Wolfgang Dihlmann war in seiner Persönlichkeit und als Radiologe in vieler Hinsicht
außergewöhnlich. Die Größe seines Lebenswerks erschließt sich dem Leser daher durchaus
nicht immer unmittelbar. Sein Opus magnum, die 2011 in der 4. Auflage erschienenen
„Gelenke und Wirbelverbindungen“ stellen mit ihren 1002 Seiten den wahrscheinlich
letzten und erfolgreichen Versuch dar, das derzeitige Wissen der muskuloskelettalen
Radiologie in einer anspruchsvollen Form zusammenzufassen. Den kernspintomografischen
Part hat Dihlmann in der 4. Auflage seinem Koautor Axel Stäbler anvertraut. Die Methode
wird damit zum nahtlosen Bestandteil von Dihlmanns Gesamtkonzept.
Das Außergewöhnliche zeigt sich bei dem 1928 in Stettin geborenen Wolfgang Dihlmann
auch in seiner Lebensgeschichte. Mit 15 ½ Jahren als Flakhelfer eingezogen, gerät
er als verwundeter Grenadier in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Ab 1946 kann er
in Greifswald, Halle/Saale und Jena studieren. Nach Stationen in Magdeburg, Rostock
und als Oberarzt an der Charité wird er 1960 Leiter der Röntgenabteilung der Aachener
Rheumaklinik Landesbad. Er wechselt dann als Oberarzt zu W. Frik in die Abteilung
Radiologie der RWTH Aachen, habilitiert dort und wird 1971 außerordentlicher Professor
für Klinische Radiologie. Von 1974 – 1993 leitet Dihlmann als Chefarzt das Röntgeninstitut
des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Barmbek. Von seinen zahlreichen nationalen und
internationalen Auszeichnungen seien hier nur genannt:
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1970: Hermann-Holthusen-Ring der Deutschen Röntgengesellschaft
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1987: Präsident des 68. Deutschen Röntgenkongresses in Hamburg
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1987 erhielt sein „Röntgenatlas rheumatischer Erkrankungen“ in der englischen Übersetzung
den „Pulitzerpreis“ der amerikanischen Medizinjournalisten
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1999: Ehrenmitglied der Europäischen Gesellschaft für Skelettradiologie
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2002: Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie
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2005: Goldmedaille des Europäischen Kongresses für Radiologie (ECR) und der European
Association of Radiology (EAR)
Neben über 300 Vorträgen und über 300 wissenschaftlichen Publikationen, sowie 7 Fachbüchern
war Dihlmann auch Mitbegründer der Zeitschrift „Aktuelle Rheumatologie“ und Mitherausgeber
der „Zeitschrift für Rheumatologie“ sowie des „Schinz“. In der 1995 erschienen „Gelenkshilouette“
hat Dihlmann in seiner, so klugen wie humorvollen, Art und Weise die streng naturwissenschaftlichen,
die wahrnehmungsphysiologischen und die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Radiologie
skizziert und miteinander verbunden.
Eine Reihe von Entitäten und Röntgensymptomatologien wurden von Dihlmann erstmals
beschrieben und können hier nur sehr unvollständig aufgeführt werden: Die Sacroiliitis
circumscripta, die unterschiedlichen Spondylodiscitiden bei der Spondylitis ancylosans,
die Hyperostosis triangularis ilii, die Spondylosclerosis hemispherica sowie das Aquirierte
Hyperostose Syndrom.
Im Dialog war Dihlmann stets selbstkritisch, humorvoll und immer offen für das bessere
Argument. Er war als lernender Lehrer Vorbild in seinem Fach, insbesondere aber auch
für seine Mitarbeiter und Schüler.
Am 3. Oktober 2013 ist Prof. Wolfgang Dihlmann in München verstorben.
Lutz Hering Gerwin Lingg
Hamburg Bad Kreuznach
Wolfgang Dihlmann