Einleitung Das CFS bei Kindern und Jugendlichen ist eine seltene und schwierig zu sichernde
Erkrankung. Im Vordergrund stehen chronische Muskel- und Gelenkschmerzen, verbunden
mit einer starken körperlichen und geistigen Erschöpfung nach Stress und körperlicher
Belastung. Ausgeprägte Tages-Müdigkeit mit erhöhtem Schlafbedürfnis. Trotz überlanger
Schlafphasen keine Erholung. Dazu kommen periodische Bauchschmerzen, Lymphknotenschwellungen,
besonders nächtliches Schwitzen und Frieren ohne Fieber, instabile Kreislaufregulation
mit hyper- sowie hypotonen Phasen und orthostatische Intoleranz mit Raynoud-Phänomen.
Eine Infektanfälligkeit signalisiert Störungen der Immunabwehr. Zur diagnostischen
Sicherung der Erkrankung gibt es keinen typischen klinischen, biochemischen oder genetischen
Einzelbefund. Die Diagnose wird über ein umfangreiches internationales Konsensus-Dokument
gesichert, aber erst nach sicherem Ausschluss genetisch determinierter und endokrinologischer
Erkrankungen. Letztlich ist noch eine psychosomatische Komponente auszuschließen.
Methode Im Rahmen der Transition von der Pädiatrie in die Erwachsenen-Medizin wurde bei einem
17-jährigen Jungen mit entsprechender klinischer Symptomatik die umfangreiche diagnostische
Prozedur des CFS realisiert. Dabei wurden zusätzliche, bisher nicht beschriebene osteologische
Befunde erhoben.
Ergebnisse Nach einer normalen Schulausbildung bis zur 6. Klasse im Gymnasium folgte der ursächlich
nicht erklärbare progrediente Leistungsverlust durch sehr häufige Fehlzeiten. Schließlich
musste die 9. Klasse deswegen wiederholt werden, und dabei kam es zum endgültigen
Schulabbruch. Ursache war die oben beschriebene, sich progredient entwickelnde Symptomatik
bei dem jetzt 17-jährigen marfanoid-hochgewachsenen Jungen, der die Wohnung nur noch
selten wegen der nachfolgenden Schmerzen verlässt. Paraklinisch war ein extremer Mangel
an 25 OHD3 auffällig, verbunden mit deutlich erhöhten Werten für die Ostase und das
P1NP. In der Densitometrie ergaben sich Zeichen der Sarkopenie (appendikuläre Muskelmasse
18,6 kg/Norm > 20 kg; Sarkopenie-Index 5,64 kg/m2/Norm > 6,0 kg/m2) und einer deutlichen
Osteoporose in allen Skelettbereichen. Eine Osteomalzie konnte nach Normalisierung
des Vitamin-D-Mangels ausgeschossen werden. Genetisch und endokrinologisch bestanden
keine Hinweise für ein Marfan-Syndrom bzw. einen Hypogonadismus.
Diskussion Pathogenetisch werden unter anderem als auslösende Mechanismen Infekte mit Störungen
der Neuroimmunologie, Veränderungen des Darmmikrobioms und eine mangelnde Energiebereitstellung
der Mitochondrien für das CFS diskutiert. Die Einordnung der osteologischen Befunde
wird diskutiert. Die bisher beschriebenen therapeutischen Möglichkeiten sind begrenzt.
Wichtig sind eine optimale Schulbildung und ein geduldiger, langfristiger Wiederaufbau
der körperlichen Aktivität.
Korrespondenzadresse Ben Abendroth, Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Tatzendpromenade 2a, 07745
Jena, Deutschland, Germany
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