Schlüsselwörter
Niere - sonografisch geführte Biopsie - Nierenerkrankungen
Key Words
kidney - ultrasound controlled biopsy - kidney diseases
Vor dem Start
Indikationen | Die Nierenbiopsie ist indiziert bei Patienten mit
Anhand des gewonnen Gewebes kann der Pathologe beurteilen, ob es sich um eine Entzündung
des Filters (Glomerulus), eine sog. Glomerulonephritis, handelt oder andere Ursachen
vorliegen.
Kontraindikationen | Eine Nierenbiopsie sollte man nicht anwenden bei:
-
hämorrhagischer Diathese unterschiedlicher Genese
-
unkontrollierter Hypertonie
-
anatomischer oder funktioneller Einzelniere
-
Schrumpfniere
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Niereninfektion bzw. Abszess
-
Nierenobstruktion
Verwendete Systeme | Je nach Erfahrung des Untersuchers kommen unterschiedliche Biopsienadeln zum Einsatz
– z. B. Vim Silvermann, Menghini, Tru-cut. Bevorzugt verwendet man heute halb-automatische
Biopsiebestecke („Pistolen“) mit dünneren 14 G bis 18 G Tru-cut-Nadeln. Damit dauert
der Biopsievorgang nur einen Bruchteil einer Sekunde. Mit dünnen Biopsienadeln und
Biopsieautomaten ist die diagnostische Ausbeute – also die Zahl der Glomeruli – ebenso
gut wie bei Verwendung dickerer Nadeln. Darüber hinaus kann ohne Risiko mehrfach punktiert
werden.
Patientenaufklärung | 24 h vor der Intervention muss die ausführliche mündliche und schriftliche Aufklärung
erfolgen über:
Vorbereitung des Patienten | Vor dem Eingriff
-
sollte der Patient nüchtern sein,
-
gerinnungshemmede Medikamente (ASS, Clopidogrel, Phenoprocuomon, NSAID, etc.) entsprechend
ihrer Halbwertszeit pausiert werden,
-
aktuelle Laborwerte (BB, PTT, INR, CrP) und Urin-Status zum Ausschluss einer Infektion
vorliegen,
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ein peripher Venenzugang liegen und
-
die Blutdruckwerte normal und nicht hypertensiv sein.
Der Patient muss während der Punktion wach und ansprechbar sein, da er durch gezielte
Atemmanöver mitarbeiten muss!
Nierenbiopsie: So wird’s gemacht
Vorbereitung | Ein erfahrener Nephrologe sollte die Biopsie durchführen. Meist sind zwei Ärzte beteiligt:
einer, der sonografisch die genaue Lage der Niere ermittelt und das Organ im Verlauf
kontrolliert sowie einer, der punktiert. Je exakter das Sonografiebild, desto besser
kann der Punktionskanal bestimmt werden. Steril angerichtet werden (▶ [Abb. 1]):
Abb. 1
Anrichtung der benötigten Instrumente auf einem sterilen Tisch. Nicht abgebildet:
sterile Handschuhe und Kittel sowie Mundschutz. Bildnachweis: Anna N. Wolter
-
Abdecktuch (1)
-
steriles Ultraschallgel (2)
-
sterile Tupfer (3)
-
Skalpell (4)
-
Lokalanästhesie 10 ml Spritze (z. B. Sandicain 1 %) mit langer „1 er“-Nadel (gelb)
(5)
-
Schlauch zur sterilen Abdeckung des Sonografiegeräts (6)
-
Einführhilfen zur Anbringung am Schallkopf (7)
-
Biopsienadel (8)
-
halbautomatisches Biopsiebesteck, entsichert (als einzig nicht steriles Instrument)
(9)
Patientenlagerung | Lagern Sie den Patienten in Bauchlage. Unter der Hüfte wird ein Kopfkissen platziert,
sodass die Niere gut zugänglich ist (▶ [Abb. 2]).
Abb. 2
Der Patient wird auf einem Kopfkissen gelagert, damit die Nieren erhöht und leicht
erreichbar sind. Bildnachweis: Anna N. Wolter
Lokalisation der Niere | Per Ultraschall überprüfen Sie die Lokalistaion der Niere (▶ [Abb. 3]) und kontrollieren während der Punktion sowohl die Nadel als auch die Niere. Dann
wählen Sie im Ultraschallbild über einen Biopsiemodus den imaginären Punktionskanal.
Haben Sie sich von der exakten Einstellung des Schallkopfes mit optimaler Darstellung
der Niere überzeugt, markieren Sie diese Schallkopfposition mit einem wasserfesten
Stift (▶ [Abb. 4]). Der günstigste Punktionsort ist die Rinde des unteren Nierenpols.
Abb. 3 Während der gesamten Biopsie kontrollieren Sie per Ultraschall die Niere. Bildnachweis: Anna N. Wolter
Abb. 4
Markierung der Platzierung des Schallkopfes. Bildnachweis: Anna N. Wolter
Einführhilfe | Sind keine speziellen Ultraschallköpfe mit Kanal vorhanden, bringt man eine Einführhilfe
als Kanal für die Punktionsnadel in entsprechender Größe an den Schallkopf an (▶ [Abb. 5]).
Abb. 5 An diesem steril verpackten Ultraschallkopf wurde eine Einführhilfe für eine 17 G-Nadel
angebracht. Bildnachweis: Anna N. Wolter
Betäubung und Inzision | Nach mehrfacher Desinfektion der Haut betäuben Sie die Einstichstelle und den Punktionskanal:
Dafür führen Sie die Nadel der Spritze durch die Einführhilfe (▶ [Abb. 6]). Nach der Infiltration des Stichkanals erfolgt die Applikation eines subkutanen
Depots des Lokalanästhetikums. Sobald die Betäubung wirkt, machen Sie mit dem Skalpell
eine kleine Schnittinzision, durch die später die Punktionsnadel geführt wird (▶[Abb. 7]).
Abb. 6
Durch die Einführhilfe betäuben Sie den Stichkanal unter Ultraschallkontrolle. Bildnachweis: Anna N. Wolter
Abb. 7
Mit einem Skalpell machen Sie eine Inzision, durch die die Punktionsnadel eingeführt
wird. Bildnachweis: Anna N. Wolter
Punktion | Für die Punktion führen Sie die Punktionsnadel durch die Einführhilfe und fordern
den Patienten auf, tief einzuatmen und dann nicht mehr zu atmen. Durch den Atemstopp
ist die Niere weniger in Bewegung und kann präziser punktiert werden. Mit der halbautomatischen
Nadel kann somit ein Zylinder der Nierenrinde gewonnen werden. Dies dauert nur einen
Bruchteil einer Sekunde (▶ [Abb. 8]). Nach Entfernen der Nadel kann der Patient sofort weiteratmen. Danach drücken Sie
mit dem Ultraschallkopf zur Kompression auf die Punktionsstelle und prüfen gleichzeitig,
ob sich ein Hämatom bildet. Denken Sie hierbei an die nötige Bilddokumentation.
Abb. 8
Die Punktionsnadel wird durch die Einführhilfe mittels Pistole in die Nierenrinde
„geschossen“. Bildnachweis: Anna N. Wolter
Prüfung des Biopsats | Nach der Punktion erfolgt die Erfolgskontrolle: Unter einem Auflichtmikroskop überprüfen
Sie den Biopsiezylinder auf Glomeruli (▶ [Abb. 9]). Damit das Material pathologisch untersucht werden kann, sollten mind. 10 Glomeruli
enthalten sein. Das Gewebe wird in PFA 4 %-Lösung (je nach Anforderung der Pathologie)
fixiert (▶ [Abb. 10]) und eingesandt. In den meisten Fällen wird die Niere zwei Mal punktiert, damit
der Pathologe genug Material zur Begutachtung hat.
Abb. 9
Direkt nach der Punktion überprüfen Sie das Biopsat im Mikroskop. Bildnachweis: Anna N. Wolter
Abb. 10
Biopsat nach Entnahme in PFA 4 %-Lösung. Bildnachweis: Anna N. Wolter
Pathologie | In der hauseigenen oder einer externen Pathologie wird anschließend das Biopsiematerial
untersucht. Meist erhält man schon nach 36 h den endgültigen Befund.
Nach dem Eingriff
Nachsorge | Nach der Punktion kleben Sie ein steriles Pflaster auf die punktierte Stelle und lagern
den Patienten in Rückenlage, wobei die Punktionsstelle auf einem Sandkissen zu liegen
kommt. Bis zur Ultraschallkontrolle nach 3–4 h muss der Patient absolute Bettruhe
einhalten. Ferner muss der Patient nüchtern bleiben, erhält jedoch eine Infusionslösung.
Beobachtung | Kann man nach diesen drei Stunden mittels Ultraschall ein Hämatom ausschließen, kann
der Patient wieder essen, trinken und aufstehen. Der Patient soll sich am Punktionstag
als auch den Tagen danach weiterhin körperlich schonen.
Komplikationen | Beachtet man die Kontraindikationen, ist die Komplikationsrate bei Nierenbiopsien
gering. Zu den möglichen Komplikationen gehören
-
Die sonografisch geführte Nierenbiopsie ist der Goldstandard in der Diagnostik der
meisten Nierenerkrankungen.
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Mittels Ultraschall wird die genaue Lokalisation der Niere ermittelt und ein Punktionskanal
bestimmt.
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Durch diesen Kanal schießt der Arzt mit einer halb-automatischen Punktionspistole
die Nadel und entnimmt Gewebe aus der Nierenrinde.
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Damit der Patient durch ein Atemmanöver mitmachen kann, muss er ansprechbar sein.
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Die Biopsie ist bei Beachtung der Kontraindikationen ein komplikationsarmes und effektives
Verfahren.