Zielsetzung:
Die EU-Richtlinie 2013/55 fordert zur Akademisierung der Hebammenausbildung auf, um
Hebammen für die komplexer werdenden Anforderungen in der Begleitung von Schwangerschaften
zu befähigen. Deutschlandweit finden sich kaum entsprechende universitär verankerte
Qualifizierungsangebote. Vor dem Hintergrund des ansteigenden Alters werdender Mütter
mit zunehmender Komorbidität kommen im Rahmen der Schwangerschafts- und Geburtsbegleitung
auf Hebammen vermehrt Aufgaben zu, die erweiterte Kompetenzen auch in Bezug auf Risikoschwangerschaften
im Zusammenhang mit einer Brustkrebserkrankung erfordern.
Material und Methoden:
An der Medizinischen Fakultät Tübingen wurde ein Curriculum für einen 7-semestrigen,
primärqualifizierenden Bachelorstudiengang Hebammenwissenschaft entwickelt. Er zielt
ab auf die Befähigung zum wissenschaftsbasierten, kontextbezogenen und praxisorientierten
Handeln sowie insbesondere zur Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams. Lerneinheiten
wurden integriert, welche speziell die Schnittstellen zwischen Geburtshilfe, Onkologie
und Hebammenwissenschaft fokussieren und Teamkompetenz fördern.
Ergebnisse:
Die Studierenden lernen im Modul „Angewandte Hebammenwissenschaft“ Brustkrebs im Kontext
einer Schwangerschaft als interdisziplinäre Herausforderung kennen. Vermittelt werden
die epidemiologischen, pathogenetischen und diagnostischen Besonderheiten, zudem Besonderheiten
der Brustkrebstherapie während der Schwangerschaft, im Wochenbett und während der
Stillzeit, deren Bedeutung für den neonatalen Outcome oder auch die Herausforderungen
beim Stillen. Ziel ist es, Wissen und Skills für interdisziplinäres Handeln im Kontext
einer durch Brustkrebs komplizierten Schwangerschaft zu vermitteln, die eine hebammenspezifische
MammaCare als Aufgabenfeld – auch präventiv – unterstützen.
Zusammenfassung:
Die Kompetenzerweiterung durch ein akademisierte interdisziplinäre Ausbildung eröffnet
im Rahmen der Versorgung von Brustkrebspatientinnen während/nach einer Schwangerschaft
einen spezifischen Beitrag der Hebammen, der nicht zuletzt mit Blick auf ein frühzeitiges
Erkennen der Brustkrebsrkrankung nötig ist. Häufig beeinträchtigt die verspätete Diagnosestellung
im Rahmen einer Schwangerschaft die mütterliche Überlebensrate.