Der Lichen ruber planus mucosae der Mundschleimhaut ist eine chronische immunologische
mukokutane entzündliche Erkrankung unbekannter Ätiologie. Neben Zunge und Wagenschleimhaut
können auch Speiseröhre und Kehlkopf betroffen sein [1]. Vermutet werden zellvermittelte immunologische Prozesse bei Allergien, Autoimmunerkrankungen
und Hepatitis- B- und -C-Infektionen. Weiter gilt der orale Lichen planus bei langem
Bestehen als Präkanzerose, die unbedingt eine rechtzeitige Therapie fordert (siehe
auch die Arbeit zu Lichen ruber planus verrucosus bei Vitiligo S. 425 ff in diesem
Heft). Die WHO hat den Lichen ruber mucosae als Präkanzerose klassifiziert [2]. Untersuchungen von 1924 bis 2007 zeigten eine maligne Transformation des oralen
Lichen ruber bei 0 – 12,5 %, in großen Fallserien zwischen 1 – 2 %. Als Risiken werden
Kortikosteroidtherapie, Hormonersatztherapie, HPV-Infektionen und das weibliche Geschlecht
diskutiert [3].
Ich möchte Ihnen hier am Platz eines Editorials nicht die ganze Palette der Metaanalysen
zu den Therapieoptionen darstellen. Eine Cochrane-Analyse zur Therapie des sehr schmerzhaften
erosiven Lichen ruber planus der Mundschleimhaut zeigte aus 15 Studien, dass 0,025 %
Clobetasolpropionat in flüssig Microspheren und in einer anderen Studie Ciclosporin-Lösung
besser als 0,1 % Triamcinoloneacetonid in Orabase den Schmerz reduzierten. Schlechter
schnitt Aloe-Vera-Gel ab, das nur 50 % Schmerzreduktion brachte. Die therapeutische
Palette wird etwas breiter, wenn der Lichen ruber nicht erosiv ist, da dann auch Präparate
eingesetzt werden können, die eine leichte Irritation auslösen können oder auf erosiven
Stellen brennen würden wie topische Retinoide oder Calcineurinantagonisten [2]
[4]
[5].
Ich möchte Sie mit zwei verblüffenden neuen Studien bekannt machen [6]
[7]. Verglichen wurde die intraläsionale Injektion von Triamcinolonacetonid versus Mundspülungen
mit Triamcinolonacetonid bei 40 Probanden mit Lichen ruber mucosae. Beurteilungskriterien
waren Schmerzen, Brennen und das Oral Health Impact Profile (OHEP-14), Rückfälle und
Nebenwirkungen, evaluiert nach 6 Wochen. In beiden Gruppen waren Brennen und OHEP-14
gebessert und zwar gleich gut. Der visuelle analoge Schmerzscore (VAS) war in der
Injektionsgruppe jedoch deutlich gesunken und Nebenwirkungen in der Mundspülgruppe
höher, wie z. B. enorale Candida-Infektionen. Obwohl beide Therapien gleich effektiv
waren, fielen die Nebenwirkungen in der Gruppe mit intraläsionaler Injektion deutlich
geringer aus [6]. Dass Steroidinjektionen trotz der Injektion mittels einer Spritze besser „ankommen“
als Steroidspülungen bei Lichen ruber mucosae, verblüfft.
Aufgrund der nicht ganz zufriedenstellenden Therapiesituation bei oralem Lichen ruber
wurden Lichttherapieoptionen an der Mundschleimhaut erprobt. Die zweite für mich ungewöhnliche
Studie hatte in einer kleinen Gruppe von 14 Patienten bei 9 Patienten ein komplettes
Abheilen und bei 5 ein Teilansprechen auf eine UV-Therapie gezeigt. Verwendet wurde
das TheraLight UV 120-2 System (Karlsbad, CA) mit kontinuierlicher Steigerung der
UVB-Dosis (290 – 320 nm mit Betonung der Wellenlänge 304 nm über ein flexibles Fiberglas
mit Öffnung von 1,9 × 1,9 cm) über 8 Wochen. 10 Patienten wurden sogar über 29 Wochen
behandelt. Die Frequenz der Behandlungen betrug in den ersten 8 Wochen 3 × pro Woche,
Woche 9 – 12 zweimal pro Woche, und weiter ausschleichend über die Wochen. Immerhin
bei einem Patienten wurde während der Studie eine dysplastische Läsion entfernt. 7 %
der Patienten gaben Brennen an, sonst keine Nebenwirkungen [7].
Diese Therapieoption verblüfft, wurde doch in Hautmodellen ein potenzielles Risiko
der UVB-Strahlung für die Mundschleimhaut belegt mit 3D-Modellen menschlicher Haut
(EpiDerm), für Gingiva (EpiGing) und orales Gewebe (EpiOral). Zytokine, initialer
DNA-Schaden über Cyclobutan-Pyrimidin-Dimere (CPD), deren Reparatur und apoptotische
Zellen wurden evaluiert. IL-8 und CPD waren erhöht, CPD-Reparaturraten und apoptotische
Zellen waren zahlenmäßig geringer als in der Epidermis der verhornten Haut [8]. Komplettes Ansprechen wurde definiert als mindestens 80 % und ein Teilansprechen
als 50 – 80 % Abheilung der erkrankten Mukosa, kein Ansprechen bei weniger als 50 %.
Die Arbeit zeigt nur begrenzte Effekte und in keinem Fall komplette Abheilung. Zu
folgern bleibt also, Hände weg von der Bestrahlung der Mundschleimhaut! Und auch ohne
Bestrahlungstherapie gilt, halbjährliche Kontrollen eines Lichen ruber an Schleimhäuten
– oral der genital – sind obligat.
Ihre
Christiane Bayerl, Wiesbaden