Das grampositive und sporenbildende Stäbchenbakterium Clostridium difficile gilt derzeit als wichtigster Erreger nosokomialer Infektionen. Die Sporen des 1945
entdeckten Bakteriums werden aus der Umgebung aufgenommen. Ist die natürliche Darmflora
in Mitleidenschaft gezogen, können die Sporen zu vegetativen Zellen auswachsen und
den Darm besiedeln. Die von ihnen produzierten Toxine lösen eine Diarrhö aus. Setzt
ein hospitalisierter Patient pro Tag mehr als 3 ungeformte Stühle ab, muss eine Clostridium difficile-Infektion (CDI) in Erwägung gezogen werden, unterstrich Prof. Nicola Petrosillo,
Rom, auf dem 40. EBMT-Kongress in Mailand.
Massive Zunahme der Clostridium difficile-Infektionen in Europa
Dass es sich bei den CDI um eine medizinische Herausforderung handelt, zeigt allein
schon deren Häufigkeit. Sie ist in Europa in den 5 Jahren zwischen 2008 und 2013 um
50 % angestiegen [
1
]. Die Angaben über die Mortalität schwanken zwischen 3 und 30 %. Die 30-Tage-Sterblichkeit
wurde mit durchschnittlich 16 % ermittelt [
2
]. Inzwischen sind Infektionen mit Clostridium difficile rund doppelt so häufig wie MRSA-Infektionen [
3
]. Betroffen sind vor allem ältere Patienten und solche mit schweren Grundleiden,
die das Immunsystem schwächen [
4
].
Weitere Risikofaktoren sind wiederholte und längere Krankenhausaufenthalte sowie onkologische
Erkrankungen. Hier nannte Petrosillo in erster Linie Patienten mit hämatopoietischer
Stammzelltransplantation (HSCT). Nach autologer Transplantation dauert es 6,5, nach
allogener rund 30 Tage, bis sich die CDI manifestiert [
5
]. Ohne diese Infektion sind die Überlebenschancen nach HSCT signifikant höher. Antibiotika
gelten als Hauptauslöser. Auch die Behandlung mit Immunsuppressiva kann dieser Infektion
Vorschub leisten. Nicht zuletzt belastet eine CDI das Gesundheitssystem mit immensen
Kosten. Sie werden verursacht durch Isolation der Patienten, verlängerte Liegezeit,
Dekontamination der Umgebung und notwendige Therapien.
Das Hauptproblem der Clostridium difficile-Infektionen bzw. der Clostridium difficile-assoziierten Diarrhö ist die hohe Rezidivrate. Zwar lassen sich mit Metronidazol
und Vancomycin zunächst hohe Heilungsraten erzielen, doch treten nach der Therapie
bei einem Viertel der Patienten Rezidive auf. Diese hohe Rate lässt sich jetzt dank
Fidaxomicin (Dificlir™), dem ersten Vertreter der Makrozyklin-Antibiotika, signifikant
eindämmen [
6
].
(Bild: Thieme Verlagsgruppe; P. Blafield)
Fidaxomicin dämmt die Rezidivrate ein
Den Beweis dafür lieferten die 2 Phase-III-Zulassungsstudien mit 596 bzw. 509 auswertbaren
Patienten [
7
], [
8
]. Eingeschlossen waren knapp 40 % bzw. 35 % mit initial schwerer Erkrankung. Sie
war definiert als 10 und mehr ungeformte Stühle innerhalb von 24 Stunden oder eine
Leukozytose von mehr als 15,001/µl. Primärer Endpunkt beider Studien war die klinische
Heilung. Sie lag dann vor, wenn 2 Tage nach Ende der Studienmedikation keine weitere
CDI-Therapie mehr erforderlich war. In der ersten Zulassungsstudie betrug die primäre
Heilungsrate 92,1 % unter Fidaxomicin und 89,8 % unter Vancomycin. In der zweiten
Studie wurde unter Fidaxomicin eine Heilungsrate von 91,7 % und unter Vancomycin von
90,6 % erreicht. Bei den Patienten mit initial schwerer Erkrankung lagen die Heilungsraten
bei 75,6 % unter Fidaxomicin und bei 75 % unter Vancomycin.
Als sekundärer Endpunkt beider Studien fungierte die Rezidivrate innerhalb eines Monats
nach Ende der Behandlung. Sie betrug in der ersten Studie 15 % in der Fidaxomicin-Gruppe
und 25 % in der Vancomycin-Gruppe. In der zweiten Studie fielen die Zahlen nahezu
identisch aus. Die Untersuchungen stellen demnach klar unter Beweis, dass das Makrozyklin
in puncto Wirksamkeit dem Vancomycin zumindest ebenbürtig ist und darüber hinaus die
Häufigkeit von Rückfällen gegenüber Vancomycin signifikant senkt. Speziell die innerhalb
von 2 Wochen nach Therapieende auftretenden Frührezidive wurden dank Fidaxomicin deutlich
seltener.
Die signifikanten Vorteile des Makrozyklins wurden auch in einer Subgruppen-Analyse
mit onkologischen Patienten bestätigt. Sie profitieren besonders stark von Fidaxomicin
[
9
]. Daher sah sich die Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie
(AGIHO) veranlasst, Fidaxomicin mit einer A-1-Empfehlung in die Leitlinien zur Therapie
gastrointestinaler Infektionen bei Krebspatienten aufzunehmen, konstatierte Georg
Maschmeyer, Potsdam [
10
].
ESCMID-Leitlinien empfehlen Fidaxomicin
Auch die European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID)
hat angesichts der überzeugenden Datenlage ihre Leitlinien zur Therapie der CDI aktualisiert.
Diese Leitlinien empfehlen Fidaxomicin für sämtliche CDI-Patienten, die sich für die
orale Gabe von Antibiotika eignen. Vor allem bei Patienten mit Rezidivrisiko, erstem
Rezidiv und multiplen CDI-Rezidiven gilt Fidaxomicin als First-Line-Therapeutikum
[
11
].
Karl B. Filip, Landsberg am Lech
Quelle: Symposium „Viewpoints on the management of infectious complications“ anlässlich
des 40th Annual Meeting of the European Society for Blood and Marrow Transplantation
(EBMT) am 30. März 2014 in Mailand, Veranstalter: Astellas Pharma GmbH, München.
Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Astellas Pharma.
Der Autor ist freier Journalist.