kma - Klinik Management aktuell 2016; 21(06): 50-53
DOI: 10.1055/s-0036-1578164
Unternehmen & Märkte
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Kliniken Frankfurt-Main-Taunus GmbH: Fusion der anderen Art

Dirk Mewis
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Publication Date:
31 May 2016 (online)

 

    Verschmelzen zwei Klinikunternehmen, geht dies in der Regel mit einer – zumindest teilweisen – Zusammenlegung von Abteilungen einher. Nicht so bei den fusionierten Kliniken Frankfurt-Main-Taunus (FMT). Hier gilt das Prinzip Aufrüsten, wie Geschäftsführer Tobias Kaltenbach im Interview mit kma deutlich macht.


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    Zur Person

    Tobias Kaltenbach ist Geschäftsführer und Sprecher der Kliniken Frankfurt-Main-Taunus GmbH mit den Standorten Höchst, Bad Soden und Hofheim. Seit 2013 steht der 55-Jährige an der Spitze der Main-Taunus-Kliniken. Bis 2011 war er 16 Jahre für Asklepios tätig, davon die letzten dreieinhalb Jahre als Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung. Im Gespräch zeigte er sich freundlich und zurückhaltend; es ist zu spüren, dass er nicht gern im Rampenlicht steht.

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    (Foto: MTK)

    Warum wurde die Frankfurt-Main-Taunus (FMT) GmbH gegründet?

    Die Krankenhauslandschaft in Deutschland verändert sich. Und ein Megatrend ist die Professionalisierung der Krankenhausstrukturen durch den Zusammenschluss von einzelnen Krankenhäusern zu Verbünden. Noch vor einigen Jahren ist deshalb viel privatisiert worden, das ist jetzt nicht mehr der Fall. Denn einerseits gibt es inzwischen nicht mehr so viele Kaufgelegenheiten, anderseits haben die privaten Häuser in Deutschland schon heute mit 30 Prozent an den Häusern und 18 Prozent an den Betten einen größeren Marktanteil als in Amerika, dem Mutterland der Privatisierung.
    Gleichzeitig bietet – bei allen Fragestellungen rund um die Erlössteigerung und Kostensenkung sowie die Optimierung klinischer und nicht-klinischer Aufbau- und Ablauforganisation – eine Verbundstruktur klare strategische und organisatorische Vorteile. Verwaltungsstrukturen können so beispielsweise für die Bereiche Personal, Einkauf und IT zentral zusammengefasst werden und in einer effizienteren Organisationsstruktur arbeiten. Deshalb haben sich die Main-Taunus-Kliniken mit ihren Standorten in Hofheim und Bad Soden seit Anfang dieses Jahres mit dem städtischen Klinikum in Frankfurt-Höchst in einer gemeinsamen Klinik-Dachgesellschaft zusammengeschlossen. Mit der Kliniken Frankfurt-Main-Taunus (FMT) GmbH entsteht so der größte kommunale Klinikverbund in der Region.

    Wie sieht die Dachgesellschaft aus?

    Die Anteile an der Dachgesellschaft halten zu je 50 Prozent die Stadt Frankfurt am Main und der Main-Taunus-Kreis. Ihr Unternehmenssitz ist Frankfurt am Main. Die Kliniken FMT übernehmen jeweils 94 Prozent der Anteile des Main-Taunus-Kreises und der Stadt Frankfurt an deren Klinik-Gesellschaften. Aus steuerlichen Gründen behalten beide Kommunen je sechs Prozent der Anteile in eigenem Besitz.

    Die Gründungsphase verlief holperig …

    … sicher, es war ein langer Weg bis hierhin, und es ist eine große Herausforderung, zwei bislang selbstständige Unternehmen auf Augenhöhe zu integrieren. Die Dachgesellschaft ist die beste aller möglichen Lösungen für die Patienten. Dadurch wird das Versorgungsspektrum der Kliniken, zum Beispiel des Höchster Klinikums als Haus der Maximalversorgung, gesichert, und sie bleiben in kommunaler Trägerschaft. Die Fusion ist auch ein zukunftsweisendes Beispiel für die Zusammenarbeit zweier Gebietskörperschaften.

    Was ist das Ziel?

    Das Rhein-Main-Gebiet ist ein äußerst wettbewerbsintensiver Klinikmarkt. Es gibt hier in einem Umkreis von 30 Kilometern über 40 Kliniken. Durch den Zusammenschluss können die medizinischen Angebote der beteiligten Krankenhäuser nicht nur gesichert, sondern noch ausgebaut werden. Der Patient kann hier in vielen medizinischen Disziplinen umfassend versorgt werden. Das ist ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal unseres Unternehmens im Rhein-Main-Gebiet. Gemeinsam können wir beispielsweise nun aufgrund unserer Größe kardiologische Spezialitäten auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und in höchster Qualität anbieten, wie sie ein Krankenhaus alleine kaum vorhalten kann. Das gilt auch für andere Gebiete wie beispielsweise die Chirurgie, die Geriatrie oder die Psychiatrie.

    Soll das medizinische Angebot ausgeweitet werden?

    Ja, das ist unsere Strategie. Ein Abbau von Kapazitäten wäre dagegen weder aus Gründen der Versorgungssicherheit noch aus ökonomischen Gründen sinnvoll, denn unsere Krankenhäuser sind heute schon voll ausgelastet und phasenweise sogar überbelegt. Gleichzeitig werden jetzt aber standortübergreifende Schwerpunktzentren gegründet. Die fusionierten Kliniken verfügen dann in der Region Rhein-Main unter anderem über die größte Geburtshilfe- und Kinderklinik sowie über das größte Brustkrebszentrum.

    Bleibt das Portfolio erhalten? Oder werden einzelne Abteilungen zusammengelegt und geschlossen?

    Angesichts des Portfolios beider Klinikbetreiber ist die Schließung einzelner Abteilungen keine Option, da sie zu Erlösverlusten führen würde, die mögliche Kosteneinsparungen übersteigen. Unsere Analysen haben ergeben, dass die Einzugsbereiche, aus denen die Patienten der Kliniken kommen, sehr unterschiedlich sind. So gingen durch eine Zusammenlegung medizinischer Abteilungen zu viele Patienten verloren: Wenn wir die Kardiologie in Bad Soden schließen würden und nur noch in Höchst eine kardiologische Abteilung hätten, würden sich die Patienten aus Bad Soden zu einem erheblichen Teil in Richtung anderer Kliniken jenseits der Kreisgrenzen orientieren, die für sie näher oder besser erreichbar sind als Höchst.

    Was ist das ökonomische Ziel der Kliniken Frankfurt-Main-Taunus?

    Durch den Zusammenschluss entsteht jetzt der größte kommunale Klinikverbund in der Region mit insgesamt rund 1.500 Betten und 3.600 Mitarbeitern. Es ist unser Ziel, dass sich die drei Kliniken in Hofheim, Höchst und Bad Soden im Abstand von wenigen Kilometern keine Konkurrenz, sondern ihre Synergien zu Nutze machen. Wir erwarten, durch den Zusammenschluss schon ab 2020 ein positives operatives Ergebnis erreichen zu können.

    Wie soll das erreicht werden?

    Das zeigt beispielhaft die Entwicklung der Main-Taunus-Kliniken in den letzten drei Jahren. Im Geschäftsjahr 2015 betrugen die betrieblichen Erlöse 107 Millionen Euro, was eine Steigerung um 9 Millionen Euro bedeutet. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Steigerung der Patientenzahlen. Unter anderem dadurch wie auch durch Kosteneinsparungen konnten wir, nachdem der Verlust in 2012 noch 10 Millionen Euro betrug, ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen. Wir gehen davon aus, dass der Verbund durch neue Angebote und mehr Patienten bis 2018 mindestens acht Millionen Euro zusätzlich einnehmen kann. Außerdem sollen durch verbesserte Abläufe und Einsparungen beim medizinischen Sach- und Arzneimittelbedarf in den medizinischen und in Bereichen wie Apotheke, Labor oder Radiologie sowie durch Kostenreduktionen im sogenannten tertiären Bereich wie der Gebäudeinstandhaltung, der Energieversorgung, der Speisenversorgung oder der IT insgesamt 4,5 Millionen Euro eingespart werden.

    Soll Personal abgebaut werden?

    Unser Geschäftsmodell ist nicht auf Rückgang ausgelegt, der Personalbestand von derzeit rund 3.600 Mitarbeitern soll sich in fünf Jahren nicht verringern. Prinzipiell rechnen wir sogar mit mehr Arbeit und zusätzlichem Personalbedarf. Denn laut einer Studie der Hessenagentur nimmt die Zahl der Patienten in unserem Einzugsgebiet bis 2030 um 14 Prozent zu. Aber wir werden voraussichtlich teilweise andere Mitarbeiter als heute benötigen.

    Interview: Dirk Mewis

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    Dorothea Dreizehnter ist seit wenigen Monaten neue Chefin des Klinikums Höchst. Zuvor arbeitete die 50-Jährige bei Sana, zunächst als Generalbevollmächtigte für die Region Nordrhein-Westfalen mit sechs Akutkrankenhäusern, zuletzt als Mitglied des Vorstands der AG. Obgleich kma das Interview mit beiden FMT-Spitzen führen wollte, kam es nur mit Tobias Kaltenbach zustande.(Foto: Neuman)
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    MTK Standort Bad Soden: Das Haus inmitten des Eichwalds (l. und u.) hat 385 Betten. Neben den Akutkliniken Bad Soden und Hofheim gibt es noch eine kleine Fachklinik.(Foto: MTK)

    Die Kliniken Frankfurt-Main-Taunus (FMT) GmbH


    Die Stadt Frankfurt und der Main-Taunus-Kreis haben ihre Kliniken in Höchst (Frankfurt), Hofheim (MTK) und Bad Soden (MTK) im Februar verschmolzen. Die Fusion soll die defizitären Häuser in die schwarzen Zahlen bringen. Mit der Kliniken Frankfurt-Main-Taunus (FMT) GmbH entsteht so der größte kommunale Klinikverbund in der Region.


    Der Aufsichtsrat wird von drei ausgewiesenen Gesundheitsexperten angeführt. Den Vorsitz übernimmt Harald Schmidt. Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater hat lange Jahre den Gesundheitssektor bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers geleitet. Schmidts Stellvertreter sind Bernd Weber, Gründer und bis 2012 Vorstandsvorsitzender des evangelischen Krankenhauskonzerns Agaplesion, und Monika Thiex-Kreye. Sie war Verwaltungsdirektorin des Klinikums Höchst und danach Geschäftsführerin des Klinikums Hanau.

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    Krankenhaus Hofheim: In den ersten Bauabschnitt des Neubaus sind Mitte November 2014 die medizinischen Abteilungen gezogen. Im Herbst wird der Baupartner Vamed den zweiten Bauabschnitt an die Klinik übergeben. Der Neubau (167 Betten) kostet 60 Millionen Euro, davon zahlt das Land Hessen 30 Millionen Euro.(Foto: MTK)

    Beide im Minus – mit positiver Tendenz

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    (Quelle: hps)
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    Bekannte Gesichter im Aufsichtsrat: Monika Thiex-Kreye und Bernd Weber sind Kenner der Main-Rhein-Region. Weber hatte als Gründer und Vorstandsvorsitzender von Agaplesion seinen Arbeitssitz in Frankfurt, Kreye führte rund fünf Jahre die Geschäfte des Klinikums Hanau in der Nähe von Frankfurt.(Fotos: Klinikum Hanau/kma)

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    (Foto: MTK)
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    Dorothea Dreizehnter ist seit wenigen Monaten neue Chefin des Klinikums Höchst. Zuvor arbeitete die 50-Jährige bei Sana, zunächst als Generalbevollmächtigte für die Region Nordrhein-Westfalen mit sechs Akutkrankenhäusern, zuletzt als Mitglied des Vorstands der AG. Obgleich kma das Interview mit beiden FMT-Spitzen führen wollte, kam es nur mit Tobias Kaltenbach zustande.(Foto: Neuman)
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    MTK Standort Bad Soden: Das Haus inmitten des Eichwalds (l. und u.) hat 385 Betten. Neben den Akutkliniken Bad Soden und Hofheim gibt es noch eine kleine Fachklinik.(Foto: MTK)
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    Krankenhaus Hofheim: In den ersten Bauabschnitt des Neubaus sind Mitte November 2014 die medizinischen Abteilungen gezogen. Im Herbst wird der Baupartner Vamed den zweiten Bauabschnitt an die Klinik übergeben. Der Neubau (167 Betten) kostet 60 Millionen Euro, davon zahlt das Land Hessen 30 Millionen Euro.(Foto: MTK)
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    (Quelle: hps)
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    Bekannte Gesichter im Aufsichtsrat: Monika Thiex-Kreye und Bernd Weber sind Kenner der Main-Rhein-Region. Weber hatte als Gründer und Vorstandsvorsitzender von Agaplesion seinen Arbeitssitz in Frankfurt, Kreye führte rund fünf Jahre die Geschäfte des Klinikums Hanau in der Nähe von Frankfurt.(Fotos: Klinikum Hanau/kma)