Habermeyer P, Lichtenberg S, Tauber M et al.
Midterm results of stemless shoulder arthroplasty: a prospective study.
J Shoulder Elbow Surg 2015;
24: 1463-1472
Eine prospektive Untersuchung hat die klinischen und radiologischen Ergebnisse nach
Implantation eines neuen, schaftfreien Humeruskopfprothesensystems mit und ohne Glenoid-ersatz
betrachtet. Die Ergebnisse sind sowohl bei primärer Omarthrose als auch bei posttraumatischen
Situationen vergleichbar zu aktuellen schaftfixierten Implantatsystemen.
Habermeyer P, Lichtenberg S, Tauber M et al. Midterm results of stemless shoulder
arthroplasty: a prospective study. J Shoulder Elbow Surg 2015; 24: 1463–1472
Einleitung
Untersucht wurde die schaftfrei mittels Hohlschraube fixierte Humeruskopfprothese
(Eclipse™, Arthrex – Medizinische Instrumente GmbH, Karlsfeld), an deren Entwicklung
und Vermarktung die Autoren beteiligt sind. Im Jahr 2005 erfolgte die Markteinführung.
Als Stärken des Systems werden die gute Zugänglichkeit zum Glenoid im Vergleich zum
Oberflächenersatz, eine verminderte Belastung der lateralen Humeruscorticalis, die
Unabhängigkeit von der ggf. veränderten Schaftachse in posttraumatischenen Situationen
und eine gute Revidierbarkeit bei intakt belassenem Humerusschaft postuliert.
Methodik
78 schaftfreie Implantate mit einem durchschnittlichen Follow-up von 6 Jahren wurden
bei posttraumatischer Indikation und nach primärer Omarthrose untersucht. Erhoben
wurde der alters- und geschlechtsspezifische Constant-Murley- Score und radiologische
Parameter. Als Kontraindikationen der Implantation galten Rheumatoide Arthritis, Osteoporose
und größere Knochendefekte unterhalb der Resektionsebene.
Jeweils 39 Schultern wurden mit bzw. ohne Glenoidersatz versorgt. Der Glenoidersatz
erfolgte bei 24 der 39 Patienten mit einem rückseitig metallverstärkten Glenoidimplantat
und bei 15 Patienten mit einem zementierten Polyethylen-Glenoid.
Ergebnisse
Die klinischen Ergebnisse zeigten sich, mit Ausnahme bei der Kraftentwicklung in Abduktion,
sowohl nach primärer Omarthrose als auch in posttraumatischen Situationen signifikant
zum präoperativen Zustand verbessert. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede
in Abhängigkeit der zugrundeliegenden Indikation. Die Ergebnisse waren den Ergebnissen
schaftfixierter Prothesen im Literaturvergleich nicht unterlegen. Ebenso fand sich
hinsichtlich Schmerzreduktion und Funktionsgewinn bei primärer Arthrose kein Unterschied
zwischen isoliertem Humeruskopfersatz und Totalendoprothese (Constant-Score 84 % vs.
77 %).
9 % der Schultern erfuhren Revisionsoperationen, jedoch ohne Implantatspezifische
Indikationen (1 Rotatorenmanschettennaht, 3 Wechsel auf inverse Prothesen bei Rotatorenmanschettendefekten,
2 Glenoidwechsel bei Lockerung metallverstärkter Glenoidimplantate, 1 sekundärer Glenoidersatz
nach Hemiarthroplastik, 1 Infektrevision). Die Komplikationsrate betrug insgesamt
12,8 % (Komplikationsraten schaftfixierter Prothesen werden in der Literatur mit 6,7
% bis 20,2 % angegeben).
Eine Humeruskopfmigration als Ausdruck einer Rotatorenmanschetteninsuffizienz zeigte
sich radiologisch in 39 % der Fälle (schaftfixierte Systeme: 47 % nach 10 Jahren)
mit Limitierung des aktiven Bewegungsausmaßes in 8 % der Fälle. Eine verminderte Knochendichte
zeigte sich nativradiologisch bei 41 % der nachuntersuchten Prothesen im Bereich des
Tuberculum majus ohne Korrelation zum Patientenalter. In 72 % des rein humeralen Gelenkersatzes
zeigte sich radiologisch ein sekundärer Glenoidverschleiß. Ein Einfluss auf den alters-
und geschlechtsspezifischen Constant-Score oder die aktiven Bewegungsausmaße konnte
nicht nachgewiesen werden.
Kommentar
Die Autoren präsentieren vergleichbare klinische Ergebnisse und Komplikationsraten
der schaftfrei fixierten Prothese im Vergleich zu klassisch schaftfixierten Prothesen.
Interessanterweise fanden sie keine Abhängigkeit der Ergebnisse von der zugrundeliegenden
Indikation und keine Überlegenheit der Totalendoprothese im Vergleich zur humeralen
Hemiprothese, wie sie von anderen Autoren beobachtet wurden. Ebenso interessant ist
die Erfahrung der Autoren mit einer erhöhten Komplikationsrate der rückseitig metallverstärkten
Glenoidkomponenten, die einen Wechsel ihres Therapiealgorithmus hin zu reinen Polyethylen-Implantaten
nach sich zog. Radiologische Lockerungen der Prothese wurden nicht beobachtet, bei
jedoch häufig nachgewiesener Abnahme der Knochendichte im Bereich des Tuberculum majus.
Bei all diesen Ergebnissen kann es sich angesichts der Größe des Patientenkollektivs
und der Länge des Nachuntersuchungszeitraumes nur um eine erste Einschätzung handeln,
die die weitere klinische Erprobung des Implantates rechtfertigen. Zur korrekten Einordnung
dieser Ergebnisse sind jedoch weitere Studien unerlässlich.