Während der gemeinsamen Entwicklung von Mensch und Mikroben wurde der menschliche
Darmtrakt von einigen tausend Bakterienarten besiedelt, deren Gesamtgewicht ungefähr
1,5 Kilogramm ausmacht. "Die Gene der heutzutage im Darmtrakt gesunder Menschen lebenden
Bakterien sind in der Summe zahlreicher als die des menschlichen Organismus", so Prof.
Michael Roden, Düsseldorf. Nach aktuellen Analysen umfasst das Erbgut des Bakterienbestands
in der Darmflora rund 3,3 Millionen Gene, im Vergleich zu nur 23 000 Genen des menschlichen
Organismus.
Diabetiker haben veränderte Darmflora
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Darmflora einzelner Menschen in hohem Maß übereinstimmt.
Auf der Grundlage des Genstammes der Darmbakterien können Einzelpersonen in 3 Gruppen,
die sogenannten Enterotypen, eingeteilt werden, erklärt Roden: "Jeder Enterotyp zeichnet
sich durch ein anderes bakterielles Ökosystem aus, mit vorwiegendem Anteil von ‚Bacteroides‘,
‚Prevotella‘ oder ‚Ruminococcus‘. Personen können sich somit in der Zusammensetzung
der Bakterienarten, den Enterotypen und den bakteriellen Genen unterscheiden." Solche
Merkmale der menschlichen Darmflora seien von großem Interesse für die Erforschung
von vorbeugenden und therapeutischen Ansätzen des Typ-2-Diabetes (T2D), erläutert
Roden: "Anhand einer Studie, in der 345 Personen chinesischer Herkunft untersucht
wurden, konnte gezeigt werden, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes eine veränderte Darmflora
aufweisen, in der bestimmte Bakterien mit ganz spezifischen Genen vermehrt vorkommen."
Ein daraus abgeleiteter Mikrobiota-T2D-Index könnte zukünftig bei der Untersuchung
bislang gesunder Menschen die Vorhersage einer Diabetes-Erkrankung mit rund 80 % Treffsicherheit
ermöglichen.
Probiotika oder Stuhltransfer als mögliche Ansätze
Bei Menschen mit Adipositas und bereits bestehendem Typ-2-Diabetes scheint eine Wiederherstellung
einer gesunden Darmflora bisher schwierig und meist nur vorübergehend erreichbar.
"Allerdings führt die Verwendung von Probiotika im Tiermodell sowie in einer noch
geringen Anzahl von klinischen Studien zu vielversprechenden Ergebnissen", sagt Roden.
Auch der sogenannte Fäkaltransfer könnte ein möglicher therapeutischer Ansatz sein,
der bereits bei Clostridium difficile-Erkrankungen erfolgreich eingesetzt wird: Dabei
werden Exkremente eines gesunden Menschen in den Darm des Erkrankten verpflanzt. "In
einer Untersuchung führte die Übertragung von Darmbakterien schlanker Personen in
den Darm von Personen mit metabolischem Syndrom bei diesen nach 6 Wochen zu einer
Verbesserung der Insulinempfindlichkeit", so Roden.
Pressemitteilung Pressestelle Diabetes Kongress 2013