Patienten und Methode:
Eine 36-jährige G3 P1 mit Diabetes mellitus Typ I bemerkte im Verlauf der Schwangerschaft
eine rundliche Raumforderung im Bereich der Bauchdecke mit deutlichem Größenwachstum
und wurde mit der Verdachtsdiagnose Hämatom DD Myom zur weiteren Diagnostik und Therapie
überwiesen. In der Sonografie zeigte sich eine solide echoarme, inhomogene, glatt
begrenzte Raumforderung der Bauchdecke von 10 × 6 × 8 cm mit zentral echoreichem Septum
mit zuführendem Gefäß. Der Tumor war vom Uterus abzugrenzen und extraperitoneal gelegen.
Eine MRT-Untersuchung bestätigte den sonografischen Befund. Bei V.a. Desmoidtumor
wurde zunächst im interdisziplinären Konsens unter engmaschiger Kontrolle zugewartet.
In der 26. Schwangerschaftswoche (SSW) betrug das Volumen 270 ml, in der 36. SSW 390
ml. Nach einer unauffälligen Spontangeburt erfolgte eine Histologiesicherung per Stanzbiospie,
welche eine abdominelle Fibromatose vom Desmoid-Typ ergab. Man entschied sich für
die Fortsetzung des exspektativen Vorgehens, das Tumorvolumen nahm im Verlauf sukzessive
ab (nach sechs Monaten 250 ml, nach 12 Monaten 145 ml, nach 18 Monaten 70 ml, nach
24 Monaten 20 ml und nach 4 Jahren 15 ml). Eine Resektion wurde bei Beschwerdefreiheit
von der Patientin nicht gewünscht.
Schlussfolgerung:
Desmoidtumore oder desmoide Fibromatosen sind seltene monoklonale Weichteiltumoren
fibroblastären Ursprungs mit großem lokal-infiltrativen Wachstumspotential ohne Metastasierungrisiko.
Sie treten entweder sporadisch mit einer Frequenz von 1 – 5 auf eine Million pro Jahr
oder assoziiert mit der FAP (Familiäre adenomatöse Polyposis) auf. Insbesondere in
der Schwangerschaft ist ein rasches Wachstum beschrieben, Trauma und Hyperöstrogenämie
scheinen eine Rolle in der Pathogenese zu spielen. Nach der Schwangerschaft tritt
in einem relevanten Anteil der Fälle eine Spontanregression auf. Insbesondere bei
einer neu auftretenden Raumforderung der Abdominalwand während einer Schwangerschaft
mit gut abgrenzbaren Tumorgrenzen muss an die seltene Diagnose eines Desmoidtumors
gedacht und vor chirurgischer Intervention bei Beschwerdefreiheit die mögliche Spontanregression
nach Schwangerschaft und Wochenbett abgewartet werden. Während früher die chirurgische
Sanierung mit ausgedehnter Resektion als Primärtherapie gesehen wurde, ist nun nach
europäischem Consensus ein exspektatives Vorgehen nach stanzbioptischer Histologiegewinnung
der primäre Ansatz (watchful waiting über initial 1 – 2 Jahre).
Abb. 1