Einen Typ-2-Diabetiker zum Einstieg in eine Insulintherapie zu bewegen, ist schwierig,
weiß Dr. med. Rolf Göbel, Asslar. Man sollte nach Ansicht von Göbel dem Patienten
die Entscheidung für eine Insulinbehandlung dadurch erleichtern, dass man Barrieren
wie Spritzenangst, Angst vor Gewichtszunahme und Hypoglykämien abbauen hilft. Dies
gelingt am besten über eine gute Schulung, betonte Göbel. "Wir müssen die Selbstmanagementfähigkeit
des Patienten erhöhen. Er muss seine Ziele selbst erreichen, aber wir können ihn dazu
motivieren." Gegen die Angst vor einer Zunahme des Gewichts hilft Ernährungsberatung
und der Einsatz kurz wirksamer Analoginsuline wie Insulin lispro (Liprolog®).
Lebensqualität ist wichtiger Motivationsfaktor
Obwohl Insulin nach den neuesten Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)
weiterhin an zweiter Stelle der Behandlung vorgesehen ist, beginnt die Insulinierung
nach wie vor um 5–6 Jahre zu spät. Der behandelnde Arzt sollte unbedingt auch selbst
von der Notwendigkeit der Insulintherapie überzeugt sein. Dann wird sich das positiv
auf den Patienten übertragen.
Die erste Reaktion auf diabetesbedingte Folgeerkrankungen sind Hilflosigkeit, Angst
vor dem näherrückenden Tod und ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Viele Patienten stellen
die Frage nach eigner Schuld oder wollen die Krankheit verdrängen, berichtete PD Matthias
Frank, Neunkirchen. Erst, wenn dieser Prozess vorüber ist, beginnen die Menschen,
ihre neue Situation zu akzeptieren. Ärzte reagieren auf die komplexe Gefühlslage ihrer
Patienten oftmals eher sachorientiert und verweisen für weitere Interventionen auf
die Publikationslage.
Frank hingegen sprach sich dafür aus, mehr auf die Lebensqualität des Patienten als
wichtigen Motivationsfaktor einzugehen. "Wir dürfen dem Patienten nie unsere eigenen
Vorstellungen überstülpen," forderte Frank. Das bedeutet auch, den Patienten im Gespräch
die eigenen Werte formulieren zu lassen (Was ist Ihnen wichtig?). Das heißt weiter,
ihm seine Autonomie und Selbstständigkeit zu belassen und ja/aber-Argumentationen
zu vermeiden. Wenn Sehnsüchte zugelassen, Barrieren umgangen und Widerstände vermieden
werden, dann, so Frank, ist auch das Leben mit Folgeerkrankungen lebenswerter.
Martin Bischoff, Planegg
Quelle: Symposium "Der chronisch Kranke und sein Arzt"; DGIM-Kongress Wiesbaden, 8.
April 2013. Veranstalter: Berlin-Chemie