Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604505
Symposien
S-02 Ambulante Suchtkrankenversorgung. Beratung – Behandlung – Netzwerkarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ambulante Akutbehandlung Suchtkranker: Was leistet die (Sucht)Psychiatrie?

H Fleischmann
1   Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
08 August 2017 (online)

 
 

    Einleitung:

    Suchtkranke werden überwiegend akut und stationär, am häufigsten in der (Sucht)Psychiatrie behandelt. Institutsambulanzen übernehmen zunehmend die Akutbehandlung Suchtkranker. Die spezifische Behandlung in Beratungsstellen, die die größte Kontaktdichte umfasst, wird als Beratung und nicht im Sinne des SGB V als Akutbehandlung bewertet.

    Methodik:

    Die Aufgaben der ambulanten Akutbehandlung werden aus der S3-LL abgeleitet. Konkretisiert werden sie durch den Qualitätsbericht der bayerischen Institutsambulanzen und den Ergebnissen einer differenzierten Analyse des Ressourceneinsatzes in der PIA einer psychiatrischen Versorgungsklinik.

    Ergebnisse:

    Der Anteil Suchtkranker lag in den bayerischen Institutsambulanzen (n = 83.601, 2012) bei 10,1%. Sie kamen zu 50% ohne Zuweisung, d.h. als Krisen bzw. Notfälle oder spontan in Behandlung. Sie waren zu 16% in psychiatrischer Vorbehandlung. Eine suchtspezifische Vorbehandlung fand in 9% statt, an Beratungsstellen angebunden waren ca. 2% der Patienten. Der ärztliche Aufwand pro Quartal lag in der speziell untersuchten PIA im Schnitt bei 72 min., der nicht-ärztliche Anteil bei 120 min. Ein höherer Aufwand wurde bei poststationärer Nachbehandlung beobachtet. Der Aufwand korrelierte ferner mit der Anzahl der stationären Akutbehandlungen. Daten aus dem System der vertragsärztlichen Versorgung der KV waren selten. Im 1. Quartal 2012 wurden von der KV-Bayern 157.785 Behandlungsfälle wegen Sucht (ohne F17) berichtet, darunter 105.308 Personen (66,7%) wegen alkoholbezogener Störungen und 38.451 Fälle (24,4%) wegen anderer (illegaler) suchtbezogener Störungen.

    Schlussfolgerung:

    Suchtkranke werden im Vergleich zu anderen psychisch Kranken weniger häufig in den PIAs ambulant erreicht. Sie werden darüber hinaus schwerpunktmäßig anders versorgt als andere psychisch Kranke. Es besteht ein hoher „Nachholbedarf“ in der spezifischen ambulanten Akutversorgung. Vermutlich wird der akute Behandlungsbedarf eines Großteils der Patienten von den Beratungsstellen aufgefangen, mit denen nur eine geringe Überschneidung der Patientenkollektive zu bestehen scheint. Dies wirft u.a. Fragen nach einer nicht diskriminierenden Finanzierung von Beratungsstellen auf, da diese überwiegend aus öffentlichen Mitteln institutionell gefördert sind und keine Leistungen aus der Krankenversicherung erhalten.


    #