Werner C et al.
Vertebral Body Stenting Versus Kyphoplasty for the Treatment of Osteoporotic Vertebral
Compression Fractures: A Randomized Trial.
J Bone Joint Surg Am 2013;
95: 577-584
Das Vertebral Body Stenting (VBS) ist ein minimalinvasives Verfahren, das entwickelt
wurde, um den sekundären Verlust der primär gewonnen Aufrichtung zu verhindern, zu
dem es nach Ballondeflation kommen kann. Eine aktuelle Studie aus der Schweiz hat
die peri- und postoperativen Befunde beider Methoden im Vergleich untersucht.
Werner C et al. Vertebral Body Stenting Versus Kyphoplasty for the Treatment of Osteoporotic
Vertebral Compression Fractures: A Randomized Trial. J Bone Joint Surg Am 2013; 95:
577–584
Einleitung
Osteoporotische Wirbelkörperfrakturen nehmen aufgrund des demografischen Wandels an
klinischer Bedeutung zu. Früher nur konservativ behandelt, entwickelte sich die Therapie
von der Vertebroplastie zur Kyphoplastie. Diese resultierte in besserer Aufrichtung
des Wirbelkörpers und weniger Zementaustritt. Allerdings kann es zu einem sekundären
Verlust der primär gewonnen Aufrichtung nach Ballondeflation kommen. Um dies zu verhindern,
wurde in den letzten Jahren das Vertebral Body Stenting (VBS) entwickelt, das in In-vitro-Studien
einen verbesserten Kyphosewinkel im Vergleich zur Kyphoplastie aufwies. Die vorliegende
Studie vergleicht VBS und Kyphoplastie in vivo.
Methoden
Es handelt sich um eine prospektive, 2-armige, randomisierte Studie mit einem Umfang
von 100 osteoporotischen Wirbelkörperkompressionsfrakturen bei 65 Patienten mit einem
durchschnittlichen Alter von 70 ± 13 Jahren. Osteoporotische Frakturen waren definiert
als spontan aufgetretene oder durch minimale Traumata alltäglicher Aktivitäten hervorgerufene
Frakturen. Aufnahmekriterien waren thorakale oder lumbale A1.1-, A1.2-, A1.3- und
A3.1-Frakturen nach AO-Klassifikation sowie frische Frakturen diagnostiziert anhand
von MRT mit STIR-Sequenzen (STIR: short tau inverted recovery) und deutliche Schmerzen.
Der primäre Endpunkt war die Änderung des Kyphosewinkels nach Intervention im konventionellen
Röntgenbild. Die sekundären Endpunkte waren der maximale Inflationsdruck während des
Expandierens des Ballons, die Strahlungsexpositionszeit, perioperative Komplikationen
und Zementaustritt.
Ergebnisse
Die durchschnittliche Reduktion des Kyphosewinkels nach Kyphoplastie betrug 4,5 °±
3,6 ° und nach VBS 4,7 °± 4,2 ° (p = 0,972). Der durchschnittliche Druck war mit 24
± 5 bar während des VBS im Vergleich zu 16 ± 6 bar während der Kyphoplastie statistisch
signifikant erhöht (p = 0,014). Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied
in der Strahlungsexpositionszeit. Keiner der Patienten musste revidiert werden, postoperative
neurologische Komplikationen wurden nicht beobachtet. Zementaustritt war bei 25 der
insgesamt 100 versorgten Frakturen zu verzeichnen, ohne statistisch signifikanten
Unterschied zwischen den beiden Interventionsgruppen (p = 0,23). Intraoperative materialabhängige
Komplikationen, wie z. B. inkomplette Öffnung der Stents oder Ballonruptur, traten
bei einer der 50 mit Kyphoplastie behandelten Frakturen auf und bei 9 von 50 der mit
VBS behandelten Frakturen.
Schlussfolgerung
Es zeigte sich kein Vorteil des VBS gegenüber der Kyphoplastie bei Patienten mit schmerzhafter
osteoporotischer Wirbelkörperfraktur hinsichtlich der Kyphosekorrektur, des Zementaustritts,
der Strahlungsexpositionszeit oder neurologischer Komplikationen. VBS ging mit deutlich
höherem Druck während der Ballonexpansion und mit mehr materialabhängigen Komplikationen
einher.
Kommentar
Diese Studie der Universität Zürich ist die erste klinische Vergleichsstudie von VBS
und Kyphoplastie. Mit einem Evidenzlevel von I ist sie strukturell gut aufgebaut.
Wie die Autoren in der Diskussion selbst erwähnen, ist aufgrund der Eindeutigkeit
der Implantate eine Verblindung von sowohl Behandlung als auch Messungen leider nicht
möglich. Was der Studie fehlt, aber eventuell noch angeschlossen werden könnte, ist
eine Nachbeobachtung der Patienten.
Der primäre Endpunkt der Studie ist die Korrektur des Kyphosewinkels und eine neurologische
Statuserhebung. Eine Aussage über weitere klinische Effekte, wie insbesondere der
Schmerzreduktion, wird nicht getroffen. Ein wichtiger Grund, dass der sekundäre Repositionsverlust
und der Zementaustritt durch VBS nicht signifikant vermindert wurden, ist die nicht
komplette Expansion der Stents. Auch durch erhöhten Druck (34 bar), bis über den vom
Hersteller angegeben maximalen Druck von 28 bar, war in 9 Fällen nicht eine suffiziente
Expansion, sondern eine materialabhängige Komplikation, z. B. eine Ruptur des Ballons,
zu erreichen. Dieses Problem wäre ggf. durch eine weitere Optimierung der Stenttechnik
zu vermeiden, sodass sich die Frage stellt, ob mit Reduktion der technikbedingten
Versager nicht perspektivisch doch eine Verbesserung des Kyphosewinkels im Sinne einer
Vermeidung des sekundären Repositionsverlusts zu erreichen wäre.