Fragestellung:
Eine Dysbalance angiogener Faktoren gilt heutzutage als wichtiger Pathomechanismus
bei der Entstehung einer Präeklampsie. Insbesondere der sFlt-1/PlGF Quotient hat sich
als besonders hilfreich bei der Diagnostik und auch Prognose etabliert. Für die Diagnosestellung
bzw. den Ausschluss einer Präeklampsie stehen in der klinischen Routine untere (33)
und obere (abhängig vom Gestationsalter: 85 (< 340 SSW) bzw. 110 (≥340 SSW)) Cut-off-Werte zur Verfügung. Für den Wertebereich zwischen 33 und 85 bzw. 110
ist wenig hinsichtlich klinischer Wertigkeit, Verlauf und Prognose bekannt. Dieser
als Intermediärzone bezeichnete Wertebereich bildet somit eine besondere Herausforderung,
insbesondere dann, wenn sich die Patientin ohne Symptome vorstellt.
Methodik:
In unserer Klinik wurde der sFlt-1/PlGF-Quotient bei 533 Patientinnen mit Verdacht
auf Präeklampsie untersucht. Es erfolgte eine detaillierte retrospektive Analyse und
Beschreibung von Patientinnen mit sFlt-1/PlGF im Bereich der Intermediärzone sowie
eine Subgruppenanalyse (< 370/340-366/≥370; Patientinnen mit/ohne Frühgeburt; Patientinnen mit/ohne Präeklampsie im weiteren
Schwangerschaftsverlauf).
Ergebnisse:
Der sFlt-1/PlGF Quotient lag bei 83/533 (15,6%) Patientinnen im Intermediärbereich.
Mütterliche (60,2% hypertensive Grunderkrankungen, 20,5% andere nicht-hypertensive
Erkrankungen) und fetale Komorbiditäten (32,5%, hauptsächlich intrauterine Wachstumsrestriktionen)
sowie Zwillingsschwangerschaften (18,1%) waren häufig. Nur 10/83 (12,0%) der Patientinnen
hatten letztendlich eine gesunde Einlingsschwangerschaft. Eine Präeklampsie/ein HELLP-Syndrom
traten bei 26/83 (31,3%) Patientinnen, meist mit milder oder moderater Ausprägung
(65,4%), bei 9/83 (10,8%) Patientinnen mit schwerem Verlauf auf. Die Frühgeburtenrate
betrug bei Patientinnen, die vor der 370 SSW getestet wurden, 54,8%. Fast alle Patientinnen (92%), die vor der 340 SSW getestet wurden, entbanden vor der 370 SSW. Das Gestationsalter zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung korrelierte negativ
mit der Dauer der weiteren Schwangerschaft (r =–0,424; p < 0,001).
Schlussfolgerung:
Bei Patientinnen mit und ohne Hinweiszeichen für eine Präeklampsie und einem sFlt-1/PlGF-Quotienten
im Intermediärbereich (33 – 85 bzw. 33 – 110) ist das Risiko für eine Frühgeburt erhöht.
Bei einem sFlt-1/PlGF-Quotienten im Intermediärbereich sollte insbesondere bei Patientinnen
mit geringerem Schwangerschaftsalter eine engmaschige Betreuung erfolgen, weil das
Frühgeburtsrisiko – auch unabhängig vom Vorliegen einer Präeklampsie – erhöht ist.