Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(01): 83-92
DOI: 10.1055/s-0038-1625048
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kinderwunsch bei Frauen über 50? Ethische und praktische Aspekte

M Bloechle
1   GGGB, Berlin
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Publication Date:
11 January 2018 (online)

 
 

    Die weibliche Fruchtbarkeit endet am Ende des 5. Dezenniums. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine fünfzigjährige Frau spontan ein gesundes Kind konzipiert und gebärt liegt bei etwa 1:100.000.

    Unter Anwendung bestimmter moderner Techniken der assistierten Reproduktion sind vermehrt Schwangerschaften auch bei Frauen mit deutlich fortgeschrittenem Alter zu erwarten. – Diese Möglichkeiten sind in Deutschland zwar überwiegend gesetzlich verboten, jedoch gibt es zahlreiche Angebote in aller Welt, so dass Schwangerschaften bei weit fortgeschrittenem maternalem Alter auch in Deutschland keine außergewöhnliche Rarität mehr darstellen.

    Grundsätzlich sind Schwangerschaften bei Frauen im Alter von über 50 Jahren mit deutlich erhöhten Raten für schwangerschaftsassoziierte Hypertension und Präeklampsie und Gestationsdiabetes sowie für eine erhöhte Rate an Schnittentbindungen belastet.

    Die Lebenserwartung einer 50-jährigen Frau beträgt laut amtlicher Statistik im Jahre 2016 noch weitere 34,2 Jahre, ein von einer Frau in diesem Alter geborenes Kind hat also gute Aussichten, dass seine Mutter bis zum Erwachsenenalter und sogar bis zum Abschluss einer akademischen Ausbildung lebt.

    Sicher kann das Leben mit ungewöhnlich „alten“ Eltern ein soziales Stigma sein und als Einschränkung der Lebensqualität empfunden werden. Aber Einschränkungen der Lebensqualität sind in vielen anderen Situationen denkbar, z.B. nach Samenspende, Eizellenspende, Embryonenspende jeweils wegen fehlender Kenntnis der genetischen Abstammung, bei fetaler Fehlbildung oder genetischer Erkrankung, bei Mutterschaft von allein stehenden Frauen, lesbischen Frauen, Elternschaft von schwulen Paaren oder behinderter Eltern.

    Hier stellt sich immer die Frage, ob es besser wäre nicht zu leben als mit einer Einschränkung – welcher Natur auch immer – zu leben.

    In einer der Aufklärung verpflichteten Gesellschaft muss die Verantwortung für den Eintritt einer Schwangerschaft und für eine Geburt im Alter von über 50 Jahren letzten Endes wie in allen anderen Fällen, die mit erhöhten Komplikationsraten in der Schwangerschaft einhergehen, z.B. Schwangerschaft bei Diabetes mellitus, präexistenter Herzerkrankung, Niereninsuffizienz, Immunologischer Erkrankung, Hypertonus, Zustand nach Organtransplantation, chronischen Infektionserkrankungen, von der Frau getragen werden. Ein allgemeingültiges oder institutionelles Urteil darüber ist nicht angemessen.


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