Dieser Artikel beschreibt die erstmalige Anwendung der sogenannten konstanten Punktion
als Vorgänger der Knopflochpunktion, die Entwicklung des Begriffs „Buttonhole-Technik“
und den Anwendungsprozess der Knopflochpunktion nach dem aktuellem Stand des Wissens.
Mit der Einführung der Cimino-Brescia-Fistel 1966 wurde die Vielfachpunktion der nativen
arteriovenösen Fistel (AV Fistel) erst möglich. Trotz Erfahrungswerte von über 50
Jahren in der Anlage und Punktion von AV-Fisteln haben sich die Langzeitergebnisse
bisher nicht verbessert [
1
]. Alle Fachgesellschaften empfehlen die Anwendung der Strickleiterpunktion.
In der Praxis kommt es aber in bis zu 70 % der Fälle zur Anwendung der Arealpunktion,
wie in einer Erhebung in 2009 von NephroCare gezeigt wurde [
2
]. Die Knopflochpunktion ist die einzige Punktionstechnik, die zu keiner dilatativen
oder aneurysmatischen Veränderung der Shuntvene führt [
3
]. Trotzdem konnte sie sich bisher nicht durchsetzen.
Von der Constant-Site-Punktion zur Knopflochpunktion
Twardowski et al. beschrieben 1977 erstmalig ihre Erfahrungen in der Punktion gleicher
Punktionsstellen bei einer nativen AV-Fistel und nannten diese Methode Constant-Site-Technik
[
4
]. Krönung verwendete 1984 erstmalig den Begriff „buttonhole puncture technique“ (Knopfloch-Punktions-Technik)
und beschrieb, dass diese Methode vermutlich die beste Technik darstellt, da sie zu
keiner aneurysmatischen Erweiterung oder Stenosenbildung der Shuntvene führt [
3
]. Die Knopflochpunktion selbst ist eine Punktionstechnik, die zu jeder Dialyse exakt
die gleichen Punktionsstellen nutzt, ähnlich einem Piercing oder dem Einführen eines
Ohrrings.
Der Kanülendurchmesser, die Kanülenlänge, der Punktionswinkel und die Punktionsrichtung
müssen bei jeder Punktion identisch sein. In der Folge bildet sich innerhalb einer
Zeitspanne von ca. 3–4 Wochen ein bindegewebiger Tunnel („track“), der die Funktion
einer Führungsschiene für die zukünftigen Punktionen übernimmt [
5
]. Vorteile der Knopflochpunktion sind keine aneurysmatischen Veränderungen an der
Shuntvene, ein geringerer Punktionsschmerz und eine sichere Punktion bei schwierigem
Shunt (Tab. [
1
]). Ein bedeutender Nachteil ist das gehäufte Auftreten von Infektionen [
6
].
Tab. 1 Vor- und Nachteile der Knopflochpunktion.
Indikationen für die Knopflochpunktion sind eine kurze Punktionsstrecke, eine gelenküberschreitende
Punktionsstrecke und eine schwierige Punktion bei einer funktionstüchtigen AV-Fistel
[
7
]. Die Knopflochpunktion eignet sich insbesondere bei der Selbstpunktion. Kontraindikationen
sind der Prothesenshunt sowie mangelnde Körperhygiene bzw. Compliance des Patienten.
Ein manuelles Entfernen des Punktionsschorfs durch Abkratzen führt unweigerlich zu
einer Infektion.
Gründe für den Einsatz einer Knopflochkanüle
Konventionelle Punktionskanülen für die Hämodialyse besitzen einen Facettenschliff
– das bedeutet, dass die Kanülenspitze halbseitig scharf angeschliffen ist und bei
der Punktion schneidet (Abb. [
1
]). Die Kanülenspitze der Knopflochkanüle ist halbscharf und schneidet damit nicht
(Abb. [
2
]). Dadurch ist der Vorschiebewiderstand beim Einführen der Kanüle deutlich höher,
was unerfahrene Punkteure häufig verunsichert.
Abb. 1 Scharfe Kanüle (Facette, Anticoring).
Quelle: Bionic Medizintechnik GmbH
Abb. 2 Knopflochkanüle.
Quelle: Bionic Medizintechnik GmbH
Zur Ausbildung des Tunnels werden zu Beginn „scharfe Punktionskanülen“ über einen
Zeitraum von etwa 9 Punktionen eingesetzt. Nach der Fertigstellung des Tunnels wird
auf die halbscharfe Knopflochkanüle gewechselt. Dies vermeidet Schnittverletzungen
der Tunnelwand beim Einführen der Kanüle. Knopflochkanülen sind in allen gebräuchlichen
Größen von 14 Gauge bis 16 Gauge erhältlich.
Anlegen der Knopflochpunktionsstellen und Punktionsprozess
Zum Festlegen der Punktionsstellen ist die AV-Fistel klinisch zu untersuchen. Die
Punktionsstellen sollen in intakter Haut, an einer einfach zu punktierenden Stelle,
außerhalb von aneurysmatischen Veränderungen bei vorhandenem Patientenkomfort (bequemes
Abdrücken, außerhalb der Ellenbeuge) angelegt werden [
8
]. Die Anlage von 2–3 Punktionsstellen bei einer 2-Kanülen-Punktion ist ausreichend
[
9
]. Zur Tunnelbildung werden konventionelle Kanülen eingesetzt.
Der Punktionswinkel ist von der Lage der Vene anhängig, bei tiefen Venen eher steiler,
bei oberflächlichen Venen mit einem flacheren Winkel. Für die Tunnelbildung ist es
wichtig, dass der Shuntarm zu jeder Punktion gleich gelagert wird. Es wird empfohlen,
dass max. 2–3 Personen die Punktionen in der Phase der Tunnelbildung durchführen,
um immer den gleichen Winkel einhalten zu können [
10
].
Nach ca. 9 Punktionen pro Punktionsstelle ist der Tunnel ausgebildet. Merkmale für
einen fertigen bindegewebigen Tunnel sind das Nachlassen des Vorschiebewiderstandes
beim Einbringen der Kanüle, ein gutes Abheilen, eine runder werdende Punktionsstelle
sowie leichter zu entfernender Schorf vor der Punktion [
9
]. Dies ist der Zeitpunkt zum Wechsel auf die Knopflochkanüle. Nach erfolgreicher
Punktion mit der Knopflochkanüle kann die Punktion nun von einem größeren Team übernommen
werden, welches Kenntnisse über die Knopflochtechnik besitzt.
Erfahrene Punkteure beschreiben, dass die Knopflochkanüle ihren Weg im Tunnel besser
findet, indem man die Kanüle hinter den Flügeln am Kanülenschlauch fasst und diese
unter drehender Bewegung langsam einführt (Abb. [
3
]). Dies reduziert das Risiko von Tunnelwandverletzungen. Diese Technik der Kanülenführung
soll so früh wie möglich angewendet werden, also auch schon in der Phase der Tunnelbildung
mit scharfen Kanülen.
Abb. 3 Handhabung der Knopflochkanüle: Die Kanüle wird hinter den Flügeln am Kanülenschlauch
gefasst und unter drehender Bewegung langsam in den Tunnel eingeführt.
Quelle: Martin Stuber
Schorfentfernung und Shuntdesinfektion: der Schlüssel zur Vermeidung von Infektionen
Vor jeder Punktion muss der Punktionsschorf aseptisch und atraumatisch entfernt werden.
Ein vorgeweichter Schorf, z. B. durch Auflegen angefeuchteter Kompressen oder antiseptischer
Cremes, ist leichter zu entfernen. Vor der Schorfentfernung ist dieser zu desinfizieren
und anschließend aseptisch zu entfernen. Dafür eignen sich sterile Aufziehkanülen,
welche eine stumpfe Spitze haben.
Nach der Schorfentfernung ist die schorffreie Punktionsstelle erneut zu desinfizieren,
ehe die Punktionskanüle in den Tunnel eingeführt wird. Im Folgenden finden Sie den
kompletten Prozess in Stichworten zusammengefasst:
-
standardisierte Lage des Armes
-
Desinfektion Schorf, Einhalten der Einwirkzeit
-
atraumatische, aseptische Schorfentfernung
-
erneute Desinfektion der schorffreien Punktionsstelle
-
Einführen der Kanüle in den Punktionskanal
-
Fixierung der Kanülen nach Zentrumsstandard
Entfernen der Kanüle und Kompression der Knopflochtunnel
Das Entfernen der Kanülen, das Abdrücken der Punktionsstellen sowie die Abdrückzeit
unterscheiden sich nicht von der Strickleiterpunktion. Teilweise wird bei der Knopflochpunktion
von kürzeren Abdrückzeiten im Vergleich zu Strickleiterpunktion berichtet [
5
].
Experten für die Knopflochpunktion ausbilden
So einfach, wie die Knopflochpunktion scheint, so schwierig ist deren Anwendung ohne
Fachwissen und bei fehlenden praktischen Erfahrungswerten. Studien zeigen positive
[
11
], [
12
] sowie negative Ergebnisse mit dieser Technik [
13
]. Es fällt auf, dass die Studienergebnisse aus Einrichtungen mit Erfahrungswerten
zur Knopflochpunktion deutlich bessere Ergebnisse erzielen. Die Teilnahme an Seminaren
zur Knopflochpunktion und der regelmäßige Austausch von Knopflochexperten sind somit
ein wichtiges Element für die Einführung dieser Technik.
Zusammenfassung
Es ist anzustreben, dass in allen Dialysezentren einzelne Mitarbeiter über Kenntnisse
der Knopflochtechnik verfügen, um fertige Knopflochtunnel z. B. von Gastpatienten
punktieren zu können sowie auch eigene Zentrumspatienten im Einzelfall auf die Knopflochtechnik
umzustellen. Die Teilnahme an Seminarangeboten zur Knopflochpunktion, Inhouse-Schulungen
sowie die Beteiligung an Expertentreffen zur Knopflochpunktion sorgen dafür, dass
interessierte Mitarbeiter zu Experten der Knopflochtechnik werden.
Die interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft Dialysezugänge e. V. (IAD; www.dialysezugang.de) hat 2014 in Stuttgart ein internationales Expertentreffen zur Knopflochpunktion
durchgeführt. Auf der Homepage der IAD ist eine Adressliste dieser Knopflochexperten
bzw. Bildungsanbieter veröffentlicht. Eine Hospitation in den Zentren oder Inhouse-Schulungen
sind auf Anfrage möglich.
Beate Spindler, Leitung ifw-Regionalbüro Stuttgart