Sanfte Klänge, wenig Schmerz
Seit nunmehr 100 Jahren wird über die günstige Auswirkung von Musik auf Patienten
im Rahmen von Operationen und diagnostischen Eingriffen berichtet. Musik stellt ein
einfach anzuwendendes Hilfsmittel dar. Darüberhinaus ist ihre Anwendung im perioperativen
Umfeld – z. B. verglichen mit Analgetika oder Sedativa – nebenwirkungsfrei [
1
].
Der positive Effekt von Musik ist in einigen systematischen Übersichtsarbeiten beleuchtet
worden. Die aktuelle Arbeit von Hole et al. weist jedoch als Alleinstellungsmerkmal
umfassende Metaanalysen zu relevanten Endpunkten wie Schmerz, Analgetikabedarf und
Angst auf. Sie berücksichtigt mit 73 randomisierten, kontrollierten Studien das in
diesem Zusammenhang größte untersuchte Patientenkollektiv (n = 6902), wobei der häufigste
verwendete Musikstil beruhigenden Charakter hatte.
Die meisten Studien zeigten, dass Musik hilft, postoperative Schmerzen zu reduzieren.
Des Weiteren scheint Musik den Analgetikabedarf zu senken, Angst zu lindern und die
Patientenzufriedenheit zu erhöhen. Ihre vorteilhafte Wirkung ist bei Operationen in
Lokal- oder Regionalanästhesie, also an wachen Patienten, ausgeprägter als bei Operationen
unter Allgemeinanästhesie.
Bei der Interpretation dieser Ergebnisse gilt es zu beachten, dass Musik als kritisch
zu bewertende Intervention in Studien zu sehen ist, bei welchen Schmerz als Endpunkt
dient. Schmerz wird in Art und Stärke interindividuell unterschiedlich empfunden.
Eine Objektivierung ist schwer möglich [
2
]. Zudem ist eine Verblindung der Intervention Musik bei wachen Patienten, die sich
einem Eingriff unterziehen, nicht realisierbar. Folglich bergen Studien dieser Art
ein hohes Verzerrungspotenzial. Viele der eingeschlossenen Studien beinhalten eine
verhältnismäßig geringe Patientenanzahl. Ferner zeigen sie im Hinblick auf die Art
der durchgeführten Eingriffe sowie die Erfassung von Schmerz und Angst mittels unterschiedlicher
Bewertungsskalen eine große Heterogenität.
Schmerzreduktion durch Musik – auch in der Urologie
Trotz dieser Einschränkungen ist die Arbeit von Hole et al. gerade für die Urologie
als wertvoll zu erachten. Das Hören von Musik bei routinemäßigen urologischen Eingriffen
in Lokalanästhesie, wie rigider Zystoskopie [
3
] oder transrektaler Prostatastanzbiopsie [
4
], reduziert hiermit assoziierte Schmerzen und Angst. Gleiches gilt für kleinere Operationen
in Sedoanalgesie am äußeren Genitale, wie z. B. bei Varikozelen oder Hydrozelen [
5
].
Musik anbieten
Musik ist eine nicht invasive, sichere und kostengünstige Intervention. Ob der perioperative
Musikgebrauch auch zu einer signifikanten Kosteneinsparung im Rahmen von medizinischen
Behandlungen führt, könnte Gegenstand künftiger Studien sein. Die vorgestellten Ergebnisse
belegen erneut den positiven Einfluss von Musik bei Maßnahmen in unterschiedlichen
Fachdisziplinen. Somit kann dem praktizierenden Urologen empfohlen werden, die Vorteile
der Musik im klinischen Alltag zu nutzen. Wenn möglich und sinnvoll, sollte sie jedem
Patienten bei einem bevorstehenden Eingriff zumindest angeboten werden.
Roland Umbach, Prof. Dr. Thomas Knoll, Sindelfingen