Einleitung
Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine Volkskrankheit und gehört
weltweit zu den häufigsten Erkrankungen und wird nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation
bis 2020 die dritthäufigste Todesursache weltweit sein [1]
[2]. Wie Recherchen für das Weißbuch Lunge 2014 verdeutlichen, liegt die Prävalenz der
Erkrankung weltweit zwischen 1,3 % und 13,2 %, wobei wir für Deutschland eine von
7,7 % annehmen [3]
[4]. Die COPD ist eine chronische Lungenerkrankung, die typischerweise progredient verläuft
und durch ein schlechtes Therapieansprechen charakterisiert ist. Typische erkrankungsspezifische
Komplikationen sind das Lungenemphysem und ein Cor pulmonale, die in fortgeschrittenen
Erkrankungsstadien zu einer respiratorischen Insuffizienz führen. Die Therapie umfasst
nicht-pharmakologische (Tabakrauchentwöhnung, Patientenschulung, Rehabilitation, in
schweren Fällen eine Langzeitsauerstoff- und/oder nicht-invasive Heimbeatmungstherapie)
und pharmakologische Therapiemaßnahmen [5]. Für die medikamentöse Therapie stehen kurz- und langwirksame bronchodilatative
und antiinflammatorische Medikamente zur Verfügung. Die Bronchodilatatoren können
einzeln oder in Kombination gegeben werden, während die antiinflammatorischen Substanzen
nur zusammen mit einem Bronchodilatator anzuwenden sind. Ziele der Pharmakotherapie
sind:
-
die Verbesserung der Lebensqualität,
-
Senkung der typischen Symptome (insbesondere von Dyspnoe, Husten und Auswurf),
-
Senkung der Exazerbationsrate und -schwere sowie
-
Verbesserung der Lungenfunktion.
Die Senkung der Letalität ist dagegen noch keinem Medikament gelungen.
Nachdem es viele Jahre kaum Neuentwicklungen gab, erleben wir derzeit, angefangen
von neuen Substanzen über neue Fix-Kombinationen und neuen Inhalern bis zu aufregenden
nicht-pharmakologischen Behandlungsmöglichkeiten des Lungenemphysems, ein wahres Feuerwerk
an Neuentwicklungen. Vor allem die vielen neuen Medikamente und die häufig mit ihnen
assoziierte Entwicklung neuer Inhaler werden wahrscheinlich mehr zu einer Verwirrung
in der täglichen Praxis führen, als dass sie eine real umsetzbare Bereicherung und
bessere Differenzierung in der Betreuung unserer Patienten ermöglichen werden. Sozusagen
als Wegweiser, um sich in diesem Dschungel ein wenig besser zurechtzufinden, werden
in dieser Übersicht neue Medikamente zusammen mit ihren Applikationsformen besprochen,
die in den letzten 4 Jahren auf den Markt kamen. [Tab. 1] zeigt darüber hinaus eine Übersicht von Präparaten, die in einem anderen Land (z. B.
einem anderen europäischen Land oder in den USA) für die COPD zugelassen wurden und
die wahrscheinlich auch in Deutschland eingeführt werden bzw. 2014 bei uns eingeführt
wurden. Zudem wird ein Ausblick auf diejenigen Substanzen gegeben, die derzeit in
Phase III-Studien evaluiert werden und daher in Kürze Marktreife erlangen könnten.
Tab. 1
COPD-Medikamente, die 2014 die Marktzulassung erhalten haben oder aufgrund einer Zulassung
in einem anderen Land (z. B. durch die FDA in den USA) wahrscheinlich auch in Deutschland
in Kürze zugelassen werden. LABA = Langwirksames β2-Mimetikum, LAMA = Langwirksames
Anticholinergikum (long acting muscarinic antagonist), ICS = Inhalatives Kortikosteroid
(inalative corticosteroid), GSK = GlaxoSmithKline.
Wirkstoff bzw. Wirkstoffkombination
|
Arzneimittelname
|
Inhalatorname
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Hersteller
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Bemerkung
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Salmeterol/Fluticasonpropionat (LABA/ICS)
|
Airflusal®
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Forspiro®
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Hexal
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Hybridgenerikum zu Viani®/atmadisc®
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Vilanterol/Umeclidiniumbromid (LABA/LAMA)
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Anoro®/Laventair®
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Ellipta®
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GSK
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Neuentwicklung
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Formoterol/Budesonid (LABA/ICS)
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DuoResp®/BiResp®
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Spiromax®
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TEVA
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Hybridgenerikum zu Symbicort®
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Formoterol/Beclomethasonpropionat (LABA/ICS)
|
Foster®
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Nexthaler®
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Chiesi
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Indikationserweiterung
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Umeclidiniumbromid (LAMA)
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Incruse®
|
Ellipta®
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GSK
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Neuentwicklung
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Vilanterol/Fluticasonfuroat (24h-LABA/ICS)
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Relvar®
|
Ellipta®
|
GSK
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Neuentwicklung
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Olodaterol (LABA)
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Striverdi®
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Respimat®
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Boehringer Ingelheim
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Neuentwicklung
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Indacaterol/Glycopyrroniumbromid (LABA/LAMA)
|
Ultibro®
|
Breezhaler®
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Novartis
|
Neuentwicklung
|
Hemmung der Phosphodiesterase-4
Hemmung der Phosphodiesterase-4
Roflumilast ist das einzige in Deutschland in der Gruppe der Phosphodiesterase-4 (PDE-4)-Hemmer
zugelassene Medikament und kam 2010 auf den Markt. Die antientzündliche Wirkung wird
über eine Erhöhung des zellulären cAMP (Adenosinmonophosphat)-Spiegels erreicht. Die
Wirkung setzt daher erst allmählich ein. Studien, mit symptomatischen Patienten mit
schwerer und sehr schwerer COPD, die an Husten und Auswurf litten, belegen, dass die
Hauptwirkung des Roflumilast (500 µg als Tablette) in der Senkung einer vormals erhöhten
Exazerbationsrate sowie der Rate an moderaten bis schweren Exazerbationen und in einer
lediglich geringen, aber klinisch nicht relevanten Verbesserung der Lungenfunktion
(FEV1) besteht. Roflumilast wirkt additiv in der Co-Medikation mit Salmeterol oder
Tiotropiumbromid [6]
[7]. In allen Studien traten im Placebovergleich in den Roflumilastgruppen vermehrt
Übelkeit, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust und Kopfschmerzen auf. Derzeit werden aber
weitere Roflumilaststudien durchgeführt ([Tab. 2]), neue PDE4-Hemmer entwickelt, und es wurden auch schon erfolgreich topische Applikationen
getestet, bei denen die o. g. Nebenwirkungen nicht gehäuft auftraten [8]
[9]. Vielleicht liegt die Zukunft auch in der Schaffung von Hybridmolekülen, wie z. B.
dem GS-5759, das sowohl eine β2-mimetische als auch eine PDE4-inhibitorische Eigenschaft
besitzt [10]. Somit sind für die mittelbare und nicht mehr allzu ferne Zukunft Neuentwicklungen
auch in dieser Medikamentengruppe zu erwarten.
Tab. 2
Aktuelle Placebo-kontrollierte COPD-Pharmastudien mit neuen Substanzen oder Substanzkombinationen
entsprechend Studienregister www.clinicaltrials.gov, die aktuell rekrutieren. Ausgeschlossen wurden alle nicht-pharmakologischen Studien,
wie z. B. Ernährungs- oder Rehabilitationsstudien. Studien, die sich inhaltlich überlappen,
wurden zusammengezogen. Suche am 29. 04. 2014. Suchwörter: COPD, placebo-controlled,
adults, industry, phase 2 – 3, recruiting. k. A. = keine Angabe, Zst.n. = Zustand
nach, Tb = Tuberkulose, DPI = Trockenpulverinhalator.
Substanz
|
Wirkungsweise
|
Applikation
|
Phase
|
COPD-Stadien
|
ClinicalTrials.gov eingereicht
|
QBM076
|
k.A.
|
oral
|
2
|
I–III
|
24.10.2013
|
RV568
|
Kinaseinhibition
|
inhalativ
|
2
|
II + III
|
30.05.2013
|
MV130
|
multivalente Bakterienimpfung
|
sublingual
|
2 + 3
|
k.A.
|
22.04.2013
|
Glycopyrronium/Indacaterol vs. Placebo vs. Tiotropium
|
Bronchodilatation
|
inhalativ
|
3
|
I–III
|
30.05.2012
|
Stickstoffmonoxid
|
Vasodilatation
|
inhalativ
|
2
|
COPD mit pulmonaler Hypertension
|
13.11.2012
|
Indacaterol/Glycopyrronium
|
Bronchodilatation
|
inhalativ
|
3
|
II + III
|
19.10.2012 und 28.09.2012
|
Glycopyrrolate (PT001, PT002, PT003)
|
Bronchodilatation
|
inhalativ
|
3
|
II–IV
|
13.05.2013
|
ASM-024
|
TNF-α Inhibition
|
inhalativ
|
2
|
II–III
|
10.05.2013
|
TD-4208
|
Bronchodilatation (Anticholinergikum)
|
inhalativ
|
|
IIb
|
16.01.2014
|
Fluticasonfuorat/Vilanterol
|
Entzündungshemmung und Bronchodilatation
|
inhalativ
|
3
|
I–IV
|
31.03.2011
|
Indacaterol
|
Bronchodilatation
|
inhalativ
|
3b
|
II–III mit/ Zst.n. Tuberkulose
|
25.01.2013
|
CNTO6785
|
HuCAL Antikörper
|
intravenös
|
2
|
II–III
|
17.10.2013
|
Tetomilast
|
Phosphodiesterase-4-Hemmer
|
oral
|
2
|
COPD + Lungenemphysem
|
31.03.2009
|
JNJ 49095397
|
Kinaseinhibition
|
inhalativ
|
2
|
II–III
|
30.05.2013
|
AQX-1125
|
SH2-containing inositol-5'-phosphatase 1 (SHIP1) activator
|
oral
|
2
|
II–III
|
21.09.2013
|
Roflumilast
|
Phosphodiesterase-4-Hemmer
|
oral
|
3
|
II–III
|
21.12.2011 und 03.10.2012
|
Beclomethason/Formoterol im Nexthaler
|
inhalatives Kortikosteroid und langwirksames β2-Mimetikum
|
inhalativ
|
2
|
II–III
|
21.12.2013
|
CHF 6001
|
Phosphodiesterase-4-Hemmer
|
inhalativ
|
2
|
II–III
|
23.08.2012
|
Fluticasonfuorate/Vilanterol
|
inhalatives Kortikosteroid und langwirksames β2-Mimetikum
|
inhalativ
|
3
|
II
|
03.02.2011 und 30.08.2012
|
Tiotropium/Olodaterol
|
inhalatives Parasympatolytikum und langwirksames β2-Mimetikum
|
inhalativ
|
2 + 3
|
III
|
14.10.2013, 07.03.2014 und 22.10.2013
|
Nebivolol
|
β-Blocker
|
oral
|
2 + 3
|
II–III
|
22.01.2013
|
Nadolol
|
β-Blocker
|
oral
|
|
II (aktive Raucher)
|
02.04.2013
|
Losmapimod
|
Hemmer der p38 mitogen-activated Proteinkinasen
|
oral
|
2
|
I–IV
|
20.02.2012
|
PEP03
|
5-Lipoxigenaseinhibitor via Hemmung der Bildung von Cysteinylleukotriene und LTB4
|
oral
|
2
|
III–IV
|
20.09.2005 (Rekrutierungsstatus unklar)
|
Alpha-1 MP
|
Alpha-1-Proteinaseinhibitor
|
intravenös
|
3
|
II–III, Lungenemphysem, erniedrigter Serum-Alpha-1-Antitrypsinspiegel
|
28.10.2013
|
Levosimendan
|
Bindung von Kalzium an myokardialkontraktiles Protein
|
intravenös
|
2 + 3
|
COPD mit künstlicher Beatmung
|
21.09.2012
|
Neue langwirksame β2-Mimetika (LABA)
Neue langwirksame β2-Mimetika (LABA)
Indacaterol wurde 2009 zur COPD-Langzeittherapie zugelassen. Es wird einmal täglich
in den Dosen 150 µg oder 300 µg angewendet. Mehrere Placebo-kontrollierte Studien
belegen die klinische Effektivität, indem es im Placebovergleich die Symptomenkontrolle,
den Dyspnoeindex und die Lebensqualität verbessert und die Exazerbationsrate senkt.
In der Dosis von 150 µg/1× pro Tag verbesserte es gegenüber Salmeterol 2 × 50 µg/Tag
die FEV1 zwischen + 60 und + 70 ml (p < 0,001), die Lebensqualität und den Dyspnoeindex
und senkte die Verbrauchsmenge der Notfallmedikation. Auch gegenüber Formoterol war
Indacaterol überlegen, während es gegenüber Tiotropium mehr oder weniger wirkungsäquivalent
war [11]
[12]. Indacaterol wird mittels des Breezhaler® inhaliert. Es ist allerdings für den Patienten wegen der hohen Zuzahlung teuer.
Olodaterol ist ein anderer langwirksamer β2-Agonist zur einmal täglichen Anwendung
bei COPD-Patienten. In Phase II-Studien wurde es auch beim Asthma untersucht. Es wurde
als weiteres 24 h-wirksames β2-Mimetikum zugelassen und 2014 in den deutschen Markt
zur COPD-Therapie (Schweregrade II–IV) eingeführt. Der bronchodilatatorische Effekt
beginnt innerhalb von Minuten und hält 24 h an. Olodaterol wird einmal pro Tag über
dem Respimat®-Inhaler inhaliert [13].
Beim Vilanterol handelt es sich um ein Derivat des Salmeterols, das allerdings nur
einmal pro Tag inhaliert werden muss. Derzeit steht es als Kombinationspartner mit
Umeclidinium zur Verfügung und ist zusammen mit Fluticasonfuorat als Fix-Kombinationspräparat
zur Therapie der COPD und des Asthmas zugelassen (s. u.). Von Carmoterol wurden noch
keine größeren Studien publiziert.
Neue langwirksame Anticholinergika (LAMA)
Neue langwirksame Anticholinergika (LAMA)
Aclidinium und Glycopyrronium sind zwei neuere inhalative Anticholinergika, die beide
2012 für die COPD-Therapie zugelassen wurden, womit sich die Möglichkeiten, nach vielen
Jahren der Tiotropiumdominanz die Patienten mit einem anderen Anticholinergikum zu
therapieren, erweitern. Die bronchodilatative Wirkung wird durch eine Inhibition der
M1- und M3-Rezeptoren erreicht.
Glycopyrronium braucht nur einmal pro Tag inhalativ angewendet werden und wird mit
dem Breezhaler® appliziert, der pro Hub 44 µg abgibt. Im GLOW-Studienprogramm wurde Glycopyrronium
bei moderat- bis schwerkranken COPD-Patienten gegen Placebo und Tiotropium evaluiert.
Primäre Endpunkte waren entweder die Verbesserung der FEV1 oder der physischen Leistung.
Das Studienprogramm zeigt, dass Glycopyrronium die Lungenfunktion, die physische Leistungsfähigkeit
und den allgemeinen Gesundheitsstatus zu verbessern vermag und den Dyspnoeindex sowie
das Exazerbationsrisiko senkt. Diese Effekte waren in den durchgeführten Vergleichsstudien
(non-inferiority Design) mit Tiotropium äquivalent [14]
[17].
Bei leichter bis moderater COPD verbesserte auch Aclidinium (200 µg pro Anwendung),
das inhalativ über den Genuair®-Inhaler 2×/Tag angewendet wird, gegenüber Placebo die FEV1, die Lebensqualität und
den Peak-Flow und verlängerte die Zeit bis zur ersten Exazerbation. Die Nebenwirkungsrate
lag dabei sogar etwas unter der in der Placebogruppe. Im Vergleich zu Tiotropium war
die zweimal tägliche Gabe von Aclidinium (400 µg/Hub) in Bezug auf die FEV1 und den
Symptomenscore vergleichbar effektiv. In Studien errechnete sich bei Aclidinium ein
Vorteil bei den von Patienten angegebenen früh morgendlichen Symptomen, wie z. B.
Husten, Auswurf oder Kurzatmigkeit [18]
[19]
[20].
LABA/LAMA-Fix-Kombination
LABA/LAMA-Fix-Kombination
Die Kombination eines LABAs mit einem LAMA wird in allen COPD-Leitlinien zur Therapie
der moderaten und schweren COPD empfohlen [5]
[21]. Die Blockade der muskarinischen und Aktivierung der β2-Rezeptoren führt zu einer
besseren FEV1-Steigerung und einer größeren Senkung der Exazerbationsrate und -schwere
als die alleinige Rezeptorblockade resp. -aktivierung [22]
[23]. Im letzten Jahr ist das erste Fix-Kombinationspräparat für die einmal tägliche
Gabe auf den Markt gekommen, das Indacaterol (110 µg) und Glycopyrronium (50 µg) enthält
und mittels des neuen Trockenpulverinhalators Breezhaler® appliziert wird [24]. Die SPARK-Studie zeigte an 741 Patienten, dass die Fix-Kombination die Exazerbationsrate
(primärer Ergebnisparameter) gegenüber der Glycopyrronium- (p = 0,0012) und der Tiotropium-
(0,0017) Monotherapie signifikant senken und die FEV1 steigern (p < 0,0001) konnte.
Die Senkung der jährlichen Exazerbationsrate zwischen der Kombination und Glycopyrronium
betrugen 12 % und 10 % gegenüber Tiotropium. Das Risiko, eine Exazerbation zu erleiden,
betrug im Vergleich Kombination vs. Glycopyrronium 0,85, vs. Tiotropium 0,86 und im
Vergleich der Monotherapien untereinander 1,01. Zudem verbesserte sich die Lebensqualität
[25]
[26]. Bezüglich der Nebenwirkungsrate einschließlich der schweren unerwünschten Ereignisse
unterschieden sich alle drei Behandlungsgruppen nicht.
2014 wurde für die COPD-Therapie die Umeclidinium/Vilanterol (62,5/25 µg)-Fixkombination
in Deutschland eingeführt. Sie wird einmal pro Tag über den Trockenpulverinhalator
Ellipta® appliziert. Die Kombination ist ihren Einzelsubstanzen und auch der Tiotropiummonotherapie
(18 µg) in Bezug auf die FEV1-Verbesserung überlegen. Im Placebovergleich betrug die
FEV1-Steigerung ca. 230 ml [33]
[34]
[35]
[36].
Neue ICS/LABA-Fix-Kombinationen
Neue ICS/LABA-Fix-Kombinationen
Die Therapie mit einem inhalativen Kortikosteroid (ICS) zusätzlich zu einem Bronchodilatator
ist bei COPD-Patienten zur Reduktion einer erhöhten Exazerbationsrate indiziert. Dies
betrifft vor allem Patienten mit den Schweregraden III und IV [5]. Der Grund für diese Empfehlung ist die durch ICS nachgewiesene Senkung der Exazerbationsrate
und des Exazerbationsrisikos, nicht jedoch die primäre Lungenfunktionsverbesserung.
Die neueste Entwicklung betrifft die Fluticasonfuorat (92 µg)/Vilanterol (22 µg)-Fix-Kombination
im Ellipta®-Inhaler [24]
[27]. Das Besondere an dieser Entwicklung ist die nur einmal am Tag nötige Inhalationstherapie.
Eine Verbesserung der Lungenfunktion im Placebovergleich, je nach Studie, von 100 ml
bis etwas über 200 ml FEV1 ist belegt. Zudem verbesserte sich der Symptomenscore und
der Dyspnoeindex, während die Exazerbationsrate und -schwere sank [28]
[29]
[30]
[31]. Diese Fix-Kombination war auch ihren Einzelkomponenten überlegen [31]. Die Einmalgabe von Fluticasonfuorat/Vilanterol war dagegen in Bezug auf die FEV1-Verbesserung
der Zweimalgabe der alten Fluticason/Salmeterol-Fix-Kombination wirkungsäquivalent
[29]. Bei dieser Kombination gibt es einen Wermutstropfen, denn trotz des exazerbationssenkenden
Effektes stieg die Inzidenz der Pneumonien und die Frakturhäufigkeit dosisabhängig
in der Fluticasonfuorat/Vilanterol-Fix-Kombination an [30]. Deswegen sollte als Standarddosis die o. g. niedrige Dosis und nicht die für die
Asthmatherapie zur Verfügung stehende höhere Dosis (184/22 µg) verordnet werden.
Zudem wurden neue ICS/LABA-Generikaprodukte für die COPD-Therapie zugelassen, nämlich
das Fluticason/Salmeterol im Elpenhaler®, ein Formoterol/Beclomethason enthaltendes Dosieraerosol, und die Budesonid/Formoterol-Fix-Kombination
im Spiromax®-Inhaler, deren jeweilige Original-Pendants sich schon seit über 10 Jahren auf dem
deutschen Markt zur Asthma- und COPD-Therapie befinden.
Blick in die unmittelbare Zukunft
Blick in die unmittelbare Zukunft
[Tab. 2] gibt einen Überblick über die derzeit durchgeführten COPD-Medikamentenstudien der
pharmazeutischen Industrie, sofern bei der Federal Drug Administration (FDA) angemeldet
(Suchkriterien siehe im Legendentext). Die Forschung ist auf die Bronchodilatation,
die Entzündungshemmung und auf die Hemmung von Elastasen fokussiert. Zudem werden
derzeit klinische Prüfungen mit weiteren Fix-Kombinationen und auch an Tripple-Fix-Kombinationen,
bestehend aus einem LABA, einem LAMA und einem ICS, durchgeführt. Eine interessante
Alternative zu der LAMA/LABA-Kombination ist die Entwicklung von Substanzen, deren
Molekül sowohl die M-Rezeptoren zu blockieren, als auch β2-Rezeptoren zu aktivieren
vermag, sozusagen einem Molekül mit doppelter Effektivität. Diese s. g. bi-funktionalen
Moleküle werden für diverse Wirkungsweisen entwickelt und können eingeteilt werden
in welche mit einer zweifachen (anticholinergen/β2-stimulierenden) bronchodilatativen,
einer bronchodilatativen/anti-inflammatorischen und einer zweifachen anti-inflammatorischen
(PDE4-Hemmung/Steroidrezeptoraktivierung) Wirkung [32].
Zu erwarten sind in naher und mittelbarer Zukunft die Marktzulassung der LABAs Olodaterol
und Vilanterol, der LAMAs Glycopyrrolate und Umeclidinium sowie der Fix-Kombinationen
Olodaterol/Tiotropium, Formoterol/Glycopyrrolate, Formoterol/Aclidinium und Indacaterol/Mometason
([Tab. 1]). Olodaterol, das für den Respimat®-Inhaler entwickelt wurde, ist für die COPD-Therapie in Kanada und Russland zugelassen
und zur Marktzulassung u. a. auch in den USA (FDA) und in Europa (European Medicines
Agency = EMA) eingereicht worden [13].
Fazit
Nach einer langen Zeit, in der sich in Bezug auf die COPD-Therapie nicht viel getan
hat und der Focus auf der Behandlung des Asthmas lag, wird der Mark aktuell mit a)
neuen Medikamenten, b) neuen Medikamentenkombinationen und c) neuen Inhalationssystemen
förmlich überschwemmt. Diese Übersicht gibt einen Überblick über die gegenwärtigen,
überaus spannenden Entwicklungen. In der Praxis wird diese Fülle an Neuentwicklungen
beim behandelnden Arzt zu einer Verunsicherung führen. Die Gründe liegen nicht nur
in der schieren Fülle der Markt-Neueinführungen, sondern auch daran, dass es selbst
für den Spezialisten und natürlich auch für die Hersteller schwierig sein wird, die
Vorteile und die Nachteile der einzelnen Produkte voneinander abzugrenzen und darüber
hinaus zu entscheiden, für welche Patienten welches Produkt am sinnvollsten ist. Häufig
sind nämlich „nur“ non-inferiority (nicht-Überlegenheits)-Studien durchgeführt worden,
die lediglich eine Wirkungsgleichheit belegen. Dass zunehmend auch Generika auf den
Markt drängen und dies mit eigenen Inhalertypen, macht die Situation nicht einfacher.
In dieser Übersicht wurde versucht, die Marktneulinge entsprechend ihres Wirkprinzips
zu gruppieren, kurz zu bewerten und, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben,
einen kleinen Ausblick auf die mittelbare Zukunft zu geben.