Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604566
Symposien
S-17 Konsummuster und Risikofaktoren bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schulbezogene Risikofaktoren des pathologischen Internet- und Computerspielgebrauchs

S Schoenmaekers
1   Pädagogische Hochschule Heidelberg
,
K Halasy
1   Pädagogische Hochschule Heidelberg
,
K Lindenberg
1   Pädagogische Hochschule Heidelberg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. August 2017 (online)

 
 

    Einleitung:

    Immer mehr Forschungsarbeiten widmen sich der Untersuchung von Risikofaktoren des pathologischen Internet- und Computerspielgebrauchs. Zahlreiche Befunde unterstreichen auf diesem Gebiet die Bedeutung von soziodemografischen Variablen wie Geschlecht und Alter oder von komorbiden psychischen Störungen. Der Zusammenhang von pathologischem Internet- und Computerspielgebrauch und schulbezogenen Faktoren ist bislang unzureichend erforscht. Die vorliegende Arbeit schließt diese Lücke, indem der Zusammenhang von schulrelevanten Faktoren wie Absentismus, Schulleistungen, Prokrastination sowie Sozial- und Lernverhalten mit pathologischem Internet- und Computerspielgebrauch in Anlehnung an die diagnostischen Kriterien der Internet Gaming Disorder (IGD) untersucht wird. Ein besseres Verständnis von Risikofaktoren ist essentiell für die Identifikation von Risikopopulationen und für die Entwicklung von wirksamen Präventionsprogrammen.

    Methodik:

    N = 5357 Schülerinnen und Schüler zwischen 11 und 20 Jahren (M = 14,69, SD = 1,91) nahmen an einem Risiko-Screening teil, bei dem durch die Compulsive Internet Use Scale (CIUS) n = 459 Jugendliche mit erhöhtem Risiko für diese Studie gewonnen werden konnten. In dieser Gruppe wurden Schulnoten, Fehltage, Prokrastinationsverhalten sowie Sozial- und Lernverhalten mit dem Allgemeinen Prokrastinationsfragebogen (APROF) sowie der Schüler-Einschätzliste zum Sozial- und Lernverhalten (SSL) erfasst. Pathologische Internet- und Computerspielnutzung wurde mit der Computerspielabhängigkeitsskala (CSAS) sowie mit der deutschen Version der Compulsive Internet Use Scale (CIUS) erhoben.

    Ergebnisse:

    Sowohl Prokrastinationsverhalten als auch Sozial- und Lernverhalten stehen in einem signifikanten Zusammenhang mit pathologischem Internet- und Computerspielgebrauch und klären mehr Varianz auf als soziodemografische Variablen wie etwa Geschlecht und Alter oder andere schulbezogene Maße wie Schulnoten und Fehltage. Dabei scheint die Selbstkontrolle in Verbindung mit der täglich verbrachten Online-Zeit eine besondere Rolle zu spielen: Schülerinnen und Schüler, die viel Zeit im Internet verbringen und eine geringe Selbstkontrolle haben, neigen eher zu pathologischem Computerspiel- und Internetgebrauch als solche, die über eine höhere Selbstkontrolle verfügen.

    Schlussfolgerung:

    Neben bisher nachgewiesenen Risikofaktoren des pathologischen Internetgebrauchs (z.B. Alter, Geschlecht, komorbide psychische Störungen) unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung von schulbezogenen psychologischen Faktoren. Angesichts des frühen Erkrankungsalters und der besonderen Wichtigkeit der Prävention im Schulkontext ist dieser Befund hoch relevant. Präventionsprogramme sollten an einer Veränderung dieser Faktoren (Prokrastination, Sozial- und Lernverhalten) ansetzen.


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