Pneumonien werden aufgrund ihres unterschiedlichen Erregerspektrums und der sich daraus
ergebenden unterschiedlichen diagnostischen und therapeutischen Erfordernissen in
drei verschiedene Entitäten eingeteilt: ambulant erworbene Pneumonien (community acquired
pneumonia, CAP), nosokomiale Pneumonien (hospital acquired pneumonia, HAP) mit der
Sonderform der beatmungsassoziierten Pneumonie (ventilator associated pneumonia, VAP)
und Pneumonien bei Immunsupprimierten. Bei letzteren spielen neben den bei CAP und
HAP beschriebenen bakteriellen Erregern auch opportunistische Infektionen wie Pneumocystis jirovecii, Pilzinfektionen wie die invasive Aspergillose oder Virusinfektionen wie beispielsweise
die CMV-Pneumonitis ein Rolle, die in anderen Beiträgen dieses Symposiums besprochen
werden.
Unter CAP werden alle Infektionen verstanden, die außerhalb des Krankenhauses oder
innerhalb der ersten zwei Tage nach Krankenhausaufnahme auftreten. Nach einem Krankenhausaufenthalt
sprechen wir nach einer Woche wieder von einer ambulant erworbenen Infektion, wobei
in Einzelfällen auch später als eine Woche nach Krankenhausentlassung noch nosokomiale
Infektionen auftreten können. Dies ist abhängig von der Länge des Krankenhausaufenthaltes,
der Schwere der Erkrankung, des aktuellen Gesundheitszustands des Patienten (Bettlägerigkeit)
und der Länge und Häufigkeit der Antibiotikatherapie während des Aufenthaltes. Alle
anderen Infektionen werden als HAP bezeichnet; Infektionen, die während einer Beatmung
auftreten, werden als VAP gesondert betrachtet.
In Deutschland orientiert sich die Diagnose und Behandlung der Pneumonie an Evidenz-basierten
Leitlinien, die für CAP [[1]] und HAP [[2], [3]] gesondert erstellt wurden.
Der wesentliche Erreger der ambulant erworbenen Pneumonie ist weltweit S. pneumoniae (Pneumokokken), gefolgt von Haemophilus influenzae und Mycoplasma pneumoniae, wobei letzterer epidemisch auftreten kann: Es gibt Jahre mit bis zu 20 % aller Pneumonien
infolge von Mykoplasma und Jahre ohne Mykoplasmenpneumonien. Von Mykoplasmen betroffen
sind eher jüngere Patienten. Neben diesen häufigen Erregern müssen seltenere Erreger
wie Legionella pneumoniae, Staphylococcus aureus, Enterobacteriacae (vor allem Klebsiella pneumoniae) und sehr selten Pseudomonas aeruginosa berücksichtigt werden. Betroffen sind hier vor allem ältere Menschen mit Vorerkrankungen;
insbesondere chronisch destruierende Lungenerkrankungen wie die COPD oder die interstitielle
Lungenerkrankung stellen einen Risikofaktor dar.
In Einzelfällen gibt es Viruspneumonien (Influenza, RS-Virus, spezielle Coronaviren
– SARS und MERS). Die wesentliche Bedeutung der Virusinfektion der oberen Atemwege
liegt jedoch darin, dass bakterielle Infektionen durch die Virus-induzierte Immunantwort
und Epithelschädigung begünstigt werden und in ihrem Verlauf schwerer (invasiver)
zu sein scheinen.
Die Therapie der CAP erfolgt risikostratifiziert. Der CRB-65 Score (C = neu aufgetretene
Verwirrtheit, R = Atemfrequenz > 30/Minute, B = systolischer Blutdruck < 90 mmHg und
Alter > 65) stellt das wesentliche Stratifizierungsinstrument dar. Bei einem Score
von 0 kann in der Regel ambulant behandelt werden, bei einem Score von ≥ 2 sollte
der Patient stationär aufgenommen werden. Bei einem Score von 1 müssen zusätzliche
Parameter in die Entscheidung zur Hospitalisierung einfließen. Dazu gehören chronische
Vorerkrankungen und klinische Parameter wie Hypoxie, Hyper-/Hypokapnie und das Ausmaß
der Infiltration im Röntgenbild.
Ein Röntgenthoraxbild und die Bestimmung von Entzündungsparametern gehören zur Basisdiagnostik
der CAP. Eine mikrobiologische Diagnostik wird im ambulanten Bereich nicht empfohlen,
bei hospitalisierten Patienten sollten zwei Blutkulturpärchen abgenommen werden, bei
schweren Infektionen sollte eine Legionelleninfektion durch Bestimmung des Antigens
im Urin ausgeschlossen werden. Eine Untersuchung des Atemwegsmaterials ist bei Risikopatienten
und Therapieversagern notwendig, vor allem wenn bereits eine antibiotische Vortherapie
stattgefunden hat.
Im ambulanten Bereich wird primär eine Therapie mit Amoxicillin über 5 bis maximal
7 Tage empfohlen; als Alternative stehen Makrolidantibiotika und Doxycyclin zur Verfügung.
In der Therapie hospitalisierter Patienten (in der Regel intravenös zu Beginn) kommen
Ampicillin/Inhibitorkombinationen oder Zweit- bzw. Dritt-Generation-Cephalosporine
zum Einsatz. Bei schwerer Pneumonie soll das Betalaktamantibiotikum mit einem Makrolid
kombiniert werden, um atypische Erreger empirisch mit zu erfassen; möglicherweise
gibt es auch einen positiven immunmodulierenden Effekt der Makrolide. Alternativ können
respiratorische Fluorchinolone (Moxifloxacin, Levofloxacin) eingesetzt werden, die
Therapie der Wahl für Legionellenpneumonien sind.
Bei Patienten mit Risikofaktoren für eine Infektion mit Staph. aureus (nach Influenza, Aspiration) oder eine komplizierte Infektion mit gram-negativen
Erregern (chronische Lungenerkankung, Antibiotikavorbehandlung, Ernährung über Magensonde)
sollte primär ein Pseudomonas-aktives Antibiotikum wie Piperacillin/Tazobactam, Ceftazidim
oder Meropenem/Impenem zum Einsatz kommen. Auch bei schwer CAP sind 7 Tage Therapie
in der Regel ausreichend (Ausnahme: Legionellen, Pseudomonas).
Häufigkeit und Schwere einer Pneumonie können durch Impfmaßnahmen reduziert werden.
Etabliert sind die jährliche Influenzaimpfung und die Pneumokokkenimpfung, wobei ein
protektiver Effekt auf Pneumonien nur für den 13valenen Konjugatimpfstoff nachgewiesen
wurde.
Die wesentlichen Erreger der nosokomialen Pneumonie sind Staphylococcus aureus, Enterobacteriacae (E. coli, K. pneumoniae) und Non Fermenter (P. aeruginosa, Acinetobacter species). Aspergillusinfektionen kommt auch bei immunkompetenten Patienten eine zunehmende
Bedeutung zu, vor allem bei COPD-Patienten mit oraler oder hochdosierter inhalativer
Corticosteroidtherapie. Candida stellt im Atemwegsmaterial praktisch immer einen Kolonisationskeim
dar und muss nicht behandelt werden.
Während bei HAP überwiegend mit sensiblen Erregern zu rechnen ist, muss bei VAP in
Abhängigkeit von der antibiotischen Vortherapie und der Länge der Beatmung mit resistenten
Erregern gerechnet werden. Durch die Zunahme des Alters und der Multimorbidität von
Patienten verschwimmen die Unterschiede jedoch zunehmend.
Basisdiagnostik bleiben das Röntgenbild und die Entzündungsparameter, aufgrund der
Multimorbidität und eingeschränkter Qualität (Röntgenbild) ist die Differenzialdiagnose
schwierig. Eine mikrobiologische Diagnostik (Blutkulturen, Atemwegsmaterial) sollte
daher bei HAP/VAP angestrebt werden. Im Einzelfall (z. B. Aspergillusinfektion) ist
eine erweiterte Diagnostik (CT-Thorax, Galatomannan in der BAL) notwendig.
Die Therapieempfehlung orientiert sich am Risiko des Patienten für multiresistente
Erreger. Bei sensiblen Erregern ist eine Monotherapie mit Beta-Laktamantibiotika möglich,
nach Erregeridentifikation kann entsprechend des Antibiogramms auf die entsprechende
Substanz deeskaliert werden. Bei Risikofaktoren für multiresistente Erreger wird –
vor allem bei schweren Infektionen – eine Kombinationstherapie aus Pseudomonas wirksamem
Beta-Laktam und Aminoglykosid (einmal täglich hochdosiert, Spiegelkontrolle empfohlen)
oder Fluorchinolonen empfohlen. Auch hier kann nach Erhalt des Antibiogramms auf eine
Monotherapie deeskaliert werden. Die Therapiedauer sollte auch bei HAP/VAP sieben
Tage betragen. Für bestimmte Erreger (Pseudomonas, Aspergillus) und bestimmte Infektionen
(Lungenabszess, Pleuraempyem) gelten längere Behandlungsempfehlungen.
Für resistente Erreger gibt es spezifische Therapieempfehlungen. Für MRSA wird Linezolid,
für gegen alle Basissubstanzen resistente Non Fermenter (4MRGN) Colistin oder Fosfomycin,
für Carbapenem-resistene Erreger Colistin oder Tigecyclin empfohlen. Die Rolle von
inhalativen Antibiotika für die Therapie multiresistenter Erreger, insbesondere bei
VAP, ist umstritten.
Aufgrund des in der Regel höheren Herzminutenvolumens von Intensivpatienten, des durch
Kapillarleck veränderten Verteilungsvolumens und der aufgrund der Hypalbuminämie veränderten
Plasmaeiweißbindung sind die Antibiotikaspiegel in der Intensivtherapie häufig reduziert.
Es soll immer entsprechend der maximalen empfohlenen Dosis therapiert werden; Spiegelbestimmungen
sind, wenn vorhanden (Aminoglykoside, Glykopeptide, Voriconazol) empfohlen. Mit modernen,
auf der Intensivstation verfügbaren Dialyseverfahren werden die meisten Antibiotika
annähernd normal eliminiert. Dosisreduktionen, wie bei chronischer Hämodialyse empfohlen,
sind daher in der Regel nicht notwendig. Zunehmend werden mehr Untersuchungen zur
Dosierung unter Intensivbedingungen publiziert, an denen man sich orientieren sollte.
Spezifische Impfungen für die wichtigsten HAP/VAP-Erreger gibt es bisher nicht. Pseudomonas-
und Staphylokokkenimpstoffe befinden sich jedoch zurzeit in klinischen Studien der
Phase II/III.
Seit einem Jahrzehnt gibt es erstmals wieder wesentliche Antibiotika- (und Antimykotika-)
Neuentwicklungen. Ceftobiprol [4], ein dem Ceftazidim im Wirkungsspektrum ähnliches,
jedoch MRSA-wirksames Fünftgenerationscephalosporin ist seit 30.09.2014 in Deutschland
erhältlich.
Mit Tedizolid, einem dem Linezolid ähnlichen Oxazolidinon mit deutlich höherer Bakterizidie,
dem Betalaktamaseinhibitor Avibactam, der gegen die meisten Breitspektrumbetalaktamasen
und Carbapenemasen aktiv ist, und dem gegenüber Pseudomonas extrem wirksamen Ceftolozane
befinden sich Antibiotika mit neuem Wirkmechanismus in Phase-III-Zulassungsstudien.
Bei den Antimykotika wird das bereits oral verfügbare Aspergillus- und Mukor-aktive
Posaconazol noch dieses Jahr als intravenöse Zubereitung erhältlich sein. Mit Isavuconazol
befindet sich eine weitere Substanz im Zulassungsverfahren.