Einleitung:
Das Ersttrimester Screening zur Beurteilung des Risikos für das Vorliegen einer Chromosomenstörung
ist mittlerweile ein etabliertes Verfahren im späten ersten Trimenon. Aufgrund der
immer besseren Auflösung der Ultraschallgeräte, verschiebt sich der Fokus von einer
reinen Risikokalkulation mehr und mehr zu einer frühen Fehlbildungsdiagnostik.
Case report:
Wir berichten über eine gesunde 39-jährige IG in der 13+1 SSW, Z.n. ICSI. Abgesehen
von einer vorkonzeptionellen Folsäuretherapie und supportiver Lutealphasenunterstützung
nimmt die Schwangere keine Medikamente ein. Die Überweisung erfolgt bei V.a. Dysmelie
bei unauffälliger Nackentransparenz.
In der Untersuchung findet sich ein eutropher Fet (SSL 58,6 mm) mit unauffälliger
NT (1,4 mm) und reverse flow im Ductus venosus. Die langen Röhrenknochen des rechten
Beines fehlen bis auf einen kleinen Femurstumpf komplett. Der rechte Fuß hat eine
präaxiale Hexadaktylie und setzt direkt an diesem Stumpf an (s. Abb.). Zusätzlich
sind eine singuläre Nabelschnurarterie links und eine kleine Omphalozele darstellbar.
Das adjustierte Risiko für eine Trisomie 18 ist 1:4. Auf Wunsch der Schwangeren wird
eine invasive Diagnostik durchgeführt, die einen unauffälligen Karyotyp zeigt. Ein
kinderorthopädisches Konsil und psychosomatische Mitbetreuung werden der Schwangeren
empfohlen. Nach reiflicher Überlegung entscheidet sich die Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch.
Abb. 1:
Phokomelie 13+3. SSW
Ergebnisse:
Isolierte Phokomelien sind sehr seltene Ereignisse (Prävalenz 0,62/100,000 Geburten).
Die meisten Fälle kommen als isolierte, unilaterale Phokomelie der oberen Extremität
links vor, aber auch ein Zusammenhang mit Syndromen ist beschrieben (Schinzel-Phokomelie,
Al-Awadi/Raas-Rothschild-Syndrom). Bilaterale Phokomelien scheinen häufiger. Oft fallen
diese Befunde erst im Rahmen des 2. Screenings oder postpartal auf. Zur möglichen
Ätiologie gibt es nur wenige Informationen. Neben genetischen Ursachen, sind Amnionbänder
und eine Unterbrechung der arteriellen Versorgung als Ursache denkbar. Lediglich ein
klarer Zusammenhang mit der Einnahme von Thalidomid in der Frühschwangerschaft ist
beschrieben.
Schlussfolgerung:
Isolierte Phokomelien sind bereits im ersten Trimenon darstellbar. Aufgrund der zusätzlichen
Befunde ist ein Syndrom als Ursache nicht ausgeschlossen. Die Beratung der Schwangeren
bleibt eine Herausforderung.