Einleitung und Fragestellung
Einleitung und Fragestellung
In den letzten Jahren gewinnt die exogen-allergische Alveolitis (EAA) von Enten- und
Gänsedaunenfedern, die Bettfedern-Alveolitis, zunehmend an Bedeutung [1]
[2]
[3]
[4]
[5]. Großes Aufsehen erregt aktuell eine Studie von Morell aus Barcelona, der 20 von
46 leitliniengerecht diagnostizierte idiopathische Lungenfibrosen als chronische allergische
Alveolitiden entlarvte [5]
[6]. Die EAA diagnostizierte er mit dem vollen Arsenal der EAA-Diagnostik einschließlich
Hauttest, chirurgischen Lungenbiopsien und inhalativen Provokationstests. Dabei stellte
sich heraus, dass bei der Hälfte dieser Patienten (bei 10 von 20) keine idiopathische
Lungenfibrose (IPF), sondern eine Bettfedern-Alveolitis vorlag.
Bisher galt die Bettfedern-Alveolitis als ausgesprochene Rarität. Zunächst nur beim
Rupfen von Enten und Gänsen sowie beim Sortieren von Bettfedern bei wenigen Personen
beobachtet [7]
[8]
[9], wurde erst ab den achtziger Jahren erkannt, dass Schlafen in Federbetten schon
ausreicht, erkranken zu können [1]
[10]. Dies wird als Bettfedern-Alveolitis bezeichnet [11]. Als Antigenreservoire kommen auch Winterjacken, Sofakissen und Polstermöbel in
Betracht. Da somit Enten- und Gänsefedern sehr weit verbreitet sind, lässt sich ihr
Vorkommen bei der Anamneseerhebung nicht so einfach erfragen wie der Kontakt mit einem
Ziervogel oder eine Farmerlunge bei Arbeiten mit schimmligem Heu. Deshalb hat die
Antikörperbestimmung für die Diagnostik der Bettfedern-Alveolitis eine besonders wichtige
Funktion. Nach unserer Erfahrung wird bei Vorliegen einer EAA häufig nicht an eine
Allergie gegen Enten- und Gänsefedern gedacht. Deshalb machen wir uns Gedanken, wie
die serologische Antikörperdiagnostik der Bettfedern-Alveolitis ohne große zusätzliche
Kosten verbessert werden kann.
Bei Patienten mit Hinweisen auf eine EAA, aber leerer Anamnese auf ein verdächtiges
Antigen, wird oft ein IgG-Antikörper-Suchtest auf die häufigsten EAA-Antigene (EAA-Suchtest,
EAA-Screening-Test) durchgeführt [12]. Dieser Screening-Test enthält bei uns die Federn von Taube und Wellensittich, Thermoactinomyceten
(Saccharopolyspora rectivirgula und Thermoactinomyces vulgaris) und die Schimmelpilze
Aspergillus fumigatus, Penicillium chrysogenum, Aureobasidium pullulans und Cephalosporium
acremonium (Acremonium kiliense), aber nicht die Bettfedern von Ente und Gans. Andere
Labors setzten ähnliche Suchtests ohne Bettfedern ein.
Da die Vogelfedern-Antigene untereinander verwandt sind [13]
[14] und wir im Laufe der letzten Jahre den Eindruck gewonnen haben, dass Antikörper
gegen Taube und Wellensittich häufiger und stärker positiv vorkommen als Antikörper
gegen Bettfedern, soll in diesem Beitrag geprüft werden, ob die Antikörpertests auf
Taube und Wellensittich die Bettfedern-Antikörper miterfassen. Dann brauchten nur
noch die Seren, die auf Taube und Wellensittich positiv reagieren, in einem zweiten
Ansatz auf Enten- und Gänsefedern untersucht werden. Dies würde eine Erleichterung
und Kostenersparnis der serologischen Diagnostik der Bettfedern-Alveolitis bedeuten.
Eine weitere Vereinfachung der serologischen Diagnostik könnte erfolgen, wenn sich
unser Eindruck bestätigen würde, dass stark auf Taube und/oder Wellensittich positive
Seren immer auch auf Enten- und Gänsefedern reagieren. Dann würde sich für diese Seren
sogar eine Analyse der Enten- und Gänsefedern-Antikörper erübrigen.
Material und Methoden
Zeitraum der Untersuchung
Es wurden die Ergebnisse der IgG-Antikörper-Analysen von Entenfedern, Gänsefedern
sowie Tauben- und Wellensittichfedern-, -kot und -serumextrakte vom 3. 12. 2013 bis
zum 13. 3. 2015 ausgewertet, die im Allergologisch-immunologischen Labor des Lungen-
und Allergiezentrums des Malteser Lungen- und Allergiezentrums Bonn durchgeführt worden
waren. Die untersuchten Seren waren aus ganz Deutschland zur Antikörper-Diagnostik
der exogen-allergischen Alveolitis eingesandt worden.
Technik der Antikörperuntersuchung und Normbereiche
Die IgG-Antikörper wurden mit dem Phadia-ImmunoCAP-System (Fa. Thermo Fisher Scientific,
Freiburg) mittels des Phadia 250 Gerätes analysiert. Der Hersteller empfiehlt in seiner
Betriebsanleitung für den Vogel Taube einen Cut off von 10 mgA/l, für Wellensittich
11 mgA/l, für Entenfedern 10 mgA/l und Gänsefedern ebenfalls 10 mgA/l.
Darüber hinaus hatten wir selbst Normgrenzen ermittelt. Dazu war für jedes Antigen
das spezifische IgG im Serum von 20 gesunden Personen im Alter von 10 bis 75 Jahren
(Durchschnittsalter 44 Jahre) bestimmt worden. Diese Personen waren Vogelstäuben und
Schimmel nicht über das normale Maß hinaus exponiert gewesen und hatten nicht an Erkrankungen
der Lunge, Allergien, Tumoren oder chronischer Entzündung gelitten. Da bekannt ist,
dass die IgG-Antikörper gegen die EAA-Antigene nicht in einer Gauß’schen Verteilungskurve
normalverteilt sind [15], wurde die 95 %-Perzentile als Cut-off festgelegt. Für das Antigen Taube hatte sich
eine Normgrenze von 16 mg/l, für Wellensittich von 7 mg/l, für Entenfedern 9 mgA/l
und für Gänsefedern von 11 mgA/l ergeben [16].
Graduierung der Antikörper
Die quantitativ ermittelten positiven Werte wurden den üblichen vier Bereichen „fraglich
positiv, schwach positiv, mittelstark positiv und stark positiv“ zugeordnet [17]
[18]. Die dafür verwendeten Grenzwerte dieser Bereiche wurden von unserem Labor selbst
erstellt [16]. Die Bereiche zwischen den Grenzwerten für die Zuordnung der Antikörper sind in
[Tab. 1] dargestellt.
Tab. 1
Bereiche der IgG-Antikörper gegen Vogel-Antigene (aus [16]).
IgG-Antikörper
in mgA/l
|
Entenfedern
|
Gänsefedern
|
Taube
Serum-, Federn-, Kot-Mix
|
Wellensittich
Serum-, Federn-, Kot-Mix
|
fraglich positiv
|
9 – 10
|
11 – 14
|
16 – 17
|
7 – 11
|
schwach positiv
|
11 – 27
|
15 – 38
|
18 – 26,5
|
12 – 39
|
mittelstark positiv
|
28 – 74,5
|
39 – 124,5
|
27 – 134
|
40 – 200
|
stark positiv
|
≥ 75
|
≥ 125
|
≥ 135
|
≥ 201
|
Auswertung der Antikörperergebnisse
Die Häufigkeiten der IgG-Antikörper gegen Tauben- und Wellensittich-Antigene wurden
aus 200 EAA-Suchtests in dem oben angegebenen Zeitraum ermittelt. Der IgG-Antikörper-Suchtest
unseres Labors enthält die von uns aus der Literatur als die wichtigsten ermittelten
und in den Seren unserer Patienten am häufigsten reagierenden Antigene der exogen-allergischen
Alveolitis ([Tab. 2]) [19].
Tab. 2
Die Antigene des IgG-Antikörper-Suchtests auf exogen-allergische Alveolitis (EAA-Suchtest).
Taubenfedern-, -kot und -serumextrakte
|
Wellensittichfedern-, -kot und -serumextrakte
|
Saccharopolyspora rectivirgula (Micropolyspora faeni)
|
Thermoactinomyces vulgaris
|
Aspergillus fumigatus
|
Penicillium chrysogenum (notatum)
|
Aureobasidium pullulans (Pullularia pullulans)
|
Cephalosporium acremonium (Acremonium kiliense)
|
Zur Ermittlung der Häufigkeiten der IgG-Antikörper gegen Taube, Wellensittich, Ente
und Gans wurden 200 Antikörperanalysen in der zeitlichen Reihenfolge ihrer Analyse,
beginnend mit dem Datum des 13. 12. 2013, ausgewertet.
Für die Fragestellung, wie häufig positive Enten- und Gänsefedern-Antikörper in demselben
Serum von Tauben- oder Wellensittich-Antikörpern begleitet werden, standen in dem
obengenannten Zeitraum die Untersuchungsergebnisse von 100 Patienten zur Verfügung,
welche auf alle vier Antigene untersucht worden waren und auf Enten- oder/und Gänsefedern
positiv reagiert hatten. Es wurden nur solche Ergebnisse berücksichtigt, zwischen
denen der zeitliche Abstand der Analysen unter einem Monat lag.
Für die Fragestellung, ob Seren mit stark positiven Tauben- oder/und Wellensittich-Antikörpern
regelmäßig auch Enten- und Gänsefedernantikörper enthalten, standen die Untersuchungsergebnisse
von 180 Seren zur Verfügung, welche auf Taube, Wellensittich, Ente und Gans untersucht
worden waren (maximaler Abstand der einzelnen Analysen vier Wochen). Dabei wurden
im Gegensatz zum vorausgehenden Kollektiv auch die Seren erfasst, welche auf Ente
und Gans negativ reagiert hatten.
Ergebnisse
IgG-Antikörper gegen Taube und Wellensittich im EAA-Suchtest
Im EAA-Suchtest (Taube, Wellensittich, Saccharopolyspora rectivirgula, Thermoactinomyces
vulgaris, Aspergillus fumigatus, Penicillium chrysogenum, Aureobasidium pullulans
und Cephalosporium acremonium [Acremonium kiliense]) waren in 200 Seren 67 % der Seren
(134 Seren) sowohl auf Taube als auch auf Wellensittich negativ bei Verwendung der
von uns ermittelten Cut-off-Werte ([Abb. 1]). Auf Taube und auf Wellensittich zugleich reagierten 16 % der Seren (32 Seren),
nur auf Taube 15,5 % (31 Seren) und nur auf Wellensittich 1,5 % (3 Seren) ([Abb. 1]).
Abb. 1 Antikörper gegen Taube und Wellensittich in 200 eingesandten Seren.
Häufigkeiten der Antikörper gegen Taube, Wellensittich, Ente und Gans
In [Abb. 2] sind die Häufigkeiten der Antikörper gegen Taube, Wellensittich, Ente und Gans unabhängig
davon, ob in demselben Serum weitere Antikörper vorkommen, grafisch dargestellt. Es
ist zu erkennen, dass die Antikörper gegen Tauben-Antigene deutlich am häufigsten
vorkommen und Entenfedern-Antikörper häufiger als Gänsefedern-Antikörper sind.
Abb. 2 Häufigkeiten von IgG-Antikörpern gegen Taube, Wellensittich, Ente und Gans in 200
Seren.
Gemeinsamens Vorkommen von Antikörpern gegen Ente und Gans mit Taube und Wellensittich
Die Auswertung der 100 Seren mit positiven Enten- oder/und Gänsefedern-Antikörpern,
die auch auf Taube und Wellensittich untersucht worden waren, ergab, dass alle Seren
bis auf zwei Seren mit fraglich positiven Antikörpern gegen Entenfedern auch auf Taube
oder/und Wellensittich reagierten. Wenn nach den Normgrenzen (Cut-off-Werte) des Herstellers
Phadia ausgewertet wird, so ist sogar nur ein einziges Serum (mit einem fraglich positiven
Antikörper gegen Entenfedern) auf Taube und Wellensittich negativ. Somit kommen eindeutig
positive Bettfedern-Antikörper nie isoliert, sondern nur zusammen mit Tauben- und
Wellensittich-Antikörpern vor.
Dies bedeutet aus der Sicht der Tauben- und Wellensittich-Antikörper, dass bei deren
Fehlen auch keine eindeutig positiven Bettfedern-Antikörper vorkommen ([Abb. 3]).
Abb. 3 Die Reaktionsmuster der verschiedenen Antikörperstärken der 100 auf Taube, Wellensittich,
Ente und Gans untersuchten Seren.
In [Abb. 3] sind die quantitativen Untersuchungsergebnisse anschaulich dargestellt. Es ist zu
erkennen, dass die Tauben- und Wellensittich-Antikörper häufiger stark positiv sind
als die Enten- und Gänsefedern-Antikörper.
Regelmäßiges Vorkommen von Bettfedern-Antikörpern in Seren mit stark positiven Tauben-
oder/und Wellensittich-Antikörpern
Aus [Abb. 4] geht hervor, dass die Bettfedern-Antikörper in Seren mit stark positiven Tauben-
und Wellensittich-Antikörpern häufiger vorkommen als in Seren mit schwach positiven
Vogel-Antikörpern. Alle stark positiven Tauben-Antikörper ([Tab. 1]) sind mit Enten- und/oder Gänsefedern-Antikörpern assoziiert. Auch die mittelstark
positiven Tauben-Antikörper oberhalb der in [Abb. 4] eingezeichneten Grenze von 84 mgA/l sind mit wenigstens einem Bettfedern-Antikörper
(Ente oder Gans) assoziiert.
Abb. 4 Seren mit IgG-Antikörpern gegen Taube (linke Wertesäule) mit (●) und ohne (○) Bettfedern-Antikörper
sowie gegen Wellensittich (rechte Wertesäule) ebenso mit und ohne Bettfedern-Antikörper.
Auch alle Seren mit stark positiven Wellensittich-Antikörpern ([Tab. 1]) enthalten in [Abb. 4] auch Bettfedern-Antikörper sowie die mittelstark positiven Seren oberhalb der in
[Abb. 4] eingezeichneten Grenze bei 103 mgA/l.
Die Anzahl der Seren oberhalb der in [Abb. 4] eingezeichneten Grenzen beträgt für die Taube 27 und für den Wellensittich 24. Bezogen
auf die Gesamtzahl der 180 ausgewerteten Seren sind das 15 % der Seren. Für den Wellensittich
sind es 13 % der Seren in dem Bereich oberhalb der Grenze von 103 mgA/l. Im Durchschnitt
liegen somit 14 % der Seren in einem Bereich hoher Vogel-IgG-Antikörper, die ausnahmslos
von Bettfedern-Antikörper begleitet werden.
Somit kommt den quantitativ bestimmten IgG-Antikörpern gegen Taube und Wellensittich
nicht nur die diagnostische Bedeutung zu, bei 67 von 100 Seren (67 %) neben einer
Vogelhalterlunge von Taube und Wellensittich auch eine Bettfedern-Alveolitis auszuschließen,
sondern darüber hinaus bei 14 % der verbliebenen 33 Seren, das sind 4 Seren, indirekt
Bettfedern-Antikörper anzuzeigen. Addiert man diese 67 und die 4 Seren, so erhält
man die Summe von 71 von 100 Seren (71 %), bei denen die Tauben- und Wellensittich-Antikörper
die Bettfedern-Antikörper ausgeschlossen oder indirekt detektiert haben.
Das bedeutet, dass bei Berücksichtigung der Tauben- und Wellensittich-Antikörper,
die im EAA-Suchtest anfallen, nur noch von 100 Seren 29 auf Enten- und Gänsefedern-Antikörper
untersucht zu werden brauchen.
Basierend auf diesen Ergebnissen schlagen wir folgendes diagnostisches Procedere zur
Erkennung der wichtigsten Federn-Antikörper der EAA vor:
-
Schritt: Bei Verdacht auf eine EAA werden im Rahmen des EAA-Suchtests alle Seren auf
die Tauben- und Wellensittich-Antigene untersucht. Mit dieser Testkombination werden
bei Anwendung der Normgrenzen des Testherstellers auch die Bettfedern-Antikörper (Enten-
und Gänsefedern) erfasst.
-
Schritt: Bei IgG-Antikörperwerten gegen Tauben-Antigene oberhalb von 84 mgA/l und
Wellensittich-Antigene oberhalb von 103 mgA/l wird dem behandelnden Arzt mitgeteilt,
dass der Patient nicht nur auf Taube oder/und Wellensittich sensibilisiert ist, sondern
auch auf Daunenfedern von Ente oder/und Gans.
-
Schritt: Bei Werten darunter wird dem behandelnden Arzt, der die Antikörperdiagnostik
veranlasst hat, empfohlen, eine zusätzliche Analyse auf Enten- und Gänsefedern-Antikörper
zu veranlassen.
-
Schritt: In Rahmen einer der nächsten Testansätze werden nur noch die Seren auf Enten-
oder/und Gänsefedern-Antikörper auf Veranlassung des zuweisenden Arztes untersucht,
bei denen die erste Untersuchung Bettfedern-Antikörper weder ausgeschlossen noch indirekt
nachgewiesen hatte.
Diskussion
Der nicht unbeträchtliche Prozentsatz positiver Seren auf Tauben- und Wellensittich-IgG-Antikörper
im EAA-Suchtest von 33 % ([Abb. 1]) zeigt, dass diese Vögel in hohem Maße sensibilisieren und dass die Einsender eine
spezifische Auswahl bei ihren Patienten getroffen haben. In der Normalbevölkerung
kommen diese IgG-Antikörper nur bei 1 %-15 % je nach Messmethode vor [19].
Nach bisheriger Kenntnis sind Tauben und Sittiche die weitaus häufigsten Verursacher
der exogen-allergischen Alveolitis in Form der Vogelhalterlunge [19]
[20]
[21]. In der oben erwähnten spanischen Studie von Morell waren bei der chronischen fibrosierenden
Verlaufsform hingegen die Bettfedern die häufigste Krankheitsursache [6].
Unsere Auswertung der Tauben- und Wellensittich-Antigene auf der einen Seite und der
Bettfedern-Antigene auf der anderen Seite zeigt, dass die uns eingesandten Seren am
häufigsten Antikörper gegen Tauben- und Wellensittichfedern enthalten ([Abb. 2]). Auch die Antikörperkonzentrationen sind bei der Taube und beim Wellensittich am
höchsten ([Abb. 3]).
Nach einer Studie von Koschel liegen die Enten- und Gänsefedern-Antikörper bei der
Bettfedern-Alveolitis höher als bei der Taubenzüchterlunge und der Wellensittichhalterlunge
[3].
Bei der Interpretation unserer Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass uns häufig
Seren eingesandt werden, wenn die Patienten angeben, Kontakt mit Tauben oder Sittichen
zu haben; dass aber nach unserer Erfahrung seltener Seren auf Bettfedern-Antikörper
eingesandt werden, wenn Patienten in Federbetten schlafen. Insofern lassen die Frequenzen
der IgG-Antikörper gegen diese aviären Antigene keine Rückschlüsse darauf zu, wie
häufig diese Antikörper in der Bevölkerung vorkommen und erst recht nicht, wie häufig
die Vogelhalterlunge im Vergleich zur Bettfedern-Alveolitis ist. Auch kann man den
Abbildungen nicht entnehmen, mit welchen der vier Antigene die Patienten inhalativen
Kontakt hatten und welche Antikörper von Kreuzreaktionen hervorgerufen wurden. Man
erkennt aber, dass die zahlreichen Enten- und Gänsedaunen-Antikörper ein nicht zu
vernachlässigendes Krankheitspotenzial in Deutschland darstellen.
Das wohl interessanteste und diagnostisch besonders relevante Ergebnis dieser Studie
ist, dass eindeutig positive Bettfedern-Antikörper nicht isoliert, sondern immer nur
zusammen mit Tauben- und Wellensittich-Antikörpern vorkommen. Die nur in 1 % bzw.
2 % (nach den Normwerten der Firma bzw. von uns selbst erhoben) vorkommenden fraglich
positiven Enten- und Gänse-Antikörper ohne Tauben- und Wellensittich-Antikörper sind
nur von marginaler klinischer Relevanz, da bei solchen fraglich positiven Vogel-Antikörpern
(Taube) nur in 4 % eine allergische Alveolitis vorliegt [22].
Die Normgrenzen für die Antikörper gegen Vogel-Antigene und andere EAA-Antigene in
Deutschland werden zurzeit mit einer multizentrischen deutschen Studie evaluiert.
Vorausichtlich wird man sich dann an den neuen Werten orientieren können.
Je höher die Tauben- oder Wellensittich-Antikörper liegen, desto wahrscheinlicher
sind gleichzeitige Daunen-Antikörper in demselben Serum ([Abb. 4]). Oberhalb der Grenzen von 84 mgA/l für Taube und von 103 mgA/l für Wellensittich
erübrigt sich eine zusätzliche Bestimmung der Daunen-Antikörper, da alle Seren oberhalb
der Grenzen auch Daunen-Antikörper enthalten.
Wenn unterhalb dieser Grenzen eine zusätzliche Antikörperbestimmung auf Enten- und
Gänsefedern negativ ausgefallen ist, so ist daran zu denken, dass auch die nachgewiesenen
Tauben- oder Wellensittich-Antikörper eine klinische Relevanz haben können. Denn die
Federnpartikel dieser Vögel können, manchmal auf den ersten Blick nicht erkennbar,
von wilden Tauben auf Fensterbänken herrühren oder in Teppichen oder Kleidung vorkommen,
die früher Sittichen ausgesetzt waren [23]
[24].
Die oben beschriebene serologische Stufendiagnostik hat gegenüber dem bisherigen diagnostischen
Vorgehen zwei Vorteile. Einmal wird mit dem EAA-Suchtest unabhängig von der Anamnese
(die in Bezug auf Vogelstäube nicht vollständig sein kann) bei diesen ubiquitären
aviären Antigenen ein größerer Kreis von Patienten mit interstitiellen Lungenkrankheiten
erfasst, was bei der großen Dunkelziffer von heute unerkannten EAAs dringend angezeigt
ist [6]. Und andererseits werden Kosten gespart, weil durch die Vortestung durch den ohnehin
erforderlichen EAA-Suchtest nur noch für 29 % der eingesandten Seren eine Antikörperbestimmung
auf Enten- und Gänsefedern erforderlich ist.
Für das gleichzeitige Vorkommen von Enten- und Gänsefedern-Antikörpern in Seren mit
stark positiven Tauben- und Wellensittich-Antikörpern sind wahrscheinlich Kreuzreaktionen,
insbesondere mit den Albuminen in den Federn, im Kot und Vogelserum verantwortlich
[19]
[25]. Diese Antikörper gegen kreuzreagierende Vogel-Albumine wurden gehäuft bei Patienten
mit einer Vogelhalterlunge und in Seren mit hochkonzentrierten IgG-Antikörpern gegen
Vogel-Antigenextrakte gefunden [26]. In Seren mit weniger stark positiven Antikörpern kommen die Albumin-Antikörper
seltener vor [26]; das mag der Grund dafür sein, dass bei den schwächer positiven Antikörpern weniger
Übereinstimmungen bei den Tauben-, Wellensittich-, Enten- und Gänse-Antikörpern zu
finden sind. Die Antigen-Epitope der niedertitrigen IgG-Antikörper sind speziesspezifisch
[19].
Eine vergleichbare andere Studie zu diesem Thema einer Detektion der Bettfedern-Antikörper
über Tauben- und Sittich-Antikörper ist uns nicht bekannt.
Bei Patienten, die angeben, keinen Kontakt mit Ziervögeln und Tauben zu haben, nur
die Antikörper gegen Enten- und Gänsefedern bestimmen zu lassen, ist unseres Erachtens
nicht ratsam. Denn Taubenantigen (Federn, Kot) als häufigstes EAA-Antigen kommt auf
Fensterbänken, an Arbeitsplätzen, über Klimaanlagen verteilt in Geschäften und Büros
als hochpotentes Antigen ubiquitär vor. Das gilt auch für Sittichallergene, z. B.
in Teppichen von Vormietern [23] und in der Kleidung von Kontaktpersonen [24], was anamnestisch meist primär nicht zu erfassen ist.
Wichtig zu wissen ist, dass wegen der Kreuzreaktionen von lebenden Vögeln und den
Daunen bei der Taubenzüchter- und anderen Vogelhalterlungen die Daunenfedern in Kissen
und in Kleidung eine zusätzliche Allergenbelastung darstellen. Deshalb sind bei der
Therapie der Vogelhalterlunge nicht nur die lebenden Vögel, sondern auch die Daunen
zu meiden. Sicherlich ist für manchen progredienten Verlauf einer Vogelhalterlunge
trotz Vogel-Karenz dieser Daunenkontakt verantwortlich [27].
Je höher ein Antikörper gegen Vögel oder Bettfedern liegt, desto wahrscheinlicher
leidet der Patient an allergischer Alveolitis [22]
[27].
[Abb. 5] zeigt einen typischen Röntgenbefund einer Patientin mit einer Wellensittichhalterlunge,
bei der die IgG-Antikörperkonzentration des Wellensittich-Antikörpers mit 818 mgA/l
sehr hoch lag.
Abb. 5 HRCT-Schichtlunge einer Patientin mit Wellensittichhalterlunge und Bettfedern-EAA.
Die typische Milchglastrübung und lokale Überblähungsareale sind gut zu erkennen.
(Ich danke der Praxis für Radiologie Kaiserpassage Bonn für die Aufnahme.)
Bei der Bettfedern-Alveolitis kann eine Verdachtsdiagnose sehr gut durch einen Karenz-Versuch
(Entfernen der Federn-Oberbetten und Federn-Kopfkissen) und ggf. zusätzlich einen
Reexpositionstest (Provokation) in Form von ‚einer Nacht wieder im alten Federbett
schlafen‘ bestätigt werden [1]
[2]
[4]
[6]
[11].
Vereinzelt wurden Patienten mit Vogelhalterlunge ohne nachweisbare Antikörper (seronegative
Vogelhalterlunge) beschrieben [23]
[28]. Eine seronegative Bettfedern-Alveolitis ist hingegen bisher nicht bekannt.