Pneumologie 2015; 69(03): 143
DOI: 10.1055/s-0035-1547011
Buchbesprechung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Lungenkrebs – Individuelle Therapie im zertifizierten Thoraxzentrum

Rezensent(en):
C. Grohé
Ewig S, Hecker E, Behringer D.
Lungenkrebs – Individuelle Therapie im zertifizierten Thoraxzentrum.

Stuttgart: Thieme Verlag; 2015. 330 S., 323 Abb., geb., 99,99 €
ISBN: 978-3-13-171061-1
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. März 2015 (online)

 

    Das Lungenkarzinom ist mit 50 000 Neuerkrankungen der häufigste solide Tumor mit der mit „Abstand schlechtesten Prognose in Deutschland. Es werden 70 % der Patienten in weit fortgeschrittenen Stadien erstdiagnostiziert, in denen nur eine palliativ-orientierte Therapie indiziert ist. Trotz der aktuellen Entwicklungen in der zielgerichteten Therapie molekularer Strukturen des Lungenkarzinoms mit einer deutlich verbesserten Prognose Einzelner besteht ein erheblicher Bedarf in der infrastrukturellen Verbesserung der Versorgung aller Patienten.

    Das vorliegende Buch stellt einen Meilenstein in der zentrumsorientierten Entwicklung der anspruchsvollen Versorgung der Patienten mit Lungenkrebs dar. Zurzeit werden noch weniger als 50 % der Patienten in zertifizierten Lungenkrebszentren der Deutschen Krebsgesellschaft gesehen und besprochen. Auf Dauer ist eine flächendeckende Betreuung aller Patienten durch Arbeitsgruppen, denen spezialisierte, multimodale Therapiekonzepte zur Verfügung stehen, Voraussetzung zur Verbesserung der Prognose aller Patienten.

    Das Multiautorenteam teilt die Konzepte der Strategie des Thoraxzentrums in verschiedene Inhalte auf und verfolgt eine Darstellung des jeweiligen Fachbereichs im Sinne einer fortlaufenden Fallkonferenz. Erfreulich präzise und umfangreich sind die Kapitel für Lungenfunktionsdiagnostik und das perioperative, anästhesiologische Management. Außerordentlich wichtig ist die ausführliche Darstellung der psychosozialen und psychoonkologischen Konzepte eines Thoraxzentrums. Diese interdisziplinären Bereiche, die in der Betreuung der betroffenen Lungenkarzinompatienten häufig zu kurz kommen, sind für die Lebensqualität aller Patienten im Sinne einer „early palliative care“ von zentraler Bedeutung. Die umfassende Beschreibung dieser Fachbereiche eröffnet auch das Interesse für weitere Leserkreise wie Sozialarbeiterinnen, SAPV-Teams und psychoonkologisch tätige ambulante Mitarbeiter. Dem Pflegepersonal sind eigenständige Kapitel zugeordnet und nehmen Stellung zur onkologischen Fachpflege. In diesem Kapitel wäre eine ausführlichere Darstellung wünschenswert, insbesondere unter der Vorstellung, dass fachspezifisch geschultes Pflegepersonal häufig die Funktion der Navigation des Patienten im Thoraxzentrum übernehmen kann und will.

    Aufgrund der rasanten Entwicklungen der neuen medikamentösen Optionen bis hin zur sich etablierenden Immuntherapie des Lungenkarzinoms werden Kapitel wie Nebenwirkungsmanagement in Intervallen zu überarbeiten sein. Ein besonderes Augenmerk des Buches kann auf die wachsende Bedeutung der intersektoralen Zusammenarbeit gelegt werden, um niedergelassenen Kooperationspartnern wie Pneumologen, Onkologen und Palliativmedizinern inhaltlich Zugang zu dem Konzept des Thoraxzentrums zu gewähren.

    Die Autoren haben sich auch der komplexen Thematik der Früherkennung und der Nachsorge angenommen. Diese Bereiche gelten zu Recht als „Sorgenkinder“ in der flächendeckenden Versorgung der Karzinompatienten. Die Autoren weisen darauf hin, dass die unzureichende, frühe Identifizierung der Patienten mit verdächtigem Rundherd bzw. regelmäßige Kontrolle bei Verdacht auf ein Rezidiv dringend verbessert werden muss.

    Dieses Standard setzende Buch soll und wird Interesse wecken an der modernen, multimodalen Therapie des Lungenkarzinoms und der interdisziplinären Arbeit an einem qualifizierten Thoraxzentrum. Im Interesse der wachsenden Anzahl der Patienten ist dem Buch eine breite Leserschaft zu wünschen.

    Prof. Dr. med. Christian Grohé, Berlin


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