Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0037-1604630
Prävalenz und Behandlung des Erwachsenen-ADHS bei Alkoholabhängigen in der stationären Entwöhnung
Publication History
Publication Date:
08 August 2017 (online)
Einleitung:
Während die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Erwachsenenalter 2,5% der Allgemeinbevölkerung betrifft, ist sie weitaus häufiger bei Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit, jedoch sind die Prävalenzraten aus bisherigen Studien uneinheitlich und schwanken zwischen 6 und 21%. ADHS in der Kindheit erhöht die Wahrscheinlichkeit, früher Substanzen zu konsumieren und eine Abhängigkeit zu entwickeln, erschwert die Behandlung und beeinträchtigt den Behandlungserfolg der Abhängigkeitserkrankung, jedoch ist das Erwachsenen-ADHS bei Suchtkranken unterdiagnostiziert. Ziel der Studie war die Erwachsenen-ADHS-Prävalenz bei abstinenten, alkoholabhängigen Patienten in der MEDIAN Klinik Wilhelmsheim während einer stationären Entwöhnungsbehandlung (8 – 16 Wochen) zu ermitteln.
Methodik:
Alle Studienpatienten erhielten ein strukturiertes, klinisches Interview zur Diagnostik einer Kindheits- und Erwachsenen-ADHS anhand der DSM-IV-Kriterien (DIVA2.0). Bei einer Verdachtsdiagnose wurden die Patienten durch zwei Psychiater abgeklärt, worauf die endgültige Diagnose in einem Beobachtungszeitraum von bis zu 5 – 8 Wochen nach Aufnahme gestellt wurde.
Ergebnisse:
488 von 624 (78,2%) aufgenommenen Patienten mit Alkoholabhängigkeit wurden von 1 – 10/2016 in die Studie eingeschlossen. 36 Patienten mussten nachträglich ausgeschlossen werden, da sie kein DIVA-Interview erhielten, sodass 452 Patienten ausgewertet werden konnten (92,6% aller eingeschlossenen Patienten). 20,6% der untersuchten Patienten (n = 93) wiesen eine Erwachsenen-ADHS-Diagnose auf. Diese waren signifikant jünger bei Aufnahme, beschrieben eine signifikant frühere Abhängigkeitsentwicklung für Alkohol und Nikotin, waren signifikant schwerer von Alkohol (Alcohol Dependence Scale, ADS: 18,5 vs. 12,9, p < 0,001) und signifikant häufiger zusätzlich von Tabak oder Drogen abhängig. Von 93 Patienten mit Erwachsenen-ADHS wünschten 75 Patienten eine medikamentöse Behandlung. 56 Patienten wurden mit Methylphenidat (Ritalin adult®) behandelt, worunter bei 44 Patienten eine Teil-/Vollremission der Symptomatik eintrat. 17 Patienten wurden mit Atomoxetin (Strattera®) behandelt, wobei bei 6 Patienten eine Teil-/Vollremission der ADHS-Symptomatik auftrat. 2 Patienten wurden initial mit Bupropion (Elontril®) behandelt, worunter eine Teilremission eintrat.
Schlussfolgerung:
Trotz des konservativen Studiendesigns mit insgesamt drei geforderten diagnostischen Interviews zur ADHS-Diagnosestellung, die über einen Zeitraum von mehreren Wochen durchgeführt wurden, zeigten sich in dieser Studie hohe Erwachsenen-ADHS-Prävalenzraten bei langzeitabstinenten, alkoholabhängigen Patienten in einer stationären Entwöhnungseinrichtung. Die medikamentöse Behandlung wurde gut angenommen und zeigte bei der Mehrzahl der behandelten Patienten eine deutliche Besserung der Symptomatik.
#