Fragestellung:
Der Quotient aus Soluble fms-like tyrosine kinase-1 (sFlt-1) und plazentarem Wachstumsfaktors
(PlGF) hat sich als Marker in der Prädiktion und Diagnostik der Präeklampsie (PE)
bewährt. Die Erkennungsraten bei spät einsetzender Präeklampsie (> 34 SSW) sind jedoch
ungenauer als für frühe Präeklampsie < 34 SSW. Des weiteren ist die Bedeutung eines
erhöhten sFlt-1/PlGF-Quotienten für die verbleibende Schwangerschaftsdauer ungenügend
erforscht. Unsere Untersuchung soll zwei Trennwerte hinsichtlich ihres prognostischen
Werts für die verbleibenden Schwangerschaftsdauer überprüfen und eigene Trennwerte
für diese Fragestellung entwickeln.
Methodik:
176 Frauen, deren erste Messung des sFlt-1/PlGF-Quotienten bei einem klinischen Verdacht
auf PE nach der 336/7 SSW erfolgte, wurden retrospektiv untersucht. Die Korrelation des sFlt-1/PlGF-Quotienten
und der Zeit bis zur Entbindung wurde mittels linearer Regression untersucht. Für
die Trennwerte 85 und 201 wurde die mittlere verbleibende Schwangerschaftsdauer berechnet
und die Trennwerte wurden anhand von Kaplan-Meier-Kurven sowie der Berechnung der
Hazard-Ratio auf ihren prognostischen Wert hinsichtlich der verbleibenden Schwangerschaftsdauer
überprüft. Weiterhin wurden mittels ROC-Kurven-Analyse individuelle Trennwerte in
unserer Kohorte für eine Entbindung binnen 48 Std. und 14 Tagen ermittelt.
Ergebnisse:
Die verbleibende Schwangerschaftsdauer wurde bei steigendem sFlt-1/PlGF-Quotienten
signifikant kürzer (r =-0,334; p < 0,001). Die mittlere Schwangerschaftsdauer bei
einem Quotienten > 85 bzw. > 201 war ebenso signifikant verkürzt (Mittelwert 13,3
Tage bei < 85 vs. 4,7 Tage bei > 85, p < 0,001; Mittelwert 11,3 bei < 201 vs. 3,5
Tage bei > 201, p = 0,001) und die berechnete Hazard-Ratio ergab, dass bei Überschreitung
der Trennwerte zeitnaher entbunden wurde (HR Trennwert 85: 2,5; HR Trennwert 201:
2,5; jeweils p < 0,001). Mithilfe der ROC-Kurven-Analyse ergab sich für unsere Kohorte
ein Trennwert von 72,5 für eine Entbindung innerhalb von 48 Std. (Sens. 0,64; Spez.
0,75; AUC: 0,739; p < 0,001) und ein Trennwert von 52,0 für eine Entbindung innerhalb
von 14 Tagen (Sens. 0,63, Spez. 0,8; AUC: 0,765; p < 0,001).
Schlussfolgerung:
Wir konnten eine inverse Korrelation zwischen dem sFlt-1/PlGF-Quotienten und der verbleibenden
Schwangerschaftsdauer zeigen. Die Trennwert 85 und 201 erwiesen sich auch in dieser
Kohorte als sinnvolle prädiktive Marker. Innerhalb dieser Population ergaben sich
jedoch niedrigere Trennwert. Dies kann dadurch erklärt werden, dass der Trennwert
85 zur Diagnostik einer PE entwickelt wurde und der Trennwert 201 für eine Patientenkohorte
mit PE gilt, während die Trennwerte dieser Untersuchung zur Prognose der Schwangerschaftsdauer,
unabhängig von einer vorliegenden PE, entwickelt wurden. Zum anderen ist der Trennwert
201 nicht für einen spezifischen Zeitpunkt entwickelt. Ein längerer Zeitraum von 14
Tagen erklärt eine hohe Rate an Entbindungen von Patientinnen mit niedrigeren Quotienten
in dieser Kohorte.