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DOI: 10.1055/s-0038-1625069
Psychische Folgen der Zuwanderung – Auswirkungen auf Personen mit Migrationshintergrund
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
11. Januar 2018 (online)
In Deutschland betrug 2015 die Zahl der Personen mit Migrationshintergrund 17,1 Mio. und lag damit bei 21,0% der Gesamtbevölkerung. Diese Zahl liegt bei der Zurechnung Geflüchteter deutlich höher. Die differenzierte Betrachtung macht deutlich, dass diese eine heterogene Gruppe bilden. Die Migration selbst bildet keinen homogenen Prozess, sondern geht einher mit vielfältigen Belastungs- und Risikofaktoren, denen bei der Prävalenz, Manifestation und dem Verlauf psychischer Erkrankungen eine wesentliche Rolle zukommen kann. Es wird angenommen, dass die Entwicklung psychischer Störungen im Zusammenhang mit dem Migrationsprozess je nach Herkunfts- und Aufnahmeland heterogen ist, und dass die Mehrheit der psychiatrischen Störungsbilder in vergleichbarem Maße bei Menschen mit als auch ohne Migrationshintergrund vorzufinden ist. Internationale Studien weisen darauf hin, dass in einigen Migrantengruppen ein erhöhtes Risiko, eine Psychose zu entwickeln, bestehe. Ein deutlich erhöhtes Risiko, eine Schizophrenie zu entwickeln, wurde wiederholt insbesondere bei der zweiten Generation, für Personen mit Migrationshintergrund aus Entwicklungsländern und Personen mit dunklerer Hautfarbe gezeigt. Für diese erhöhte Prävalenz wird eine Reihe sozialer Risikofaktoren vermutet. In Deutschland erhielten in einer Studie Patienten mit Migrationshintergrund signifikant häufiger eine Diagnose aus dem Spektrum der schizophrenen Störungen. Zugleich wurden sprach- und kulturgebundene Missverständnisse berichtet, so dass offenbar ein Teil dieser Zuordnungen Fehldiagnosen darstellen. Untersuchungen zu affektiver Störungen und Migration zeigten, dass Migration möglicherweise ein Risikofaktor für bipolare Störungen darstellen könnte, ein Zusammenhang zwischen Migrationsstatus und unipolar depressive Störungen hingegen ließ sich aufgrund geringer Studienzahl nicht herstellen. Bei der Wohnbevölkerung ab 50 Jahren wurde allerdings bei Personen mit eigener Migrationserfahrung im mittleren und höheren Lebensalter eine höhere Prävalenz depressiver Symptome nachgewiesen als bei Nichtmigranten. Bezüglich dementieller Erkrankungen werden höhere Prävalenzraten bei Personen mit Migrationshintergrund auf erhöhte kardiovaskuläre Komorbiditäten zurückgeführt. Ein hoher Anteil von Geflüchteten leidet unter stressinduzierten Störungen wie Depression oder PTSD. Weitere Studien sind dringend erforderlich, um mehr Informationen zur psychischen Gesundheit von Personen mit Migrationshintergrund zu erhalten.
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