Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604637
Symposien
S-35 20 Jahre „Be Smart – Don't Start“ in Deutschland: Eine schulbasierte Maßnahme zur Förderung des Nichtrauchens
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

‚Experiment Nichtrauchen‘: Ergebnisse zweier in der Schweiz durchgeführter Studien zum Rauchstatus und den Einstellungen gegenüber präventiven, strukturellen Maßnahmen

S Stucki
1   Sucht Schweiz, Lausanne
,
A Archimi
2   Amt für Gesundheit des Kantons Freiburg
,
S Kuntsche
1   Sucht Schweiz, Lausanne
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
08 August 2017 (online)

 
 

    Einleitung:

    Tabakkonsum ist eine der wichtigsten Ursachen für chronische Erkrankungen und frühzeitige Todesfälle in Europa. Der Schulklassenwettbewerb ‚Experiment Nichtrauchen‘ ist ein Präventionsprogramm, welches darauf abzielt, einen (frühzeitigen) Einstieg in den Tabakkonsum zu verhindern bzw. bereits rauchende Schülerinnen und Schüler zum Aufhören zu motivieren. Zielgruppe sind Klassen der obligatorischen Sekundarstufe, die meisten der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler sind zwischen 12 und 15 Jahre alt. Anhand zweier Studien wurden folgende Fragestellungen untersucht: (a) Zusammenhang der Teilnahme am Programm mit dem Rauchstatus (Studien 1 und 2); (b) der moderierende Einfluss der Peer-Gruppe auf den Erfolg der Maßnahme (Studie 1); (c) der Zusammenhang zwischen einer Teilnahme am Programm und der Einstellung gegenüber präventiven, strukturellen Massnahmen (i.e. Preiserhöhungen, Werbeeinschränkungen an Verkaufsstellen, generelles Werbeverbot; Studie 2).

    Methodik:

    Anhand von Regressionsanalysen wurden Gruppenunterschiede (Teilnahme bis Ende des Wettbewerbs resp. Teilnahme mit Abbruch des Wettbewerbs vs. Nichtteilnehmende) untersucht. In Studie 1 wurden basierend auf Daten eines quasiexperimentellen Designs Mehrebenenanalysen durchgeführt (1.034 Schülerinnen und Schüler aus 64 Schulklassen, mittleres Alter 13,3 Jahre). Studie 2 basierte auf Regressionsanalysen von national repräsentativen Querschnittsdaten zu einer ehemaligen Teilnahme am Wettbewerb (N = 2.669, 19,3 Jahre).

    Ergebnisse:

    Studie 1 ergab, dass eine Teilnahme am ‚Experiment Nichtrauchen‘ nur dann zu einer verminderten Rauchprävalenz führte, wenn in der Peer-Gruppe noch nicht geraucht wurde (OR = 0,3; CI = 0,2 – 0,5; p < 0,001). Hingegen nahm in Klassen mit rauchenden Peers die Rauchprävalenz sogar zu (OR = 3,7; CI = 1,7 – 8,2; p < 0,01). In Studie 2 konnte gezeigt werden, dass eine ehemalige Teilnahme am ‚Experiment Nichtrauchen‘ mit einem geringeren Anteil täglich Rauchender zum Zeitpunkt des Surveys einherging (OR = 0,57; CI = 0,44 – 0,74; p < 0,001). Teilnehmende und Nichtteilnehmende am Programm unterschieden sich nicht in ihren Einstellungen gegenüber präventiven, strukturellen Maßnahmen.

    Schlussfolgerung:

    In beiden Studien ließ sich ein Zusammenhang zwischen der Teilnahme am Programm und dem Rauchstatus in die vom Programm intendierte Richtung nachweisen, auch wenn die Ergebnisse aufgrund methodologischer Einschränkungen vorsichtig interpretiert werden sollten. Da in jüngeren Klassen der Sekundarstufe das Rauchen und somit rauchende Peers noch nicht stark verbreitet sind, sollte bereits eine frühzeitige Teilnahme am ‚Experiment Nichtrauchen‘ angestrebt werden. Hingegen konnte kein Zusammenhang zwischen einer Teilnahme am Wettbewerb und den Einstellungen gegenüber präventiven, strukturellen Massnahmen festgestellt werden.


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