Unter den niedergelassenen Plastischen Chirurgen in den USA nutzten in einer Online
Umfrage etwa die Hälfte Soziale Medien [1]. Erwartungsgemäß hat mehr als die Hälfte von diesen das Medium als Marketing Instrument,
also für den Arzt-Patienten Kontakt, eingesetzt. Am häufigsten wurden demnach in den
USA Facebook
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, LinkedIn
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, Twitter
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und YouTube
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benutzt. Diejenigen, die in dieser Studie Soziale Medien nicht nutzten, waren am
häufigsten darüber besorgt, mit der Nutzung die berufliche Distanz zum Patienten zu
stark zu reduzieren, die Ärztliche Schweigepflicht zu verletzen oder wurden vom zeitlichen
Aufwand abgeschreckt.
Natürlich bieten die neue Medien, nicht nur Chancen sondern auch Risiken: Grundsätzlich
gilt es unter anderem auch den Datenschutz zu beachten, keine berufswidrige Werbung
zu verbreiten und das Fernbehandlungsverbot einzuhalten [2].
Begonnen hat der Trend etwa 2012/2013. Mittlerweile nutzen etwa 65% der Kliniken in
einer Umfrage an 53 Krankenhäusern in Deutschland ebenfalls Soziale Medien als Kommunikationskanal
[3]. Am häufigsten wurden in dieser Studie Facebook
®
und YouTube
®
genutzt, gefolgt von Xing
®
. Demnach wird Kliniken empfohlen, Soziale Medien in ein Gesamtkommunikationskonzept
einzubauen, um sie als Marketing Chance zu verwenden.
Aus unseren eigenen Erfahrung mit unserer Einheit in München ist weniger die Arzt-Patienten
Kommunikation der eigentlich Vorteil von Soziale Medien, sondern vielmehr die Arzt-zu-Arzt-Kommunikation
in einer „Peer Community“ und der damit verbundenen engen Einbeziehung von Fachkollegen
im In-und Ausland sowie besonders interessierten Medizinstudenten. Die beiden wesentlichen
Vorteile Sozialer Medien sind aus unserer Sicht dabei die Aktualität der Information,
die von anderen Medien unerreicht ist, und gleichzeitig die konkrete wechselseitige
Auswahl der Zielgruppe, sodass die Information auch wesentlich besser Ihren Adressaten
findet. Dadurch lassen sich bspw. aktuelle Lehrveranstaltungen oder Symposien sofort
an das interessierte Publikum kommunizieren. Genauso können etwa aktuelle Informationen
aus dem Fachgebiet, die der Nutzer Sozialer Medien selbst im Netz erhalten hat und
für mitteilenswert erachtet werden, per Mausklick sofort an andere Interessierte weiter
gegeben werden. Letztlich wird dadurch eine Art Informationsvorsprung bewirkt. Ob
dieser am Ende allerdings tatsächlich einen Vorteil bringt, ist natürlich von der
Qualität der Information abhängig.
Auch in Lehre und Forschung können Soziale Medien neue Möglichkeiten bieten. Viele
Zeitschriften wie etwa die Zeitschrift Plastic and Reconstructive Surgery veröffentlichen in regelmäßigen Abständen Hinweise auf aktuelle Publikationen und
Heftinhalte. Darüber hinaus gibt es auch eine ganze Reihe von Videos auf YouTube
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, die z. B. die spezielle angewandte Anatomie unseres Fachgebiets oder auch Operationstechniken
sehr instruktiv erläutern.
Ein rein wissenschaftliches Netzwerk stellt ResearchGate
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dar. Wissenschaftler können hier Ihre Publikationen über Datenbanken suchen, archivieren
und so eine Online-Publikationsliste erstellen. Arbeiten können auch hochgeladen werden,
allerdings muss beachtet werden, dass das Urheberrecht bzw. das Nutzungsrecht der
Verlage dies erlaubt. Die Plattform bewertet den Wissenschaftler mit dem sogenannten
„RG-Score“, dessen genaue Berechnungsformel unbekannt ist und von daher vielfältig
kritisiert wird. Hauptkritikpunkt ist, dass die Plattform Koautoren eines registrierten
Autors in seinem Namen per Email einlädt sich zu registrieren. Damit wird der Eindruck
erweckt, der Autor hätte dies veranlasst, obwohl sie ohne sein Zutun verschickt werden.
Auch Fachgesellschaften verwenden Soziale Medien immer mehr um ihre Mitglieder zu
erreichen. Gleichzeitig können sie auch im Sinne einer modernen Öffentlichkeitsarbeit
bspw. Inhalte des Fachgebiets und aktuelle Informationen aus dem Fachgebiet direkt
an den Patienten kommunizieren. Die Fachgesellschaften haben hier nicht nur die Möglichkeit,
sondern auch die Aufgabe das Fachgebiet im Sinne der wichtigen Patienteninformation
und -aufklärung kompetent zu vertreten. Gerade Patienten wenden digitale Medien immer
mehr an, um sich über ihre Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten zu informieren
und sich einen kompetenten Arzt zu suchen. Neben der Webseite gewinnen Soziale Medien
immer mehr darin an Bedeutung sich einen ersten Eindruck über den ausgewählten Arzt
zu verschaffen, ohne ihn persönlich aufsuchen zu müssen.
Die Anwendungsmöglichkeiten Sozialer Medien sind vielfältig, längst noch nicht ausgeschöpft
und die Kreativität hoch. Durch den Wandel unserer Kommunikations- und Informationswege
ist zu erwarten, dass immer mehr von uns nicht nur im privaten Bereich, sondern auch
in allen Bereichen der Plastischen Chirurgie und Handchirurgie zunehmend auch Soziale
Medien nutzen werden, wobei vor allem die Chancen vielfältig, auf den ersten Blick
vielleicht gar nicht ersichtlich sind und einem erst bei der tatsächlichen Nutzung
bewusst werden. Natürlich bergen Neuerungen immer auch Risiken, aber wie bei jeder
Innovation finden wir die Grenzen des eigentlichen Nutzen nur wenn wir sie einsetzen.
München im August 2015
Riccardo Giunta