Neonatologie Scan 2015; 04(03): 220-221
DOI: 10.1055/s-0034-1392850
Aktuell
Schlaf-Wach-Rhythmus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schlechtes neurologisches Outcome bei Frühgeborenen mit Low-Voltage-Muster im aEEG assoziiert

Benavente-Fernández I, Lubián-López SP, Jiménez-Gómez G et al.
Low-voltage pattern and absence of sleep-wake cycles are associated with severe hemorrhage and death in very preterm infants.

Eur J Pediatr 2015;
174: 85-90
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Publication History

Publication Date:
27 August 2015 (online)

 

    Trotz aller technischen Fortschritte und einem deutlichen Rückgang der Mortalität von Neugeborenen mit sehr geringem Körpergewicht bleibt die Inzidenz von neurologischen Folgekomplikationen sowie kognitiven und motorischen Einschränkungen hoch. Der prognostische Stellenwert des amplitudenintegrierten EEG (aEEG) in den ersten 72 h wurde kürzlich in einer prospektiven Studie untersucht.

    Die gestiegene Kenntnis von der zentralnervösen Vulnerabilität des Frühgeborenen hat Strategien in der neonatalen Intensivmedizin deutlich verändert. Dies wurde auch ermöglicht durch Fortschritte im Neuroimaging. Neurophysiologische Messungen mittels Video-Elektroenzephalografie (EEG) und amplitudenintegrierter EEG (aEEG) erlauben ein Realtime-Monitoring der zerebralen Aktivität. Bei Reifgeborenen mit hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie hat sich das aEEG bereits als Prognoseparameter bewährt. Bei Frühgeborenen gehört diese Technologie noch nicht zur Routine, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. Das Hauptmerkmal von EEG-Aufzeichnungen bei Frühgeborenen ist die Diskontinuität, d. h. man beobachtet Bursts von High-Voltage-Aktivität, die sich mit Phasen von Low-Voltage-Aktivität abwechseln. Je höher das Schwangerschaftsalter bei der Geburt ist, desto mehr verschwinden die Low-Voltage-Intervalle auf dem Weg zu einem kontinuierlichen Muster. Mit dem aEEG lässt sich diese Entwicklung sehr gut dokumentieren. Veränderungen im aEEG sind nicht nur assoziiert mit der normalen Hirnreifung, sondern auch mit neurologischen Läsionen sowie der kurz- und langfristigen neurologischen Prognose.

    In einer prospektiven Beobachtungsstudie hat eine spanische Arbeitsgruppe Veränderungen im aEEG-Monitoring in den ersten 72 Lebensstunden von Frühgeborenen mit sehr niedrigem Körpergewicht untersucht und Korrelationen zu schweren neurologischen Schäden oder Tod geprüft. Eingeschlossen wurden 92 Kinder mit einem Geburtsgewicht ≤ 1500 g und/oder einem Schwangerschaftsalter ≤ 32 Wochen (im Mittel 28 Wochen). Ausgewertet wurden die aEEG-Aufzeichnungen im Hinblick auf Kontinuität, Schlaf-Wach-Zyklen, die Lower-Margin-Amplitude und die Bandbreite. Als schwere neurologische Läsionen wurden intraventrikuläre Hämorrhagien und/oder Tod analysiert.

    Eine schwere intraventrikuläre Hämorrhagie (Grad III oder intraparenchymatöse Hyperechogenität) wurde sonografisch bei 15 % der Kinder festgestellt. Insgesamt verstarben 22,8 % der Kinder, von denen mit schwerer intraventrikulärer Hämorrhagie 43 %. Von neurologischen Läsionen und/oder Tod waren 28 % der Kinder betroffen. Eine Diskontinuität war anfangs bei 87 % der Kinder zu beobachten und mit einer schlechten neurologischen Kurzzeitprognose assoziiert. Wenn das Muster in den ersten 72 h kontinuierlicher wurde, war dies ein günstiges Zeichen im Hinblick auf die neurologische Prognose.

    Bei 28,6 % der Kinder mit schwerer intraventrikulärer Hämorrhagie wurde im aEEG ein Low-Voltage-Muster gesehen. Zwischen der Low-Voltage-Aktivität und Tod bzw. neurologischen Läsionen/Tod als kombiniertem Endpunkt ergab sich eine signifikante Korrelation. Auch das Fehlen von Schlaf-Wach-Zyklen in den ersten 72 Lebensstunden war mit dem Versterben assoziiert.

    Fazit

    Frühe aEEG-Muster haben sich als prädiktiv erwiesen im Hinblick auf das neurologische Outcome von Frühgeborenen. Mit schweren Läsionen und Tod assoziiert waren v. a. Low-Voltage-Aktivität und das Fehlen von Schlaf-Wach-Zyklen. Die Entwicklung eines diskontinuierlichen aEEG-Musters zu größerer Kontinuität im Verlauf von 72 h erwies sich als negativer Prädiktor für das Auftreten einer intraventrikulären Hämorrhagie.

    MB

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    EEG eines Frühgeborenen im PCA 27 Wochen im ruhigen Schlaf. Tracé discontinue. Delta Brushes (grüner Pfeil), temporale steile Transienten (blauer Pfeil) (Bild: Jorch G, Heindorf J, Kang K-S et al. Untersuchungsmethoden – Postnatal. S.117. In: Jorch G, Hrsg. Fetoneonatale Neurologie – Erkrankungen des Nervensystems von der 20. SSW bis zum 20. Lebensmonat. Stuttgart: Thieme 2013: 96 – 146).

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    EEG eines Frühgeborenen im PCA 27 Wochen im ruhigen Schlaf. Tracé discontinue. Delta Brushes (grüner Pfeil), temporale steile Transienten (blauer Pfeil) (Bild: Jorch G, Heindorf J, Kang K-S et al. Untersuchungsmethoden – Postnatal. S.117. In: Jorch G, Hrsg. Fetoneonatale Neurologie – Erkrankungen des Nervensystems von der 20. SSW bis zum 20. Lebensmonat. Stuttgart: Thieme 2013: 96 – 146).