Dialyse aktuell 2015; 19(07): 390
DOI: 10.1055/s-0035-1564388
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Metastasiertes Nierenzellkarzinom – Behandlungsrealität in Deutschland

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Publication Date:
22 September 2015 (online)

 
 

    Klinische Tumorregister wie das zum fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom (RCC) sind wichtige Instrumente der Versorgungsforschung. Denn im Gegensatz zu randomisierten klinischen Studien werden Patienten unselektiert aufgenommen, betonte Dr. Norbert Marschner, Freiburg, auf dem Symposium „Der Patient mit metastasiertem Nierenzellkarzinom – in Studien, Bildgebung und Behandlungsalltag“ im Rahmen der 58. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie (SWDGU) e. V., Friedrichshafen. Registerdaten sind daher wesentlich repräsentativer als Studien, denn sie liefern Daten zu alten oder kranken Patienten. Damit bilden sie das Vorgehen im klinischen Alltag, d. h. unter Real-Life-Bedingungen, ab. Das gilt auch für das IOMEDICO-Tumorregister zum fortgeschrittenen RCC, an dem 116 aktive Zentren und 288 Ärzte verteilt über ganz Deutschland teilnehmen. Mittlerweile wurden 1226 Patienten aufgenommen und prospektiv ab der ersten Therapielinie dokumentiert.

    Positive Studiendaten zu Pazopanib

    Marschner wies darauf hin, dass die Therapie des metastasierten RCC in den letzten Jahren wegen der zahlreichen Neuzulassungen einem dynamischen Wandel unterliegt. So war der TKI Sunitinib 2007 bei Start des Registers, als es kaum therapeutische Alternativen gab, die am häufigsten in der ersten Therapielinie verordnete Substanz. Mittlerweile hat der Anteil der Sunitinib-Verordnungen deutlich abgenommen, während der von Pazopanib seit 2010 erheblich gestiegen ist. Ursächlich sind laut Marschner positive Studiendaten zu Pazopanib (Votrient®), die das Verordnungsverhalten von Onkologen und Urologen stark beeinflussten. So spricht die COMPARZ-Studie bei vergleichbarer Effektivität von Suntinib und Pazopanib für das deutlich bessere Verträglichkeitsprofil von Pazopanib. „Mit dieser Substanz kommen anscheinend sowohl die Patienten als auch die Ärzte im Alltag besser zurecht“, erklärte der Onkologe.

    In der zweiten Therapielinie erhält jeweils etwa die Hälfte der Patienten erneut einen TKI oder einen mTOR-Inhibitor. Beide Strategien sind den Registerdaten zufolge mit einem progressionsfreien Überleben (PFS) von 18 Monaten vergleichbar. Dieses laut Marschner überraschend lange PFS erklärt sich mit der Tatsache, dass die hierzu ausgewerteten Patienten mindestens 2 Therapielinien erhielten. „Es handelt sich also um eine biologische Positivselektion“, so der Onkologe. Das Gesamtüberleben in diesem „positiv selektionierten“ Kollektiv erstreckt sich über nahezu 30 Monate. Marschner wertete das Ergebnis als erstaunlich, da die Patienten im Register im Schnitt 6 Jahre älter sind als Studienpatienten und meist Begleiterkrankungen aufweisen.

    Im Gesamtkollektiv der prospektiv ausgewerteten Patienten lag das Gesamtüberleben bei median 17,9 Monaten, d.h. war gut 10 Monate kürzer als in der COMPARZ-Studie. Das verwundert nicht, da nur 44 % der Registerpatienten als potenziell studiengeeignet klassifiziert werden konnten. 56 % dagegen hatten mindestens ein Ausschlusskriterium wie einen Karnofsky-Performance-Status von weniger als 80 %, einen Hämoglobin-Wert unterhalb der Norm oder ein nicht klarzelliges RCC.

    Beide Subgruppen unterscheiden sich in puncto Therapieergebnisse deutlich: Bei den potenziellen Studienpatienten betrug das PFS median 10,9 Monate, das Gesamtüberleben median 26 Monate. „Diese Zahlen sind fast identisch mit den Studiendaten“, kommentierte Marschner. Im nicht studiengeeigneten Subkollektiv dagegen waren diese Zeiten mit 5,6 bzw. 12,8 Monaten erheblich kürzer. Die IOMEDICO-Registerdaten können als repräsentativ für den klinischen Alltag gelten: In einer aktuellen US-Untersuchung wurde ein Gesamtüberleben von median 28,4 Monaten für studiengeeignete und von 12,5 Monaten für nicht studiengeeignete Patienten ermittelt.

    Katharina Arnheim, Freiburg

    Quelle: Symposium „Der Patient mit metastasiertem Nierenzellkarzinom – in Studien, Bildgebung und Behandlungsalltag“, veranstaltet von der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg, im Rahmen der 58. Jahrestagung der SWDGU e.V., Friedrichshafen, 07.05.2015


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