Beim inoperablem nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) ist die Prognose auch
bei der Radiochemotherapie weiterhin schlecht. Ob eine gegen das Krebsantigen MUC1
gerichtete Immuntherapie mit Tecemotide die Prognose verbessern kann, hat die internationale
Forschergruppe um Charles Butts nun untersucht.
Lancet Oncology 2014; 15: 59–68
An der randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie START (stimulating targeted
antigenic Response to non-small-cell lung cancer) nahmen weltweit Patienten mit nicht
resezierbarem NSCLC teil, die in den 4–12 Wochen vor Studienbeginn eine Radiochemotherapie
abgeschlossen hatten und auf diese Behandlung hin eine Stabilisierung ihrer Erkrankung
oder ein Ansprechen gezeigt hatten. Die Art der Vorbehandlung richtete sich nach den
Standards der jeweiligen Studienregion. So dominierte bei Patienten aus Nordamerika
und Australien z. B. die gleichzeitige Radiochemotherapie, bei denjenigen aus Osteuropa
ein sequenzielles Therapieschema.
Stratifiziert nach dem Effekt der primären Therapie (stabile Erkrankung oder objektives
Ansprechen), der Art der Primärtherapie (sequenziell oder gleichzeitig) und der Studienregion
erhielten 1513 Patienten im Verhältnis von 2:1 randomisiert entweder Tecemotide (806
μg Lipopeptid pro Injektion) oder Placebo. Die Injektionen erfolgten zunächst wöchentlich
für insgesamt 8 Wochen und anschließend alle 6 Wochen bis zum Progress oder Therapieabbruch.
Als Prämedikation erhielten die Patienten der Verumgruppe vor der Tecemotide-Injektion
300 mg/m² Cyclophosphamid oder Kochsalzlösung in der Placebogruppe. Ziel der Studie
war der Nachweis eines Überlebensvorteils bei Immuntherapie gegenüber Placebo.
Studienziel nicht erreicht
247 Patienten standen für die Auswertung nicht zur Verfügung, da die Studie vorzeitig
gestoppt wurde. Der Grund: Im Rahmen einer Studie zum Einsatz von Tecemotide beim
Multiplem Myelom ein Fall einer Encephalitis aufgetreten war. Die modifizierte Intent-to-Treat-Analyse
umfasste daher nur 829 Patienten der Verumgruppe und 410 des Placeboarms. Nach dieser
Auswertung wurde der primäre Endpunkt der Studie – der Nachweis eines Überlebensvorteils
durch die Immuntherapie – nicht erreicht. Das mediane Gesamtüberleben (OS) lag bei
der Tecemotide-Behandlung bei 25,6 Monaten (95 %-Konfidenzintervall [KI] 22,5 – 29,2),
in der Placebogruppe bei 22,3 Monaten (95 %-KI 19,6 – 25,5). Das ergab eine adjustierte
Hazard Ratio (aHR) von 0,88 mit einem 95 %-KI von 0,75 – 1,03 (p = 0,123).
Subgruppe scheint zu profitieren
Ein Effekt der Immuntherapie zeigte sich allerdings bei einer Subgruppenanalyse stratifiziert
nach der Art der Primärtherapie. Bei Patienten, die gleichzeitig eine Radiochemotherapie
erhalten hatten, betrug das mediane OS unter Tecemotide 30,8 Monate (95 %-KI 25,6
– 36,8) und unter Placebo 20,6 Monate (95 %-KI 17,4–23,9; aHR=0,78, 95 %-KI 0,64–0,95;
p = 0,016). Dagegen gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Verum-
und Placebogruppe bei Patienten, die primär eine sequenzielle Radiochemotherapie erhalten
hatten (19,4 Monate [95 %-KI 17,6 – 23,1] vs. 24,6 Monate [95 %-KI 18,8 – 33,0]; aHR
= 1,12; 95%-KI 0,87 – 1,44; p = 0,38). Mit einer Häufigkeit von mehr als 2 % und einem
Grad 3 oder 4 traten bei Tecemetoide- bzw. Placebogabe folgende Nebenwirkungen auf:
Dyspnoe (5 vs. 4 %), ZNS-Metastasen (3 vs. 1 %) und Pneumonie (2 vs. 3 %). Schwere
unerwünschte Ereignisse unterschieden sich zwischen den beiden Gruppen nach Art und
Häufigkeit nicht.
Bei NSCLC-Patienten bleibt die Prognose trotz Immuntherapie, die laut Studie keinen
deutlichen Überlebensvorteil gezeigt hat, schlecht. (Bild: Oliver Knieps / Thieme
Verlagsgruppe)
Die Studie verfehlte den primären Endpunkt. Nach Meinung der Autoren profitieren möglicherweise
Patienten doch von einer Tecemotide-Erhaltungstherapie, wenn sie zuvor eine gleichzeitige
Strahlenchemotherapie erhalten hatten. Das soll nun in einer weiteren Phase-III-Studie
untersucht werden.