Einleitung Menschen mit Migrationshintergrund stellen eine Hochrisikogruppe zur Entwicklung
einer Gambling Disorder dar. Frühere Studien weisen auf eine Assoziation bestimmter
Eigenschaften einzelner Kulturkreise und glücksspielbezogenen Problemen hin. Bislang
ist der Zusammenhang der kulturellen Herkunftsregion mit der Ausprägung sowie dem
Verlauf der Glücksspielsymptomatik ungeklärt.
Methode Bei einem proaktiven Screening in Berufsschulen in Schleswig-Holstein berichteten
488 Schüler*innen mit Migrationshintergrund ein mindestens auffälliges Glücksspielverhalten,
von denen 207 an einer weiterführenden telefonischen Diagnostik teilnahmen. Nach durchschnittlich
zehn Monaten konnten 73% (n = 151) zur Nachbefragung erreicht werden. Die Proband*innen
wurden drei Clustern zugeteilt: Cluster Ost1 (Türkei, Länder des Mittleren und Fernen
Ostens, Afrika; n = 110), Cluster Ost2 (Osteuropäische Staaten, Länder der ehemaligen
Sowjetunion; n = 68) und Cluster West (West-, Süd- und Mitteleuropa, Australien, Nord-,
Mittel- und Südamerika; n = 29). Glücksspielbezogene Probleme wurde mittels des Stinchfield
Fragebogens erfasst. Mithilfe multinomialer logistischer Regressionsmodelle wurden
die Zusammenhänge der kulturellen Herkunftsregionen und der Symptombelastung sowie
des Verlaufs der Glücksspielsymptomatik betrachtet.
Ergebnis Proband*innen des Clusters Ost 1 wiesen im Vergleich zum Cluster West zum Baseline-Zeitpunkt
eine signifikant höhere Symptomschwere auf (OR = 1.290, 95%-KI = 1.031 – 1.613, p = .026).
Bezüglich der Anzahl genutzter Glücksspielarten konnten keine bedeutsamen Unterschiede
gefunden werden. Jedoch nahmen Zugehörige des Clusters Ost 1 signifikant häufiger
an Sportwetten teil (= .006) und es zeigte sich eine Tendenz für Sofortlotterien im
Cluster West (= .064). Die Herkunftsregion Ost 1 erwies sich in der multivariaten
Analyse bei Kontrolle auf Problemschwere zum Baseline-Zeitpunkt als signifikanter
Risikofaktor für eine Verschlechterung der Glücksspielsymptomatik nach durchschnittlich
zehn Monaten (OR = 5.065, 95%-KI = 1.682 – 15.250, p = .004).
Diskussion Die Befunde deuten darauf hin, dass die Zugehörigkeit zu Cluster Ost 1 mit einem
erhöhten Risiko zur Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Glücksspielsymptomatik
assoziiert ist. Dies ist für die Weiterentwicklung von kultursensiblen Behandlungsangeboten
relevant und sollte bei der Ausgestaltung von Präventions- und Therapieangeboten berücksichtigt
werden.