Bericht über die Frühjahrstagung der Bundesdirektorenkonferenz:
„Zukünftige Berufsbilder der Psychosozialen Medizin“
            Im Fokus der Frühjahrstagung in Neuss stand die Reflexion der Rolle einiger an der
               Versorgung psychisch Kranker beteiligten Berufsgruppen. Eingebunden waren dabei Vertreter
               der verschiedenen Facharztgruppen, der psychologischen Psychotherapeuten, der Pflegekräfte
               aber auch der Klinikmanager. Parallel dazu wurden die Erwartungen von Patienten und
               Angehörigen an die „Profis der Zukunft“ formuliert.
          
         
         Kernaussagen zur Zukunft
            
               Prof. Dr. Maier, Präsident der DGPPN, skizzierte das zukünftige Berufsbild des Hochschullehrers für
               Psychiatrie und Psychotherapie. Die Erwartung an Hochschullehrer bleibe dem Bestehenden
               nahe: sie seien gleichermaßen zuständig für Forschung, Lehre und Krankenversorgung.
               Der Anteil der Forschungsgelder, die für Psychiatrie- und Psychotherapieforschung
               ausgegeben werden, habe sich in den vergangenen Jahrzehnten erfreulicherweise deutlich
               vergrößert. Mäßig ausgeprägt sei noch der Bereich der Versorgungsforschung.
            
               Prof. Dr. Richter, Vorsitzender der Bundespsychotherapeutenkammer, beschrieb die zahlenmäßig bedeutende
               Rolle der psychologischen Psychotherapeuten. Dennoch gelte: „Der Bedarf an Psychotherapie
               ist nicht gedeckt“. Ein weiterer Ausbau der Strukturen sei notwendig. Aufbauend auf
               dem Psychotherapeutengesetz von 1998 gelte es jetzt, neue Funktionen auch rechtlich
               zu verankern. Die künftige Rolle des psychologischen Psychotherapeuten sei der „Experte
               für alle Belange der psychischen Gesundheit“. Erwartungsgemäß gab es hierzu eine rege
               und kontroverse Diskussion.
            Die gemeinsamen Interessen an einer guten Versorgung aller psychisch Kranken betonte
               Prof. Dr. Gündel, Lehrstuhlinhaber für Psychosomatische Medizin an der Universität Ulm. Er sehe klar
               umrissene Aufgabenbereiche für die Psychosomatik sowie eine gewisse Überschneidung
               zum Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie, aber keinen grundsätzlichen Dissens
               in der gemeinsamen Versorgungsaufgabe. Eine neue Herausforderung sei dabei der Bereich
               der Prävention.
            
               Prof. Dr. Beine, Vorsitzender der ackpa, stellte die „regionale Pflichtversorgung als Basis von Allem“
               in das Zentrum seiner Betrachtung. Er forderte mehr alltagsbezogene Versorgungsforschung
               ein, parallel dazu die Konzentration aller Bemühungen auf die Pflichtversorgung der
               schwer psychisch kranken Menschen, die derzeit nicht realisiert sei.
            
               Holger Höhmann als Vorsitzender des Verbandes der Krankenhausdirektoren beleuchtete die Aufgaben
               im Krankenhausmanagement, die er als komplementär zum fachpsychiatrischen Auftrag
               sieht. Er betonte die Problematik in der Steuerung komplexer Systeme wie der einer
               umfassenden und sektorenübergreifenden Versorgung, eine zentrale Aufgabe auch des
               Managements.
            
               Heinz Lepper, Vorsitzender der Bundespflegedirektoren, konzentrierte sich auf die Aufgaben der
               Pflege außerhalb des gewohnten Kontextes einer Station. Neue Selbstständigkeit, gestiegene
               Verantwortung im Rahmen von Hausbesuchen u. Ä. stellten die Berufsgruppe vor neue
               Herausforderungen. In der Diskussion zur stationären Tätigkeit wurde die Diversifizierung
               der Pflege als Zukunftsszenario bedacht, Chancen und Risiken abgewogen.
            Nach Gudrun Schliebener vom Bundesvorstand der Angehörigen sind die Erwartungen der Angehörigen an die Zukunft
               die bereits in der Psychiatrieenquete niedergelegten: eine gemeindenahe, bedarfsgerechte,
               umfassende und gut koordinierte Versorgung, die eine Gleichstellung psychisch und
               somatisch Kranker sichert. Aus ihrer Sicht ist nicht die Zahl der Einrichtungen entscheidend,
               sondern deren Grad an Vernetzung. Ohne rasche Antwort blieb ihre Frage, was denn –
               im Kontext der Behindertenrechtskonvention – Barrierefreiheit für psychisch kranke
               Menschen bedeute.
            
               Brigitte Richter vom Verein Pandora, Autorin der Petition zum PEPP, beschrieb ihre Erwartungen an
               die Profis ähnlich zeitlos: Entscheidend sei, den Patienten als Menschen zu sehen,
               ihn in seiner ganzen Person in den Blick zu nehmen und zu respektieren. Niemand dürfe
               aufgegeben werden, da Prognosekriterien nicht existierten und nur so gemeinsam die
               Hoffnung auf Besserung erhalten werden könne. Sie forderte die professionellen Helfer
               auf, mutig zu sein: Die Profis seien als Lobbyisten für die Psychiatrie gefragt und
               gefordert. Nur gemeinsam könne es gelingen, ein besseres Versorgungssystem zu erreichen.
            Der zweite Teil der Tagung umfasste die Mitgliederversammlung. Vorgestellt wurde der
               aktuelle Entwicklungsstand des Entgeltsystems und die darauf bezogenen Maßnahmen,
               wie die aktuelle Abstimmung zwischen den Psych-Verbänden, die Kontroversen mit der
               Bundestherapeutenkammer und die verschiedenen Ebenen der Diskussion mit dem GBA und
               den Vertretern der Politik. Beschlossen wurde die Einsetzung einer Arbeitsgruppe,
               die sich intensiv mit dem Entwurf der Weiterbildungsordnung beschäftigt und die relevanten
               Anliegen der klinisch Verantwortlichen zusammenträgt. Als Eckpunkt wurde bereits die
               Beibehaltung der 5-jährigen Weiterbildungsdauer fixiert.
            Vorgestellt wurde eine von der BDK in Auftrag gegebene Synopse der Unterbringungsgesetze
               der Länder mit einem Focus auf den Regelungen zur Zwangsbehandlung. Die unter einer
               Reihe von Schlagworten geordneten gesetzlichen Regelungen sind im Mitgliederbereich
               der Homepage der BDK einzusehen.
            Dank für die gute Organisation und den anregenden Rahmen der Tagung gebührt den Verantwortlichen
               der Augustinus Fachkliniken.
            Prof. Dr. G. Längle
            Mitglied des Vorstandes der BDK