physiopraxis 2015; 13(09): 62
DOI: 10.1055/s-0035-1564479
physiospektrum
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Wer muss bei Terminausfall zahlen?

Karsten Bossow

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Publication Date:
10 September 2015 (online)

 

Karsten Bossow

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Karsten Bossow ist seit 1999 Rechtsanwalt. Seit 2003 ist er Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit 2010 für Medizinrecht.

Die Rechtsfrage

» Kürzlich meinte ein Dozent, dass Therapeuten keine Ausfallrechnung an Patienten stellen dürften. Zwischen Leistungserbringern und gesetzlich Versicherten gelte das Sachleistungsprinzip. Laut Rahmenverträgen sei eine direkte Bezahlung vom Patienten an den Leistungserbringer ausgeschlossen. Eine Ausfallrechnung sei dennoch möglich. Allerdings müsste sie direkt an die Krankenkasse gehen. Stimmt das? «

Michael Schiewack aus Kamenz

Die Antwort unseres Experten

Richtig ist zunächst, dass im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung der Behandlungsvertrag nicht zwischen Therapeut und Patient, sondern zwischen Therapeut und Krankenkasse geschlossen wird. Der Patient ist rechtlich gesehen Bote und/ oder Vertreter seiner Krankenversicherung, da er den Therapeuten auswählt und die Termine abstimmt. Er bestimmt den Vertragspartner sowie Zeit und Ort der Leistungserbringung.

Erscheint der Patient nicht zu einem Termin, müsste der Therapeut den Verdienstausfall eigentlich gegenüber der Krankenversicherung geltend machen, denn sie ist sein Vertragspartner. Soweit stimme ich Ihrem Dozenten zu. Ein solcher Anspruch auf Verdienstausfall wäre zivilrechtlicher Natur. Das Vertragsverhältnis zwischen Therapeut und Krankenkasse ist jedoch ein öffentlich-rechtliches, sodass es unwahrscheinlich ist, dass die Krankenversicherung überhaupt bei Verdienstausfall belangt wird. Selbst zivilrechtlich wäre ein Verschulden des Vertragspartners, also der Krankenversicherung, am Ausfall des Termins zu prüfen. Das wird in der Regel nicht vorliegen.

Allerdings ist der Patient Begünstigter aus dem Vertrag zwischen dem Therapeuten und der Krankenversicherung. Verletzt er schuldhaft seine Pflichten und führt dies zu einem Schaden beim Therapeuten, kann er diesem gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sein. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Terminvereinbarungen lediglich dem geregelten Praxisablauf dienen. Terminabsagen führen also nicht von vornherein zu Schadensersatzansprüchen. Sagt der Patient den vereinbarten Termin jedoch zu spät oder gar nicht ab und entsteht dem Therapeuten deshalb ein Schaden, muss der Patient diesen ersetzen, wenn er das Versäumnis zu vertreten hat. Die Höhe des Schadens wird sich in der Regel am entgangenen Erlös abzüglich ersparter Aufwendungen orientieren.

Der Therapeut ist andererseits verpflichtet, den Schaden zu reduzieren. So muss er versuchen, kurzfristig andere Patienten in dieser Zeit zu behandeln oder die Zeit für Verwaltungstätigkeiten, Schreibarbeiten oder Ähnliches zu nutzen. Erst wenn ihm dies nicht gelingt, kann er vom Patienten Schadensersatz verlangen. Schadensersatzansprüche sind also beim Patienten geltend zu machen, vertragliche bei der Krankenversicherung.

Wirft auch Ihr Berufsalltag rechtliche Fragen auf? Dann schreiben Sie eine E-Mail an Simone.Gritsch@thieme.de.


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Karsten Bossow ist seit 1999 Rechtsanwalt. Seit 2003 ist er Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit 2010 für Medizinrecht.