführt werden, desto größer der Effekt. Diese Studie aus Holland lässt
vermuten, dass das Programm große Schwächen hat, wenn es um die Prävention im Amateurfußball
geht. (©Nikki Zalewski/fotolia.com)
Wenn man mit dem Programm vertraut ist, dauert es etwa 10–15 Minuten. Die zweite Gruppe
diente als Kontrolle (12 Teams, 233 Spieler). Die Studienteilnehmer dieser Gruppe
absolvierten ihre Trainingseinheiten wie gewohnt.
Während der gesamten Saison absolvierten die an der Studie beteiligten Spieler eine
Gesamtzahl von ca. 31 500 Trainingsund 12 700 Turnierstunden. Die durchschnittliche
Trainings- und Turnierzeit pro Spieler betrugen somit 69,1 bzw. 27,9 Stunden. Die
Compliance der Interventionsgruppe konnte als gut eingestuft werden (Team Compliance
= 73 %, Spieler Compliance = 71 %). "Die 11" wurden damit von den Spielern der Interventionsgruppe
im Schnitt 1,3 mal pro Woche ausgeführt.
Kein Unterschied in Schwere und Anzahl der Verletzungen
Kein Unterschied in Schwere und Anzahl der Verletzungen
Während des gesamten Studienverlaufs wurde über insgesamt 427 Verletzungen berichtet,
die 60,1 % aller Spieler betrafen. Die am häufigsten betroffenen Körperregionen waren:
Knöchel (19,1 %), hinterer Oberschenkel (15,9 % ), Knie (15,7 %), vorderer Oberschenkel
(10,5 %) und Leiste (10,5 %). Entgegen der aufgestellten Hypothese bestand in der
Anzahl der Verletzungen zwischen den beiden Gruppen kaum ein Unterschied: 9,6 pro
1000 Sportstunden (8,4–11,0) in der Interventionsgruppe und 9,7 (8,5–11,1) bei der
Kontrollgruppe.
Auch die Schwere der Verletzungen unterschied sich zwischen den beiden Gruppen nicht
signifikant. Allerdings konnte ein signifikanter Unterschied in den betroffenen Körperregionen
festgestellt werden: die Spieler der Interventionsgruppe hatten anteilig signifikant
weniger Knieverletzungen (Anteil der Knie an allen Verletzungen: 11 vs. 19,8 %).
Reicht die Frequenz im Amateurfußball aus?
Reicht die Frequenz im Amateurfußball aus?
Zwar bezweifeln die Autoren, dass die Compliance von etwas über 70 % ein Schlüsselfaktor
bei diesem enttäuschenden Ergebnis ist. Trotzdem bleibt zu bedenken, dass die FIFA
eine sinnvolle Frequenz des Programms von mindestens 2-mal wöchentlich angibt. Es
könne sein, so die Autoren, dass das Training zu unspezifisch sei und im Amateurspor
mit nur etwa 2 maligem Training pro Woche zu selten durchgeführt wird.
Die vorliegende Studie stellte zwischen der Gruppe, die die 11+ durchführte, und der
Kontrollgruppe der männlichen Amateur-Fußballer keine signifikanten Unterschiede fest,
was sowohl die Inzidenz als auch die Schwere der Verletzungen betrifft. Weitere Studien
sollten nach Meinung der Autoren insbesondere ein Augenmerk auf Verletzungsursachen
und Risikofaktoren der Amateursportler richten.