Bericht aus der Herbsttagung der Bundesdirektorenkonferenz (BDK) im Inn-Salzach-Klinikum
in Wasserburg am Inn vom 24. – 25.10.2013
Die Herbsttagung war wie immer aufgeteilt in einen wissenschaftlichen Teil am Donnerstag
und eher verbandsorientierte Themen am Freitag. Der ärztliche Direktor des gastgebenden
Inn-Salzach-Klinikums Prof. Dr. Laux nahm letztmalig an der Bundesdirektorenkonferenz
teil, da er in Kürze in den wohlverdienten Ruhestand geht. Als Leiter des Arbeitskreises
Forschung und Wissenschaft war er viele Jahre maßgeblich in den Gremien der BDK tätig
und wurde mit großem Dank und hoher Anerkennung aus dieser Runde verabschiedet.
Der wissenschaftliche Teil stand unter der Überschrift „Grundlagen evidenzbasierter
Medizin in der stationären Psychiatrie“. Ziel war es, die relevanten Säulen der Behandlung
in unserem Fachgebiet auf ihre Fundierung in der evidenzbasierten Medizin zu prüfen
und zugleich diese Methode selbst in ihrer Aussagefähigkeit für die in der Psychiatrie
durchgeführten Behandlungskonzepte kritisch zu hinterfragen.
Für die psychosozialen Therapien übernahm diese Aufgabe Prof. Dr. Thomas Becker aus
Günzburg, zentraler Autor der S3-Leitlinien psychosoziale Therapien der DGPPN. Er
wies darauf hin, dass es in diesem Feld wenig positive Ergebnisse gibt. Der Nachweis
von spezifischen Effekten einer psychosozialen Maßnahme ist aus methodischen Gründen
sehr schwierig. Hinzu kommt die nur eingeschränkte Übertragbarkeit von Ergebnissen
aus unterschiedlichen Ländern und Kulturregionen angesichts der Abhängigkeit vom Versorgungssystem.
Prof. Dr. Schnyder aus Zürich nahm den Ball auf für die Psychotherapieverfahren und
verwies auch hier auf die Probleme einer spezifischen Forschungsmethodik, die der
einzelnen Maßnahme gerecht wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die gut beschriebenen
Verfahren und Manuale in der Praxis nur selten in dieser Form angewandt werden. Wichtig
war ihm der Hinweis, dass Evidence-based medicine grundsätzlich vergangenheitsorientiert
ist, nur aus der Erfahrung lebt und nichts Neues hervorbringen kann. Innovative Ansätze
müssten immer parallel entwickelt werden. Konkret gefordert wurde von ihm die Untersuchung
von Kurzzeittherapien im deutschen Versorgungssystem.
Prof. Dr. Gründer aus Aachen widmete sich der Evidenzbasierung der Pharmakotherapie,
verband dies mit einer ausführlichen kritischen Würdigung der Thematik von Interessenkonflikten
zwischen Wissenschaft und Pharmaindustrie, um dann auf die Vorläufigkeit von Erkenntnissen
im Bereich der Pharmakotherapie anhand verschiedener Beispiele einzugehen.
In der Podiumsdiskussion, auch gefördert durch die ergänzenden Beiträge der Vertreter
der Angehörigen- und Betroffenenorganisationen, ging es vor allem um das Spannungsfeld
zwischen evidenzbasierter Medizin und dem Konzept des Shared decision making. Einigkeit
bestand, dass evidenzbasierte Medizin mit ihren Erkenntnissen als Wissenshintergrund
beim Therapeuten von großer Bedeutung ist, der mit dem Patienten ausgehandelte Therapieplan
davon jedoch im Einzelfall auch deutlich abweichen kann.
Der Verbandsteil war geprägt von den beiden Themen PEPP und MWBO: Es besteht gespannte
Erwartung, inwieweit durch Einflussnahme auf die Koalitionsvereinbarungen noch Korrekturen
am PEPP-System möglich sind. Sehr intensiv und z. T. kontrovers wurde die Musterweiterbildungsordnung
diskutiert. Deutlich wurde der starke Wunsch der klinisch Verantwortlichen nach einer
neuen Weiterbildungsstruktur im Sinne eines Common-trunk-Modells, das im Einzelnen
noch durchzudeklinieren wäre. Gewünscht wird in diesem Zusammenhang dringend die Einbindung
des Facharztes für Psychosomatik und Psychotherapie in eine gemeinsame „Psycho-Facharztstruktur“.
Falls dies nicht gelingen sollte, wird nahezu einstimmig eine Verlängerung des jetzigen
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie um ein Jahr (mit der vorgesehenen massiven
Vermehrung der zu vermittelnden Inhalte und der dahinter liegenden Stundenzahl) sehr
kritisch bewertet. Das Thema wird bei der Frühjahrstagung wieder aufgegriffen.
Dargestellt wurden Ergebnisse von Umfragen, insbesondere für den Bereich Psychotherapie.
Diese können auf der Website der BDK nachgelesen werden. Neu gegründet wurde die Arbeitsgruppe
Psychotherapie unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. Schuld, Ingolstadt. Ziel ist die Bündelung
und Zusammenstellung von psychotherapeutischen Maßnahmen für den klinischen Alltag
in der Versorgungspsychiatrie. Details sind der Website der Arbeitsgruppe zu entnehmen.
Mit großer Anerkennung und Dank für die langjährige, hervorragende Zusammenarbeit
wurde Herr Joachim Hübner, scheidender Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft
der Träger psychiatrischer Krankenhäuser aus der Runde der BDK verabschiedet. Herr
Hübner hat über acht Jahre maßgeblich zu der guten Zusammenarbeit und dem gemeinsamen
Wirken in die politischen Gremien beigetragen. Hervorgehoben wurde seine stets besonnene
und doch sehr klare Haltung zu Fragen der psychiatrischen Versorgung. Begrüßt wurde
seine Nachfolgerin Frau Dr. Borrmann-Hassenbach.
Die aktuellen Informationen zu den Arbeitsgruppen sind der Website der BDK zu entnehmen.
Prof. Dr. Gerhard Längle, Tübingen/Bad Schussenried
Termine
Jahrestagung Arbeitskreis Sucht der BDK 23./24. Januar 2014 in Regensburg
Frühjahrstagung der BDK 3./4. April 2014 in Neuss.