ergopraxis 2015; 8(02): 10-11
DOI: 10.1055/s-0035-1546313
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Verena Klagges – Ergotherapeutin gibt der Trauer einen Raum

Nora Sieweke

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Publication History

Publication Date:
03 February 2015 (online)

 

Als Ergotherapeuten begegnen wir immer wieder Menschen, die Verluste erleben und sich im Trauerprozess befinden. Verena Klagges befasste sich im Rahmen ihrer Bachelorarbeit mit den ergotherapeutischen Möglichkeiten bei der Trauerbegleitung.


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Abb.: V. Klagges
Verena Klagges

Die 25-Jährige ist in Salzkotten bei Paderborn geboren und verbrachte ihre Kindheit ab dem 6. Lebensjahr in der nordrhein-westfälischen Gemeinde Möhnesee. Nach dem Abitur 2009 arbeitete sie ein Jahr an einer Förderschule mit dem Schwerpunkt „Geistige Entwicklung“. Daraufhin entschied sie sich für den Beruf der Ergotherapeutin und nahm den grundständigen Ergotherapiestudiengang 2010 an der Hochschule für Gesundheit in Bochum auf. Seit März 2014 ist sie stolze Absolventin, deren Bachelorarbeit von der Hochschule als beste Abschlussarbeit des Studienganges ausgezeichnet wurde. Inzwischen lebt sie in Münster, wo sie in der dort ansässigen LWL-Klinik, einer Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, auf einer Depressionsstation arbeitet.

Trauer und Trauern – Ergotherapeutische Begleitung von Verlusten

Die Bachelorarbeit

Verluste sind lebensgeschichtliche Ereignisse. Das Trauern ist ein natürlicher, heilsamer Prozess, der Raum und Auseinandersetzung einfordert. Verena Klagges konzentrierte sich in ihrer Bachelorarbeit auf den Verlust einer nahestehenden Person durch Tod. Ein Thema, welches zunehmend gesellschaftlicher Tabuisierung unterliegt. Hinterbliebenen wird immer weniger Zeit zum Trauern zugestanden. Traditionelle Trauerrituale werden durch den Wandel der Bestattungsformen und der rückläufigen kirchlichen Zugehörigkeit vernachlässigt.

Verena Klagges setzte sich zum Ziel, die Relevanz des alltäglichen Phänomens des Trauerns für die Ergotherapie aufzuzeigen. Dazu widmete sie sich im Rahmen ihrer Bachelorstudie den beiden Forschungsfragen, ob (1) Trauerprozesse Gegenstand ergotherapeutischer Behandlungen sind und (2) welche ergotherapeutischen Möglichkeiten bestehen, um Verluste zu begleiten. Die Ergebnisse beruhen auf einer intensiven Literaturrecherche, welche sie durch Experteninterviews mit zwei Ergotherapeuten, die sich auf Trauerbegleitung spezialisiert haben, untermauerte.


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Ergebnis

Verena Klagges fand heraus, dass Trauerprozesse durchaus Gegenstand ergotherapeutischer Behandlungen sind. Verluste können sich auf alle Lebensbereiche der Hinterbliebenen auswirken und mit Betätigungsproblemen einhergehen. Oftmals wird dem Trauern ein Krankheitswert auferlegt. Das Trauern ist jedoch ein natürlicher Vorgang, der erst dann pathologisch wird, wenn er nicht oder unzureichend durchlebt wird.

Ergotherapeuten können vielfältig zu einem aktiven Trauerprozess beitragen und so die Trauerbewältigung unterstützen. Sie können zum Beispiel Verluste durch Angebote wie Trauerrituale, kreatives, handwerkliches Gestalten oder alltagsnahe Interventionen begleiten. Rituale wie die regelmäßige Grabpflege können dabei helfen, mit der Trauer produktiv umzugehen. Kreative, handwerkliche Arbeiten dienen dazu, eigene Gefühle auszudrücken und können mit Abschiedsritualen oder der individuellen Grabgestaltung verbunden werden. Betätigungsorientierte Maßnahmen unterstützen Trauernde darin, den Alltag ohne die verstorbene Person neu zu gestalten und gegebenenfalls neue Fertigkeiten zu erwerben. Da Menschen auf unterschiedliche Weise trauern, kommt dem klientenzentrierten Ansatz der Ergotherapie in der Trauerbegleitung eine besondere Bedeutung zu.


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Fazit

Zusammenfassend hält Verena Klagges fest, dass …

  • > die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema „Verluste und Trauer“ bereits in der ergotherapeutischen Ausbildung und im Studium fester Bestandteil der Lehrpläne sein sollte. Für Ergotherapeuten, die sich spezialisieren wollen, sind themenbezogene Fortbildungen oder eine Ausbildung zum Trauerbegleiter empfehlenswert.

  • > Bedarf an konzeptioneller Arbeit besteht. Zukünftige Konzepte und Manuale zu den Möglichkeiten der Trauerbegleitung können Ergotherapeuten fundierte Informationen vermitteln und als Leitfaden dienen.

  • > Folgestudien notwendig sind, um das Thema „Trauerbegleitung im Rahmen der Ergotherapie“ zu ergründen und um die ergotherapeutischen Interventionen bei trauernden Menschen auf deren Effektivität hin zu überprüfen.

→ Klagges V. Trauer und Trauern – Ergotherapeutische Möglichkeiten der Begleitung von Verlusten. Bachelorarbeit im Studiengang Ergotherapie an der Hochschule für Gesundheit Bochum; 2013


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Abb.: V. Klagges