Fragestellung:
Transiente Variationen der Herzfrequenz (HR) stehen in unmittelbarem Zusammenhang
mit psychischen Prozessen und können – im Gegensatz zu Methoden mit geringerer zeitlicher
Auflösung – auch unterschwellige und unbewusste Veränderungen zeitsynchron abbilden.
Dynamische Veränderungen der HR zeigen einen typischen Verlauf und können durch verschiedene
Stressreize experimentell induziert werden. Ziel dieser Pilotstudie (im Rahmen von
OeNB Projekt 16426) war es, das entwickelte computerunterstützte kognitive Stressparadigma
hinsichtlich Eignung und Effektivität im klinischen Kontext zu testen.
Methode:
Der California Verbal Learning Task (CVLT, Niemann et al., 2008) dient der Bestimmung
der verbalen Lern.- und Gedächtnisleistung. Um die psychische Belastung der Testsituation
im Sinne eines Stressors zu intensivieren, wurde vor der reguläre Testinstruktion
ein selbst-relevanten Aspekt „... manche körperlichen Veränderungen wie sie z.B. bei einer Schwangerschaft oder
Erkrankungen vorkommen können, können sich auch auf die Funktionen des Gehirns auswirken.
Ein besonders sensibler Indikator für solche Verschlechterungen ist, wie gut man sich
Dinge merken kann, ... das Testergebnis wird von Kollegen auf der Psychiatrie/Neurologie
genau angeschaut werden, ob es dem Alter entsprechend ist oder auf eine Alterung des
Gehirns hinweist.“ ergänzt und zeitsynchron analysiert (Antizipationsphase).
Zusätzlich erhielten die Teilnehmerinnen die Anweisung erst nach Ablauf von 30 Sekunden
nach Darbietung der Wortliste mit ihren Wortnennungen zu beginnen, um auch dynamische
Veränderungen ohne Einfluss des Sprechens analysieren zu können.
Ergebnis:
20 Frauen nach Präeklampsie und 20 Frauen nach komplikationsloser Schwangerschaft
im Alter von 18 – 40 Jahren nahmen an der Pilotstudie zur Erprobung des Paradigmas
teil. Die Ergebnisse zeigten, dass das entwickelte Stressparadigma hypothesenkonforme
kardiovaskuläre Veränderungen bewirkte. Demgemäß zeigte sich eine deutlich Zunahme
der Herzfrequenz während der Antizipation des kognitiven Tests, insbesondere aber
in der ersten Phase des CVLT (Lernleistung). Im Verlauf der Testung (Überprüfung der
längerfristigen Gedächtnisleistung) nahm die Dynamik erwartungsgemäß ab. Nach Beendigung
des Testablaufs zeigte sich auf physiologischer Ebene eine Erholung, wobei es Unterschiede
zwischen Frauen mit Präeklampsie im Vergleich zu Frauen nach komplikationsloser Schwangerschaft
gab. Diese Veränderungen zeigten sich einheitlich in allen kardiovaskulären Parametern.
Schlussfolgerungen:
Das entwickelte computerunterstützte kognitive Stressparadigma hat sich im klinischen
Kontext bewährt und ist in laufenden Studien in Verwendung. Die Ergänzung um eine
selbst-relevante Stressinstruktion erwies sich im klinischen Setting einfach umsetzbar
und im Hinblick auf die kardiovaskuläre Reaktionsdynamik mit zusätzlichem Informationsgehalt
als sehr effektiv.