Vor 2 Jahren hat das Universitätsklinikum Frankfurt hat in Kooperation mit weiteren
Kliniken in Deutschland Patient Blood Managements (PBM) als neuen klinischen Behandlungsstandard
eingeführt. Die knappe Ressource Blut wird dorthin verteilt, wo sie auch tatsächlich
benötigt wird. Zugleich verbessern sich durch den neuen Behandlungsansatz die Patientenversorgung
und -sicherheit.
Damit wurde eine systematische Entscheidungsgrundlage geschaffen für die Frage, wann
eine Bluttransfusion einem Patienten nützt und wann nicht. Damit auch Ärzte jenseits
der PBM-Netzwerke die dafür nötige Kompetenz erhalten, hat das Universitätsklinikum
Frankfurt gemeinsam mit dem DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg – Hessen eine Online-Plattform
entwickelt. Dort können Ärzte den richtigen Einsatz von Bluttransfusionen erlernen
und ein von der Landesärztekammer Hessen anerkanntes Zertifikat erwerben. „Ein solches
Zertifikat muss mittelfristig Voraussetzung für den Einsatz von Bluttransfusionen
sein“, fordert Prof. Kai Zacharowski, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin
und Schmerztherapie am Universitätsklinikum. Prof. Erhard Seifried, Direktor des Instituts
für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie sowie des DRK-Blutspendedienstes Baden-Württemberg
– Hessen, ergänzt: „Generell halten wir es für wichtig, Bluttransfusionen als Pflichtelement
des Praktischen Jahres in die medizinische Ausbildung zu integrieren.“
Jeder dritte Patient leidet unter einer Anämie
In deutschen Kliniken werden jährlich rund 16 Millionen Patienten operiert. Ungefähr
ein Drittel dieser Patienten leidet unter einer Anämie. Aktuelle Studien belegen,
dass eine unbehandelte Anämie im Vorfeld einer Operation mit einem erhöhten Risiko
für Komplikationen verbunden ist. Insofern muss jeder Patient die Chance bekommen,
dass vor der Operation das Problem Anämie adäquat erkannt und behandelt wird. Durch
die genaue Untersuchung und präoperative Therapie im Rahmen des PBM wird auch die
Anzahl der benötigten Fremdbluttransfusion reduziert. Dies ist umso wichtiger, da
aufgrund medizinischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Veränderungen Fremdblut
zu einer immer knapperen Ressource wird – und das weltweit. Das PBM-Konzept zielt
neben der präoperativen Anämietherapie vor allem auf blutsparende Operationstechniken,
das Sammeln, Aufarbeiten und Zurückgeben des Wundblutes, die Reduzierung der Blutabnahmen
für Laboranalysen sowie einen optimierten Einsatz von Fremdbluttransfusionen ab.
Erstmalig in Deutschland: Online-Transfusionszertifikat
Die Transfusion von Blutkomponenten ist bei einem Jahresverbrauch von mehr als 5,5
Millionen Einheiten in Deutschland eine sehr häufige therapeutische Maßnahme. „Dennoch
sind Ärzte nicht immer optimal auf diese Maßnahme vorbereitet“, betont Dr. Dania Fischer.
Um zukünftig den Einsatz von Fremdblutprodukten noch sicherer zu machen, hat die Klinik
für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum mit
dem DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg – Hessen eine E-Learning-Plattform entwickelt.
Lerninhalte sind transfusionsmedizinische Grundlagen, wissenschaftlich fundiertes
PBM, um die Alternativen zur Bluttransfusion auszuschöpfen, sowie neue Erkenntnisse
über Nutzen und Risiken von Blutprodukten. Die Lernmodule bestehen aus Videopräsentationen
und Multiple-Choice-Fragen. Bei erfolgreichem Bestehen der Online-Prüfung kann ein
von der Landesärztekammer Hessen anerkanntes Transfusionszertifikat erlangt werden.
Flächendeckendes, elektronisches Anforderungssystem
Zudem wird am Universitätsklinikum Frankfurt flächendeckend ein elektronisches Anforderungssystem
von Blutpräparaten und blutgruppenserologischen Untersuchungen eingeführt. Durch die
Nutzung eines elektronischen Anforderungssystems wird die Dokumentation von Vorerkrankungen
und weiteren gesundheitsbezogenen Angaben wesentlich vereinfacht und vor allem noch
sicherer. Beispielsweise werden bei der Weiterbehandlung im Einzelfall potenziell
lebensrettende Angaben zu Vortransfusionen, früheren Schwangerschaften, Stammzelltransplantationen
oder seltenen Vorbefunden automatisch hinterlegt. Dies garantiert eine außerordentlich
hohe Sicherheit der Patientenidentifikation.
Darüber hinaus erlaubt die elektronische Anforderung von Blutprodukten zeitgleich
eine patientenbezogene Dokumentation der Behandlungsmaßnahmen, sodass der Einsatz
von Fremdbluttransfusionen weiter optimiert werden konnte.
Versorgungsforschung für ganz Deutschland
Das PBM-Projekt wird in Frankfurt und an den Universitätskliniken Bonn, Kiel und Münster
seit Projektstart zudem wissenschaftlich durch das Institut für Biostatistik und mathematische
Modellierung am Universitätsklinikum Frankfurt begleitet. In wenigen Monaten werden
die Ergebnisse von insgesamt bis zu 100 000 Patienten vorliegen. Die begleitende Studie
dient der Qualitätssicherung. Außerdem wird damit die Grundlage für die Weiterentwicklung
und Ausweitung des Programms auf zusätzliche Krankenhäuser gelegt.
Quelle: Pressemitteilung der Stabsstelle Recht-, Öffentlichkeits- und Pressearbeit
des Universitätsklinikums Frankfurt.